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Harte Arbeit – fairer Lohn

4. Oktober 2017 in Interview, 1 Lesermeinung
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Landwirte verärgert über Dumpingpreise und geringe Wertschätzung ihrer Produkte – Mehr Rückendeckung von der Kirche verlangt – Bezirksbäuerin Christiane Ade im Interview mit der „Katholischen Sonntagszeitung“


Augsburg (kath.net) Landwirtschaftliche Betriebe sind heutzutage von vielen Seiten unter Druck. Verbraucher wollen möglichst billig hochwertige Nahrungsmittel, Umweltschützer beäugen die Höfe argwöhnisch, internationale Krisen setzen den Landwirten zu, und die EU konfrontiert sie mit immer mehr realitätsfernen Vorschriften. Im Interview mit der Katholischen SonntagsZeitung erzählt Bezirksbäuerin Christiane Ade von ihren Sorgen und Nöten.

Katholische SonntagsZeitung: Frau Ade, seit Frühjahr dieses Jahres sind Sie Bezirksbäuerin für Schwaben im Bayerischen Bauernverband. Wie kommt man zu diesem Amt? Was sind Ihre Aufgaben?

Christiane Ade: Ich habe mich im März dieses Jahres sehr darüber gefreut, dass ich mit großer Mehrheit von allen schwäbischen Kreisvorstandschaften der Landfrauengruppe als neue Bezirksbäuerin gewählt wurde. Turnusgemäß sind im Bayerischen Bauernverband alle fünf Jahre demokratische Wahlen, die auf der Ortsebene beginnen und sich anschließend über die Kreis-, Bezirks- bis zur Landesebene erstrecken. Unsere langjährige Bezirksbäuerin Anni Fries hatte im Vorfeld signalisiert, dass sie nach 15 Jahren nicht mehr zur Verfügung steht.

Meine Aufgaben als Bezirksbäuerin sind zum einen, innerverbandlich in der Meinungsbildung, aber auch öffentlich in der Vertretung der Bauernfamilien und Darstellung unserer Arbeit mitzuwirken. Dabei gilt es, die Vielfalt unserer bäuerlichen Unternehmerfamilien, egal, ob diese konventionell oder ökologisch, im Haupt-, Zu- oder Nebenerwerb wirtschaften, mit in die verbandliche Arbeit und die Positionierung einzubeziehen.

Trotz der Vielfalt stelle ich fest, dass es viele übereinstimmende, gemeinsame Ziele und Herausforderungen gibt, die wir in die politischen und gesellschaftlichen Debatten einbringen müssen. Deshalb führe ich als Bezirksbäuerin auch zahlreiche Gespräche mit Vertretern aus Politik, Verwaltung und Gesellschaft. Ich freue mich auch auf den anstehenden Dialog mit den Kirchenvertretern, der mir persönlich sehr wichtig ist.

Katholische SonntagsZeitung: Die Klagen der Landwirte über die zu geringen Milchpreise reißen nicht ab. Inzwischen ist der Butterpreis jedoch gestiegen. Bleibt jetzt bei den Bauern mehr hängen?

Ade: Der Milchmarkt ist derzeit zweigeteilt. Das Milchfett, also die Butter, boomt. Der restliche Anteil, also das Eiweiß, vermarktet sich schlechter. Der Milchbauer profitiert daher nur teilweise vom hohen Butterpreis. Nicht nur im Milchbereich war die Preissituation in den letzten Jahren sehr schwierig, sondern auch andere Produktionsbereiche wie Ferkelerzeugung, Schweinehaltung, Ackerbau, Geflügelhaltung, Sonderkulturbetriebe und Rinderhaltung hatten unter schlechten Preisen zu leiden. Der Slogan von uns Landfrauen ist seit Jahren: „Unsere Lebensmittel sind mehr wert.“ Leider gibt es nicht den einen Hebel, sondern nur viele Mosaiksteine, die dazu führen, dass wir Bäuerinnen und Bauern gerechte Preise für unsere harte Arbeit erhalten. Der Preisdruck der letzten Jahre entstand unter anderem durch die zahlreichen Krisen in der Welt, wie die Wirtschafts- und Finanzkrise, das verhängte Russland-Embargo, den niedrigen Ölpreis, aber auch Kriege und andere Verwerfungen weltweit.Auf nationaler Ebene werden solche Krisen aus meiner Sicht leider oft vom zu starken Lebensmitteleinzelhandel ausgenützt.

