Das Testament des Nuntius

8. März 2009 in Österreich


Österreichischer Nuntius Farhat hält in Mariazell mahnende Worte: "Mach, daß das Wort der Hirten, wie es besonders im letzten Pastoralbrief der Bischöfe Österreichs ergangen ist, nicht falsch interpretiert und falsch verstanden werde"


Wien (kath.net)
Der österreichische Nuntius Edmond Farhat hat am Sonntag in Mariazell seine Abschiedsmesse gefeiert und Österreich dem Schutz der Muttergottes anvertraut. kath.net dokumentiert die letzte offizielle Predigt vom österreichischen Nuntius Edmond Farhat vom Sonntag, 8. März 2009, in Mariazell im Wortlaut:

Liebe Brüder und Schwestern!

Ich konnte und wollte meine offizielle Mission in Österreich nicht beenden, ohne eine Dankeswallfahrt zur Mutter Gottes, der Magna Mater Austriae, nach Mariazell zu machen.
Mein lieber und guter Mitbruder P. Karl Schauer, der Superior des Heiligtums, hat mich eingeladen, hier und heute mit Ihnen die Hl. Messe zu feiern. Das Evangelium des Zweiten Fastensonntags erinnert uns an die Verklärung des Herrn auf dem Berg Tabor.

Seine Kleider wurden so strahlend weiß, wie kein Bleicher auf der Erde sie machen kann. Als Petrus voller Freude zu Jesus sagte: Rabbi, es ist gut, daß wir hier sind! Wir wollen hierbleiben. Bauen wir doch drei Hütten, für dich, für Mose und für Elija – da wußte er nämlich nicht, was er sagen sollte, "denn sie waren vor Furcht ganz benommen." (Mk 9,6).

Die Furcht ist immer und oft ein Kennzeichen der Apostel in der Nachfolge Jesu. Es ist auch heute unser Kennzeichen, wenn es darum geht, Seinem Wort in der Kirche und in Gehorsam seinem Vertreter, dem Papst zu folgen. Was wir jeden Tag und besonders heute im Leben der Kirche erfahren, ist auch eine Art von Furcht, die Jesus nicht allzu wichtig nimmt.

Aber die Stimme Gottes, die Lehre
der Kirche spricht lebendig zu uns und sagt: "Das ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören" (Mk 9,7). Das ist mein Ruf, folgt mir nach! Maria flüstert noch heute: "Alles was er euch sagt, das tut" (Joh. 2,5). Habt keine Angst!

Dieses Schauspiel Jesu mit seinen Aposteln bewegt mich, heute mit Ihnen und vor Ihnen dem Herrn durch die Vermittlung seiner Mutter einen Dank und einen Wunsch vorzutragen, voller Überzeugung und Freude, mit Ihnen vor Jesus und seiner Mutter zu sein. Meinen Dank möchte ich aussprechen für all das, was der Herr in diesen dreieinhalb Jahren meiner Mission in Österreich geschenkt hat.

Ich habe viele Menschen und viele Christen getroffen. Bei allen habe ich Aufmerksamkeit und Liebe zu Gott gespürt und ein offenes Ohr gefunden. Ich habe alle Diözesen des Landes und viele Pfarren und Gemeinschaften besucht. Mit allen und bei allen habe ich versucht, auf Christus zu schauen, Christus zu suchen.

Ich habe Behörde und Verantwortungsleute getroffen. Mit vielen von ihnen habe ich auch "von Sachen Gottes" (cf Lk 2,49) diskutiert

Bei allen und mit allen habe ich freundliche Interessen und Aufmerksamkeit gefunden. Bei allen und mit allen habe ich den Schutz der Muttergottes durch ihren heiligen Mantel gefühlt.

Wie einst Bruder Magnus am Beginn der Geschichte dieses Heiligtums, so will auch ich hier und heute der Muttergottes die Kirche anempfehlen, das Sakrament des Lebens, für ihren Dienst am Frieden in der Welt.

Ich empfehle ihr das Volk Gottes, das in Österreich lebt. Ich empfehle ihr den Heiligen Vater, Benedikt XVI., die Bischöfe, die Priester und allen Katholiken, mit großem Glauben und unerschütterlichem Vertrauen.

Die Kirche in Österreich müht sich ab, sie gibt sich Mühe und lebt, weil Christus es ist, der sie antreibt und ihr das Leben gibt. Für all das sage ich mit Euch: Danke!

Mit meinem Dank ist auch eine Bitte an die Mutter Gottes verbunden. Mein Bitten wird immer mit dem Sub tuum praesidium confugimus beginnen.

Ihr Schutz hält uns in der Gemeinschaft mit ihrem Sohn Jesus. Er hat uns für immer gerettet. Sein Werk offenbart sich durch das Leben und Zeugnis der Kirche. Jesus bewahre die Prediger und die Verkünder des Wortes Gottes immer vor dem Geist der Welt und den Einflüsterungen neuer Verführungen.

