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Neue Lebenswirklichkeiten contra alte Lebensordnungen

9. September 2015 in Kommentar, keine Lesermeinung
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Bosheiten ohne Böses. Teufeleien ohne Teufel - Das Protokoll einer höllischen Festakademie ist in meine Hände gefallen. Die neue Firewall Zerberus hat wohl eine Sicherheitslücke. Eine Glosse der besonderen Art von Helmut Müller


Vallendar (kath.net) “Das neue Gewusst-wie sich dem Naturrecht zu entwinden. Bosheiten ohne Böses. Teufeleien ohne Teufel. Das Protokoll einer höllischen Festakademie ist in meine Hände gefallen. Die neue Firewall Zerberus hat wohl eine Sicherheitslücke. Den Twitterverkehr hat sie aber offensichtlich abgeblockt.“

In Anlehnung an die bekannten „Dienstanweisungen an einen Unterteufel“ von C.S. Lewis kommentiert Helmut Müller auf kath.net in unregelmäßiger Folge aktuelle Entwicklungen in der Kirche.

Verehrte höllische Majestät, Magnifizenz, sehr geehrte Ober- und Unterteufel, liebe höllischen akademischen Mitarbeiter,

Der alljährliche Schutzengelmonat September ist angebrochen. Da feiern die Irdischen die Überirdischen, soweit Ockhams Rasiermesser diesen „Bart der Metaphysik“ noch nicht abgeschnitten hat. Die Welt kann man auch glattrasiert, ohne uns, verstehen. Das soll uns nur recht sein. Überhaupt ist es zu begrüßen, dass die Erdlinge kaum noch den überirdischen Beziehungsreichtum nützen. Ähnlich wie im Dorf, wo jeder jeden kennt und sich unterhält und man Feste miteinander feiert ist es ja auch im Himmel. Aber die Konversation mit Heiligen, Namenspatronen, lieben Verstorbenen und Schutzengeln ist so gut wie eingeschlafen. Der liturgische Kalender und individuelle Vorlieben bieten Gelegenheiten wie im Dorf auf der Bank vor dem Haus: Wer gerade „vorbeikommt“, mit dem wird geredet. Das könnte der Tagesheilige sein oder ein inspirierender Lesungstext. Aber der liebe Gott ist immer mehr alleine zu Hause (Gelächter in der Festaula). Eine akademisch auftretende Theologie hat für diese Vereinsamung gesorgt. Eigentlich unbegreiflich. Das Christentum lehrt doch ein Beziehungsglück, kein Schlaraffenlandglück. Die lebendige Pracht eines Korallenriffs in der sichtbaren Schöpfung kommt nicht gegen den Beziehungsreichtum in der unsichtbaren Schöpfung an. (Zwischenruf aus der Aula: Die neuzeitliche Skepsis ist schuld daran). Das weiß ich selber, du vorlauter Pferdefuß, ich brauche keine Belehrung. Sie scheuen sich, ihre an dem Beziehungsreichtum der sichtbaren Schöpfung normierte Vernunft auch auf die für sie unsichtbare zu richten. Ganz kritische Geister wähnen sich dann schon auf der Ebene von Osterhasen und Einhörnern. Die gegenwärtige säkulare Gesellschaft ist eine Gesellschaft von religiös Schwerbehinderten. Intellektuelle Nüchternheit hat mit dem himmlischen Federvieh gründlich aufgeräumt - wir gehören dann zur Kategorie Borstenvieh - und meint Religion entweder als Vodoozauber verunglimpfen oder als bleiche, blutleere Zivilreligion retten zu müssen. Sie haben die Mitte verloren. (Zwischenruf: Das ist unsere späte Rache für den Rauswurf aus dem Himmel).