Katholische SonntagsZeitung: Wie sehen Sie die Rolle der Verbraucher?


Ade: Es wird Regionalität und hohe Qualität gefordert und mit Billigstpreisen dafür geworben. Hier hat auch der Verbraucher ¬– sprich wir alle – eine bedeutende Rolle, da wir alle durch unser Einkaufsverhalten ein Stück weit den Markt bestimmen, den wir Bäuerinnen und Bauern durch unsere tägliche Arbeit bedienen. Deshalb werbe ich bei unseren Verbrauchern für mehr Wertschätzung der Lebensmittel und einen bewussten Einkauf, fordere von der Politik aber auch, ein ruinöses Preisdumping des Lebensmitteleinzelhandels einzuschränken.

Selbstverständlich müssen wir für zukünftige Krisen auch unsere Vertragsmodalitäten gegenüber unseren Marktpartnern überprüfen und hier in der ganzen Kette mögliche Lösungsansätze andenken. Unabhängig davon brauchen wir in einer sozialen Marktwirtschaft bei Krisen in der Welt, für die wir nicht verantwortlich sind, auch flankierende Maßnahmen. Aktuell gestaltet sich die Preissituation in einzelnen Bereichen, unter anderem im Milchbereich, wieder etwas positiver, was dringend notwendig ist. Die Preise bei Ackerkulturen bereiten uns allerdings derzeit Sorgen.

Katholische SonntagsZeitung: Neben der Milchviehhaltung und dem Ackerbau betreiben Sie Direktvermarkung. Ist dies der Trend, damit die kleineren Familienbetriebe über die Runden kommen?

Ade: Die Direktvermarktung ist ein Standbein von mehreren auf unserem Betrieb. Unabhängig davon kann die Direktvermarktung die Auszahlungspreise der Molkerei sowie niedrige Getreidepreise nicht ausgleichen. Ich möchte dieses Standbein jedoch weiter stabil halten und, wenn möglich, ausbauen, da es neben der Einkommenswirksamkeit auch die Möglichkeit bietet, gute Gespräche mit zahlreichen Kunden über das Thema Landwirtschaft zu führen. Unterm Strich fordert die Direktvermarktung auch einen hohen Arbeits- und Kapitaleinsatz. Deshalb hat es mich besonders geärgert, als vor kurzem von der Verwaltung der Vorstoß kam, für Milchautomaten wesentlich höhere Dokumentationspflichten einzufordern. Eine solche Nachrüstung hätte dann den ganzen Mehrerlös wieder zunichte gemacht. Daran sieht man, dass auch die Arbeit für vernünftige Rahmenbedingungen eine ganz wichtige Aufgabe für den Berufsstand ist.

Katholische SonntagsZeitung: Würde man manchen Medien glauben, dann sind die Landwirte schuld am Insektensterben, dem Verlust der Artenvielfalt, der Belastung des Grundwassers und diversen Lebensmittel-Skandalen, man denke an die Eier. Was sagen Sie, wenn Sie so etwas hören?

Ade: Eine solch einseitige Darstellung ärgert mich sehr. Es ist nicht in Ordnung, die Landwirtschaft pauschal für Vieles verantwortlich zu machen. Warum wird nicht erwähnt, dass in Bayern jeder zweite Betrieb auf jedem dritten Hektar eine freiwillige Agrarumweltmaßnahme im Sinne des Kulturlandschafts- oder des Vertragsnaturschutzprogrammes erbringt? Zudem erfüllen unsere Bäuerinnen und Bauern auf über 200 000 Hektar in Bayern zusätzliche Greening-Auflagen (Anmerkung der Redaktion: ökologische Vorrangflächen, die so bewirtschaftet werden müssen, dass es für den Klima- und Umweltschutz förderlich ist). All dies kommt der Kulturlandschaft und der Artenvielfalt genauso zugute, wie unsere Aktion „Blühende Rahmen“.