So richten wir heute unsere Bitten an Dich, o Maria! Bewahre unseren Glauben! Gib uns ein gebildetes Gewissen, das Informationen und Nachrichten mit Klugheit und Ausgewogenheit zu bewerten weiß.

O Maria, mach, daß der Sturm des Unwetters, der über den Weinberg Deines Sohnes, der die Kirche ist, hinwegfegt, die Rebzweige des Weinstocks stärke! Reinige die Blüten im Weinberg Deines Sohnes, damit sie reiche und gesunde Frucht bringen!

Mach, daß die Hüter des Weinbergs, die Priester und geweihten Personen, nicht einschlafen, denn der Dieb kann auch zur dritten oder sechsten Stunde der Nacht kommen.

O Maria, mach, daß diejenigen, die Unkraut säen, begreifen, daß der Herr das Korn einsammeln und das Unkraut verbrennen wird, wenn die Zeit dafür gekommen ist.

Bitte Deinen Sohn, gemeinsam mit uns, daß er heilige, aktive und wachsame Arbeiter in seinen Weinberg sende, die voll Glauben und Eifer treu den Schatz des Glaubens bewahren und allen gute Nahrung zur rechten Zeit geben.

Bitte Deinen Sohn um Arbeiter für seinen Weinberg, die all jenen helfen, die ihre Hilfe am meisten brauchen: jene, die keine Stimme haben oder nicht sprechen können!

Maria, mach, daß die Hirten immer Führer, Väter und Beschützer seien, wie der Prophet Amos sagt, daß unsere Trägheit uns nicht zu Mittätern der Verführungen der Welt mache und die Priester des Tempels, die Diener der Kirche, nicht daran hindere, ohne Gewalt und ohne Haß, aber mit Klarheit und Festigkeit auf die Fehler der Menschen unserer Zeit hinzuweisen, ohne damit die Person zu beleidigen. Mutter, hilf, daß niemand verurteilt werde, ohne zuerst angehört zu werden.

Hilf uns, auf Christus zu schauen und, wie Petrus uns lehrt, ihm allein nachzufolgen, denn er hat Worte des (ewigen) Lebens.

Gib uns die Gnade und die Demut, unsere Brüder zu korrigieren, unter vier Augen, vor einem oder zwei Zeugen, bevor wir sie als "Heide und Zöllner", als "konservativ" oder "liberal", als gläubig oder ungläubig aburteilen, ohne vorher die Gemeinde – die Kirche! - zu hören (vgl. Mt 18,17).

Mach, daß jene, die sich auf das 2. Vatikanische Konzil berufen, seine Texte mit Hingabe und Intelligenz lesen, seine Lehre verstehen und seine Vorschriften in die Praxis umsetzen, damit durch ihre Werke Christus, das Licht der Welt, Lumen Gentium, offenbar werde!

Maria, sag den Priestern, sie sollen ihrem Auftrag und ihrer besonderen Berufung treu sein und ihren privilegierten Dienst als Mitarbeiter am Werk Christi nicht inkompetenten Händen überlassen.

Mach, daß die Eucharistie, fons et apex, die sakramentale und reale Gegenwart Deines Sohnes, nie in einer Gemeinde fehle.

Mach, daß der Wind, der in der Kirche Gottes weht, die in Österreich ist, nicht wie ein Gewittersturm sei, sondern wie eine Frühlingsbrise, die die Zweige wieder saftig werden läßt, aber nicht die Frucht bedroht, die Erlösung heißt.

Mutter! Mach, daß das Wort der Hirten, wie es besonders im letzten Pastoralbrief der Bischöfe Österreichs ergangen ist, nicht falsch interpretiert und falsch verstanden werde. Es gibt nur eine einzige Eucharistie und eine einzige Kirche, jene, die Petrus mit den Aposteln und ihren Nachfolgern cum Petro et sub Petro anvertraut wurde.

Laß uns immer begreifen und verstehen, daß es Petrus zusteht, seine Mitbrüder zu verstärken, mit Liebe zu befragen und brüderlich anzuhören, aber daß, wenn Petrus entscheidet, dies die Zustimmung seiner Mitbrüder im apostolischen Kollegium ausdrückt.
Mach, o Maria, daß die Kirche, der mystische Leib deines Sohnes und Sakrament seiner wirklichen Präsenz in der Welt unbefleckt sei, wie das ungeteilte Gewand Jesu und in unserer Zeit strahle wie sein Gewand, das ganz leuchtend weiß wurde (cf. Mk,93).

Maria, wir bitten Dich mit den Worten unserer Bischöfe: Hilf uns, "auf Christus (zu) schauen, der seine Kirche nicht verläßt und dessen Wort und Tat Maß für unser Wort und unsere Tat sind." (Hirtenbrief, 16. Februar 2009)

Maria breit den Mantel aus,
mach Schirm und Schild für uns daraus!

Laß uns darunter sicher steh'n,
bis alle Stürm' vorübergeh'n.
Patronin voller Güte
uns allezeit behüte!

Amen

Veröffentlichung der Rede auf kath.net mit freundlicher Genehmigung der öst. Nuntiatur!

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