Richtig, Religion muss zur drögen Angelegenheit werden oder zur Droge. Vor dem Rauswurf hatten wir uns für Macht und gegen Liebe entschieden. Wenn jetzt im Schutzengelmonat diese Beziehungswelt ohne uns gefeiert wird, feiern wir uns eben selbst. Kürzlich habe ich den Vorschlag gemacht, in diesem Monat eine Festakademie zu halten. Sie soll zeigen, dass die Schutzengel immer mehr das Nachsehen haben und wir auf dem Vormarsch sind. Mein Vorschlag ist angenommen worden und ich darf den einführenden Vortrag halten.

1. Apokalypse now

Die Zeiten könnten nicht besser sein. An allen Ecken und Enden brennt es, sichtbar und unsichtbar. Wir wissen, dass das Unsichtbare viel verheerender ist. Ihre Leiber verwesen so oder so, ob sie massenhaft durch Gewalt umkommen oder altersschwach im Bett sterben. Jedenfalls gelingt es uns immer mehr ihre Seelen zu vergiften: Sich nur von der eigenen, auf Autonomie pochenden Vernunft leiten und die darin nistende lüsterne Gier als Selbstverwirklichung in Freiheit erscheinen lassen! Das klingt gut. Die natürlichen Neigungen des Aquinaten steigern wir zur reinen Gier in allen Strebungen:
• Aus Selbsterhaltung wird Völlerei,
• aus Selbstbehauptung ohne Rücksicht Macht ausüben,
• aus Arterhaltung möglichst nichts,
• aus der damit einhergehenden Lust aber sollen Sexsüchtige werden,
• aus dem Drang nach Wahrheit darf nur pure Neugier sprießen, nicht mehr.
• Gier in einem modernen Refugium, an Aktienbörsen, kann ganze Gesellschaften in den Abgrund reißen.

2. Eine Welt ohne Erbsünde

Auch die Aushöhlung von Lebensordnungen schreitet voran. Der erbsündliche Bruch, der alle Lebensordnungen durchzieht wird mehr und mehr unvermittelbar. In der Katechese kommt er so gut wie nicht mehr vor. Die Rede von „Lebenswirklichkeiten“ haben die Rede von „Lebensordnungen“ oder klassisch gesprochen Seinsordnungen ersetzt. Selbst Bischöfe sind uns damit auf den Leim gegangen. Wenn es keine Ordnungen mehr gibt, sondern nur Wirklichkeiten, die so sind, wie sie sind, erübrigt sich die Rede vom erbsündlichen Bruch. Was soll denn schon gestört oder gebrochen werden, wenn es nichts mehr zu stören oder zu brechen gibt? Alles Unheil ist dann schieres Verhängnis, nur noch Naturkatastrophe, keine Kulturkatastrophe mehr. Not, Elend, Leid und Bruch in der Welt gibt es nur in ihrer beängstigenden Konkretheit, abstrakt als Störung einer Ordnung ist das alles dann von gestern.

Soweit sie noch Sünde als Verhängnis diskutieren, wird ihr Ursprung rätselhaft bleiben. Auch wenn es förmlich „nach Schwefel riecht“, halten sie ihn eher für den Körpergeruch des Nichts als für unser einen. Ein jüngst verstorbener einflussreicher Theologe hat die biblischen Berichte über uns, einmal mehr, als Mythos entsorgt. Es ist ihm allerdings gelungen, Sünde als die Freiheit korrumpierendes Verhängnis ungemein penibel und erschreckend darzustellen. Dennoch begreifen sie die Ursünde als verführerische Macht nur in einer Es-Struktur. Mit aller denkerischen Schärfe wird ihre Er-Struktur niedergehalten, wenn keine menschlichen Täter auszumachen sind. So sollte es bleiben. WIR sind die ersten gewesen, die sich empörten! Das gestehen sie uns nicht zu. Sie haben fein säuberlich alles ausgeblendet, was wir in der Schöpfung angerichtet haben. Wenn man natürlich unsichtbare und sichtbare Schöpfung hermetisch voneinander abriegelt, oder an eine unsichtbare gar nicht mehr glaubt, dann nimmt man nicht wahr, dass die Ursünde ein Riss durch Himmel und Erde ist. Den Jubel der Himmlischen, dass sie uns los sind und ihren gleichzeitigen Weheruf, da wir jetzt alles Darunterliegende, Land und Meer (Apk, 12,12) mit unserem Hass heimsuchen, ist für sie ein weiterer Mythos. Als Verursacher alles Bösen und Verführer zu jeglichem Übel sind wir fein raus. Unsere Verführung zur
• Gottvergessenheit,
• Selbstherrlichkeit und
• (an die) Welt-verloren-heit
nistet für sie rätselhaft in der Ursünde, wenn sie ihre Vernunft nicht mehr auf uns als Wurzel des Bösen ausrichten. Kirchliche Frömmigkeit weiß das noch und hat gegengesteuert:
• Gebet gegen Gottvergessenheit,
• Fasten gegen Selbstherrlichkeit und
• Almosengeben gegen Weltverlorenheit.
Auch der Glaube an eine ursprüngliche Ordnung, die wir gestört haben, ist dann nicht mehr zu vermitteln. Sie fürchten die Blamage vor der säkularen Vernunft.