Erst vor kurzem wurde im Regierungsbezirk Schwaben bestätigt, dass über 99 Prozent des Rohwassers die hohen Grenzwerte und Anforderungen absolut erfüllen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat mehrfach dokumentiert, dass unsere Lebensmittel, egal ob konventionell oder ökologisch erzeugt, noch nie so sicher wie heute waren.

Katholische SonntagsZeitung: In den Regalen der Supermärkte sind immer mehr Bioprodukte zu finden, die nicht teurer als herkömmliche Ware sind. Wie ist das möglich?
Ade:
Knapp zehn Prozent der Bevölkerung kaufen regelmäßig Bioprodukte. Zum gezielten Einkauf gibt es vielfältige Möglichkeiten wie Bauernläden, spezialisierte Bio-Märkte, Wochenmärkte und so weiter. Auch der Lebensmitteleinzelhandel bietet natürlich das Bio-Segment in den Regalen an. Dies sind nicht nur heimische Bioprodukte, sondern Produkte aus allen Ländern der Welt, unter Umständen mit niedrigeren Standards als in der heimischen Erzeugung. Aus meiner Sicht ist jedoch wichtig, dass wir als Verbraucher regionale Produkte kaufen und auf die Herkunft achten – egal, ob wir Bio- oder konventionelle Erzeugnisse bevorzugen. Dafür werbe ich: Unsere Lebensmittel müssen uns etwas wert sein, nicht nur unser Urlaub und unser Smartphone.

Katholische SonntagsZeitung: Was das Verhältnis Kirche und Gesellschaft angeht, ist auf dem Dorf traditionell alles besser. Doch auch hier nimmt die Kirchenbindung ab. Wie erleben Sie das in Ihrem Bezirk?

Ade: In allen Teilen der Gesellschaft ist festzustellen, dass die Bindewirkung von Kirchen, Verbänden und Vereinen nicht mehr so wie früher gegeben ist. In der Regel sind unsere Bauernfamilien treue Kirchgänger. Wir im Bauernverband suchen bei der Weiterentwicklung unserer Arbeit stets den Dialog zu kirchlichen Repräsentanten. So waren beispielsweise in der letzten Wahlperiode Weihbischof Florian Wörner und der evangelische Regionalbischof Michael Grabow als Referenten und Gesprächspartner bei einer Klausurtagung unseres Bauernverbandes in Schwaben. Ich will aber auch nicht verhehlen, dass viele Landwirtsfamilien sich oft mehr Rückendeckung der Kirche für ihre Arbeit erwarten. So waren wir sehr enttäuscht, als Misereor in einem Fastenkalender der letzten Jahre die Arbeit der heimischen Landwirtsfamilien aus unserer Sicht undifferenziert an den Pranger gestellt hat. Hier haben wir uns natürlich kritisch zu Wort gemeldet. Miteinander zu reden ist besser als übereinander zu reden! Diesen Dialog und Austausch zu führen, sehe ich in den nächsten Jahren als eine wichtige Aufgabe des Bauernverbandes und der Kirchen auf allen Ebenen an.

Zur Person: Christiane Ade stammt selbst nicht aus der Landwirtschaft, sondern ist gelernte Krankenschwester und durch ein Medizinstudium nach Ulm gekommen. In dieser Zeit lernte sie ihren Mann kennen. Sie gründete mit ihm eine Familie und beschloss, auf dem Hof als Bäuerin einzusteigen. Sie habe diesen Einschnitt in ihr Leben nie bereut, beteuert sie. Zum Einstieg und zur Begleitung ihrer Arbeit im landwirtschaftlichen Familienunternehmen absolvierte sie die Ausbildung zur ländlichen Hauswirtschafterin, Fachkurse wie den Melk- und den Tierhaltungskurs sowie gezielte Schulungen, etwa die Qualifizierung zur Agrarbürofachfrau.

Foto: Symbolbild


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Lesermeinungen

 Stefan Fleischer 4. Oktober 2017 

betrifft Hilfswerke

wie das Beispiel hier mit Misereor zeigt, sind auch noch so gut meinende Hilfsorganisationen etc. nicht vor Einseitigkeiten und Scheuklappen gefeit. Das sollte uns wieder einmal bewusst machen, dass christliche Nächstenliebe immer zuerst die Nächsten, nicht Fernsten meint (wobei letztere natürlich auch nicht vergessen werden dürfen.)


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