Sie haben gar nicht realisiert, dass das Böse unbesiegbar ist, wenn es uns nicht gibt. Es bleiben nämlich nur noch zwei Verdächtige übrig: Der Schöpfer selbst und sein armseligstes Geschöpf, sie selber. Einige namhafte Theologen neigen dazu, dem Allmächtigen seine Allmacht zu nehmen, ihm aber seine Allgüte zu belassen. Der Murks in der Schöpfung, Vulkanausbrüche, Erdbeben, Tsunamis, Tod, Viren u. ä. seien Ausfluss seiner Nichtallmächtigkeit und der Eigengesetzlichkeit der Schöpfung zuzuschreiben, die er dahindümpeln lässt. Er will oder kann sie nicht gänzlich beherrschen, den Rest, Mord und Totschlag, Lug und Trug etc. steuern die Erdlinge selbst bei. Weil sie dann selbst an allem moralischen Übel allein schuld sind, meinen sie, reiche ihre Vernunft aus oder eben nicht aus, die Folgen zu bereinigen. Beten zu einem nichtallmächtigen Gott wird dann zu reden in die Luft. Überirdische Schutzengel und uns Unterirdische gibt es nicht, so dass der Allmächtige – er ist es ja wirklich – und diese Halbgeister alleine in seiner vermaledeiten Schöpfung rumgeistern. Der wieder modern gewordene Naturalismus hat den Allmächtigen ja schon immer entsorgt und der Geist der Erdlinge spukt dann wie ein Gespenst im Maschinengerüst des Universums. Es bleibt ihnen nur Fatalismus übrig – bei Annahme eines nichtallmächtigen Gottes – oder titanische, aber illusionäre Kraftmeierei in einer Selbsthilfegruppe mit diesem nichtallmächtigen Gott (Gelächter im Publikum). Das ist den wenigsten bewusst. Unsere Aufgabe sollte sein, je nach Temperament, den konkreten Erdling in diese oder jene Sackgasse zu treiben.

3. Die Unsichtbarkeit des Urbösen und die Unerkennbarkeit des wahrhaft Guten

Ich fasse zusammen: Unsere Unsichtbarkeit ist uns mehr als recht. Zu keiner Zeit ist es uns so gelungen unsere Existenz aus der Lehre von Theologen auszuradieren. Der Bericht des Lk. „Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fahren“ (Lk, 10,18), bleibt rätselhaft. Altes und Neues Testament, die Tradition der Kirche haben uns immer wieder ans Licht der menschlichen Öffentlichkeit gezerrt. Narrativ wurden wir in Metaphern, symbolisch oder als Verursacher von und Verführer zu Übeln gebrandmarkt. Wir können weitgehend under cover arbeiten. Sie dringen nicht mehr zur Wurzel des Bösen, zu uns und auch nicht mehr zur Blüte des Guten, zu Gott, vor. Von Anfang an empfahlen wir ja vom Baume in der Mitte des Gartens zu essen und versprachen: „Dann werden euch die Augen aufgehen und ihr werdet sein wie Gott“. Wenn sie uns nicht ernst nehmen verstehen sie nie diese Verführung zur Gottvergessenheit und der damit einhergehenden Selbstherrlichkeit. Das paradiesische Versprechen der Kenntnis des Guten und Bösen, haben wir erfüllt im Konzept der autonomen Moraltheologie, indem wir diese Kenntnis auf eine Kasuistik des Besseren oder Schlechteren heruntergedimmt haben. Gut und Böse reichen damit nicht weiter als ihre beckmesserische Vernunft besser und schlechter jeweils erhellt. Ihre Vernunft ist damit ganz und gar an die Welt verloren. Die Ermahnung durch den Propheten Micha haben sie geflissentlich überhört: „Es ist euch gesagt, was gut ist“. Seit sie Lebensordnungen ablehnen oder als unerkennbar erklären, ist ihnen das Maß des Guten und Bösen abhanden gekommen. Da hilft auch nicht der Diskurs mit anderen „Vernünftigen“. Wenn kein Maß in den Diskurs eingespeist wird kommt auch keins raus. Ihre Vernunft bleibt selbstbezüglich.

Kirchlicher Glaube würde weiter reichen. Diese Weite wird aber von ihrer Vernunft nur noch selten ausgeleuchtet. Das geht so weit, dass sie nachhaltig blind sind für Einwirkungen von oben, Einbrüchen von Gnade oder einem Ausbruch von Heiligkeit. Alles bleibt armselig zivilreligiös und wenn nicht, bestenfalls politisch korrekt, von irgendetwas emanzipiert, nicht diskriminiert oder wenigstens entkriminalisiert, worauf sie sich jeweils im Diskurs geeinigt haben. Höheren Ansprüchen an die Moral begegneten sie schon kurz nach dem Auszug aus Ägypten mit dem sprichwörtlichen „Murren des Volkes Israels in der Wüste“. „Wären wir doch bei den Fleischtöpfen Ägyptens geblieben und dort gestorben.“ Die moralische Messlatte hat gegenwärtig wieder die gleiche Höhe. Umfragen unter Katholiken zur Lebenspraxis der katholischen Kirche zeigen das: Aus der lebenslänglichen Ehe für Mann und Frau wird „Ehe für alle“ und „solange die Liebe hält“. Das ist ein erträgliches Maß und bildet die erwünschte Lebenswirklichkeit ab. Nur ja niemanden ausgrenzen. Lebensrealitäten verändern und an Ordnungen anpassen ist schiere Überforderung.

Die natürliche Neigung zur Fortpflanzung ist in weiten Teilen der westlichen Welt, die sich Nachwuchs leisten könnte, fast zum Erliegen gekommen. Nicht mehr an Fortpflanzung gebunden wird der Trieb zum kaum zu bändigenden Tier. Der männliche Erdling wird sexsüchtig, dem weiblichen muss man mit einer Lustpille nachhelfen.

4. Lebenswirklichkeit ersetzt Lebensordnungen

In einer fortgeschrittenen, technisierten Hochkultur erscheint dieses uralte Murren aus der Wüste als mediales Grundrauschen, der so mit sich selbst beschäftigten Spätkultur. Soziologische Untersuchungen können dieses Grundrauschen messen. Lebenswirklichkeit, Lebensrealität ist zum neuen Stichwort geworden um die überkommene Seinsordnung und Lebensordnungen auszuhebeln. Das macht immer mehr die Substanz ihrer Theologie aus: Keine Höhenflüge in transzendente Wirklichkeiten mehr, sondern froschperspektivisch Lebenswirklichkeiten wahrnehmen und diese von Verkrustungen überkommener Lebensordnungen befreien oder dekonstruieren und repressionsfrei neu aufbauen. Wer das nicht so sieht, ist unbarmherzig, Elitechrist, überfordert die Menschen, ist hartherzig gegenüber Schicksalsschlägen und Verfehlungen. Selbst Hollywood hat noch 1942 in CASABLANCA mit Humphrey Bogart und Ingrid Bergmann im Schlussakkord die alte Lebensordnung Ehe gegen eine neue Lebenswirklichkeit Verliebtheit triumphieren lassen. Erstaunlich was wir in wenigen Jahrzehnten zustande gebracht haben.

Dass Lebensordnungen Triebe über Jahrhunderte kultiviert und zivilisiert haben - zwar nur recht und schlecht - sollte vergessen sein, sie sollten im Gegenteil befreit werden, und wenn sie zu wild ins Kraut schießen bei sozialversicherten „Sexarbeiterinnen“ mit Rentenanspruch, in der alten Ordnung Prostituierte genannt, „ordentlich“ befriedigt werden können. (Gelächter im Publikum bei „ordentlich“).

Noch einmal: Das sollte die Substanz ihrer Theologie ausmachen. Keine Höhenflüge mehr! Die Gottesfrage im Geheimnis enden lassen und wenn schon Offenbarung, dann nur als zu sich selbst kommen der Vernunft. Dann hört das Volk wie in der Wüste auf zu murren. Aaron hat das fertig gebracht. Lasst keinen spleenigen Mose mehr hochkommen, der behauptet von außen was empfangen zu haben. Und wenn noch einmal einer kommt, macht ihn fertig, wie die Deutschen Benedikt. Bringt ihn zur Verzweiflung, wie Israel Mose, dass er seinen Höhenflug sein lässt und wie Mose die Tafeln, das Programm „von oben“, am Fuße des Sinai, wieder „unten“ angekommen, entmutigt zerschmettert!!!

5. Sexualität ohne Kinder – eine Petitesse

Sie dürfen nicht merken, dass wir sie zum Tanz um das goldene Kalb bewegen. Wie damals suggerieren wir, es sei der Fußpunkt Jahwes, um DEN man ja eigentlich tanzt. Das ist Aaronschläue und entspricht der Gewitztheit mancher Vordenker. Der Idealist Mose und seine heutigen Nachfolger sollen als dogmatisch vernagelt daherkommen und theologisch als nicht auf der Höhe der Zeit verhöhnt werden. Da gibt es ja ein gutes Beispiel: In der Lehre die Ehe hochhalten, aber in der Praxis eine Regel einführen, die es in „seltenen Fällen“ erlaubt auch im Ehebruch Lebende zu den Sakramenten zuzulassen. Also die Ausnahmen schon in die Regel einbauen, wie dies in der teleologischen Normenbegründung der Fall ist. Dann wird aus dem gestuften Gradualismus Johannes Pauls eine schlüpfrige schiefe Ebene auf der selbst Kardinäle ausrutschen. All das wird umgehend die letzten Dämme brechen, bzw. der Dammbruch verliert seine moralische Anstößigkeit und seine Beichtstuhlbedürftigkeit.

Kürzlich haben sie durch penible kulturgeschichtliche Untersuchungen festgestellt: Gleichgeschlechtlicher Verkehr wurde im Alten Testament gar nicht verboten. Nein, inkriminiert war nur die damit einhergehende Unfruchtbarkeit, bzw. die soziale Erniedrigung des durch Analverkehr Penetrierten. Die Kontexte hätten sich verschoben, heute sei man ja nicht mehr auf Fruchtbarkeit angewiesen und Analverkehr hat seine Anrüchigkeit verloren. Das hätte ich nicht für möglich gehalten, der medizinische Spiritus rector des bedeutendsten autonomen Moraltheologen Franz Böckle, August Wilhelm von Eiff, war noch der Auffassung, das sei contra naturam. Er begründete das damit, dass Spermien vom Immunsystem im Anus als fremd erkannt und angegriffen werden, im Genital aber nicht. Klar, contra naturam ist mittlerweile ein schillernder Begriff mit kaum bestimmbarem Objekt geworden.

All dies wird immer häufiger in einem Land vertreten, das Weltmeister im Nichtkinderkriegen ist. Gleichgeschlechtlichkeit ist von der Desorientierung zur alternativen Orientierung avanciert. Wenn es keine Naturordnung gibt, ist das die messerscharfe Schlussfolgerung. Unfruchtbarkeit avanciert vom alttestamentlichen Fluch zur Petitesse und verhindert dass der Erdball von Erdlingen zugepflastert wird.

Das Beste kommt aber noch: „Wer bin ich, ihn zu verurteilen?“ Einen der lockeren Sprüche des Argentiniers haben gewitzte Theologen zum Buchtitel gemacht: Der Nachsatz wurde weggelassen und dass der Mann aus der Pampa manchen lockeren Spruch nachträglich bedauert hat, ist ignoriert worden. Jetzt, wo der Argentinier besser weiß „wie Papst geht“, wird er immer wieder mit den Folgen seiner anfänglichen Lockerungsübungen konfrontiert. Jedenfalls ist der Halbsatz aus einem Interview über dem Atlantik in einem ganzen Buch ausgewalzt worden. Alles hochgescheit und nach allen Regeln theologischer Kunst begründet, daran mangelt es nie. Soziologisch, kulturwissenschaftlich, überhaupt interdisziplinär kann sich das alles an einer Universität sehen lassen. Die theologischen Overkillkapazitäten an deutschsprachigen Universitäten verfetten allmählich den Glaubensmuskel der dort Lehrenden, weil nur noch die Vernunft gestählt wird in Auseinandersetzung mit den Nachbardisziplinen. Der kirchliche Glaube kommt dann erfreulicherweise schwindsüchtig daher und bedarf „lebenswirklicher“ Anpassungen, anstatt durch die Herausforderungen des Lebens stark zu werden.

Klar, es gibt leider ein paar Ungereimtheiten, die hoffentlich niemand merkt. Noch einmal: Gleichgeschlechtlicher Verkehr würde im Alten Testament nicht ausdrücklich verurteilt, nur die damit einhergehende Unfruchtbarkeit und soziale Erniedrigung wäre gemeint. Das ist geniale Aaronschläue, wie ich meine. Spitzfindig und sophistisch, das eine vom anderen getrennt, als könne man das auch real. Ich denke aber die Begründung überzeugt jeden, der das Konzept autonomer Vernunft bejaht: Im Kontext der Moderne wäre Gleichgeschlechtlichkeit und Unfruchtbarkeit trennbar, heißt es, eben weil die Erde aus allen Nähten von Nachwuchs platzt. Das stimmt ja auch, aber nicht da, wo dieser Satz geschrieben wurde. Theologen sollte es ja um christliches Leben gehen und eben in jenem Land geht es steil nach unten. Und zwar so steil nach unten, dass kürzlich ein Paar die Polizei anrief, als eine Prozession, während der offenbar das Ave Maria gebetet wurde, als befremdlich und gefährlich empfunden wurde. Das war nicht in Saudi Arabien, sondern unweit Aachen in katholischem Kerngebiet. (Gelächter in der Festaula) Hoffentlich bleibt das alles unterschwellig und niemand stellt die Thesen in solche entlarvenden Kontexte, die zeigen, wie sehr wir schon das Christentum im „christlichen“ Abendland im Schwitzkasten haben. Radikale Forderungen des Evangeliums erscheinen übergriffig, kulturgeschichtlich gebildete Vernunft macht aus dem Evangelium wirklich eine rundum Frohe Botschaft. Wenn jemand vorsichtig Akzente setzen will, schaut, dass unüberwindbare Gräben daraus werden: Mit zu hassen, nicht mit zu lieben sind wir da. Das geht gegen die Vernunft von Sophokles´ Antigone und gegen den Glauben des Evangeliums.

6. Christliches Leben aus Mutterleib und Taufbrunnen

So sollte es sein: Theologisch mit schärfster Intelligenz dafür kämpfen, dass auch per se unfruchtbare Sexualpraktiken den Hauch des Verruchten verlieren und nicht wahrnehmen, dass christliches Leben nicht vom Himmel fällt, sondern auf Erden geboren wird und dabei zuallererst einmal aus Schößen von Frauen kommt. Das Bild „Der Ursprung der Welt“ von Gustav Courbet zeigt das in obszöner Weise. Nirgendwo sonst kommt es her. (Zwischenruf: Die Pille danach tut ihr übriges!) Halt endlich die Klappe, du Hornochs! Du bringst mich um sämtliche Pointen! Weiter im Text: Es freut mich ungemein, dass fehlender Nachwuchs nicht zu den großen Sorgen akademischer Theologie zählt. Uns ist klar, eine Religion mit einer solch anthropozentrischen, nicht mehr missionarischen Theologie, gebiert des weiteren auch kein christliches Leben mehr aus den Taufbrunnen ihrer Kirchen, die in dieser Weise von Glauben ausgezehrt sind. Es besteht nämlich überhaupt kein Anreiz mehr seine Kinder dort hin zu bringen oder selbst hin zu gehen, wenn man das schon kann, obwohl Deutschland mit z. T. hochreligiösen Flüchtlingen geradezu überschwemmt wird. Geärgert hat mich, dass sie bereit sind so viele Flüchtlinge aufzunehmen. Gibt es da noch Glutnester echten Christentums, die wir nicht ausgetreten haben oder haben sie bloß nicht zu Ende gedacht? Besänftigt hat mich, dass Flüchtlinge nicht dieses Restchristentum anzieht, sondern Sicherheit, Reichtum, Freiheit und Laissez faire Kultur.

Unter uns und summa summarum: Gleichgeschlechtlichkeit und Unfruchtbarkeit steht im selben logischen Verhältnis wie Wasch’ mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. Auch aaronsche Schläue kann nicht trennen, was in Wirklichkeit nicht zu trennen ist, modernes Konzept von Gleichgeschlechtlichkeit hin oder her. Sexualität gibt es seit über einer Milliarde Jahren auf diesem Planeten. Fruchtbarkeit ist ihr wesentliches Definitionselement. Weitere spätere Anreicherungen, wie personale Liebe in der Spezies der Erdlinge, nihilieren nicht die wesensmäßig mit Sexualität verbundene Generativität. Wenn aber Unfruchtbarkeit per se mit Gleichgeschlechtlichkeit verbunden ist, ist diese Form logisch eine Desorientierung. Wie gesagt, unter uns: Wir sind die Letzten, die diese logische Unstimmigkeit hinausposaunen. Das Tamtam, das in unserem Sinne gegenwärtig um Gleichgeschlechtlichkeit gemacht wird, übersieht das geflissentlich. Ich hoffe inständig, dass die Kombination Fruchtbarkeit aus Frauenschößen und christlichen Taufbrunnen weiterhin keine Rolle spielt und Mission ist eh Kulturimperialismus und verdrängt andere Lebenswirklichkeiten. Die genannte Kombination ist das Ärgste was uns zustoßen kann. Aber wir können beruhigt sein: Solange die akademische Theologie sich immens darum bemüht, dass möglichst wenig Ausgrenzungen gemacht werden, wer mit wem (auch unfruchtbar) im Ehebett oder auch sonst wo liegt, läuft alles bestens. Murren tun dann immer weniger. Außer denen vielleicht, die noch an Schutzengel glauben. Und die grämen sich zu Tode. Modernisierungsverlierer werden sie mitleidig genannt.

Protokollnotiz: Die Festaula tobt.

kath.net-Lesetipp:
Unterirdische Ansichten eines Oberteufels über die Kirche in der Welt von heute
Von Helmut Müller
80 Seiten
2015 Dominus Verlag
ISBN 978-3-940879-38-7
Preis 5.10 EUR

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Titelblatt des Buches: Helmut Müller, Unterirdische Ansichten eines Oberteufels über die Kirche in der Welt von heute



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