Pflichtlektüre für jeden Bischof (oder Papst)

16. Dezember 2009 in Buchtipp


Eine passionierte Rezension von Sigrid Grabners Biographie Gregors des Großen "Im Auge des Sturms" - Von Dr. Eduard Habsburg


Wien (kath.net) Gregor der Große war auf meinen Radar geraten, seit ich eine hochintelligente Missionsanweisung des Papstes aus dem Jahr 601 an einen englischen Bischof gelesen hatte; anders, als man sich heutzutage gerne christliche Zwangsmissionierung vorstellt, ruft der Papst zu einem großen Respekt vor den heidnischen Heiligtümern auf, zu einem klugen Umgang mit den Gebetsorten der einheimischen Bevölkerung.

Wer hatte vor 1400 Jahren so moderne Ansichten? Auch heute muß die Kirche sich ja fragen, wie sie mit einer zunehmend säkulareren, ja fast heidnischen Moderne umgeht, welche Sprache sie sprechen soll. Kann das sechste Jahrhundert ein Spiegel sein?

Und dann eine Anzeige auf kath.net und ein kurzentschlossenen Kauf. „Im Auge des Sturms“ - selten habe ich ein Buch so atemlos verschlungen wie das von Sigrid Grabner.

Was, frägt sich der Leser vielleicht, kann eine Biographie eines Papstes aus dem 6. Jahrhundert einem Christen von heute geben? Viel, oh erstaunlich viel. Nicht nur, daß es eine atemberaubend spannende Geschichte ist in einem apokalyptischen Setting, die da erzählt wird;

Gregor, dieser Mann aus uraltem römischen Adel, der inmitten einer sterbenden römischen Zivilisation lebte, in einem Rom, das zwar noch die einstige Größe atmete, das aber längst zu einem irritierenden Anhängsel von Byzanz geworden war; jener Stadtpräfekt, der zum Mönch wurde und inmitten von Pest und apokalyptischen Langobardenüberfällen gegen seinen Willen auf den Thron Petri gehievt wurde, dieser Gregor ist in vielem ein Vorbild für einen intelligenten Umgang mit der Moderne, einer tiefen Demut angesichts ständiger, völliger Überforderung durch eine kompliziert gewordene Realität.

Sigrid Grabner erzählt packend, und man ahnt, daß es ihr natürlich um mehr geht, daß viele der erstaunlich modern klingenden Zitate, die sie uns kredenzt, direkt für heutige Leser gemünzt sind. Gregor macht sich und anderen nichts vor, ist realistisch, ausgewogen, gleichzeitig mystisch, weil er weiß, daß der, der seine Kraft nur aus sich schöpft, irgendwann zugrunde geht, wer jedoch „nach Gott sich ausstreckt, echte Früchte bringt.“

Und Gregor kennt sie alle, die so vertrauten Probleme: das langsame Vergehen einer Welt, in der römische Größe, die Macht der Kirche und der Glaube selbstverständlich schienen; schleichender Atheismus in den Herzen der Gläubigen und reine Diesseitsbezogenheit, Festklammern an Geld und Besitz; die Zerrissenheit des Oberhirten zwischen der Gebetsstille, die er sich wünscht, und den ständigen zermürbenden Forderungen, die die Welt stellt; und, ja, auch Bischöfe, die aus Angst, es sich mit der Welt zu verscherzen, die unbequemen Wahrheiten nicht aussprechen:

„Doch wir sind dem untergehenden Volk die Urheber des Todes, die wir Führer zum Leben hätten sein müssen“ schreibt er mitten während der Langobardenbelagerung. „Aufgrund unserer Sünde liegt nämlich das Volk darnieder, denn durch unsere Nachlässigkeit ist es nicht zum Leben unterwiesen worden...

Kaum einmal weisen wir jemanden aufgrund seiner Schuld freimütig zurecht. Und was noch schlimmer ist, wenn es einmal um eine einflussreiche Persönlichkeit dieser Welt geht, werden ihre Vergehen womöglich noch gelobt, damit sie nicht, wenn sich Widerspruch erhebt, aus Unmut die Gaben zurückzieht, die sie gewährte...

Wir sind nämlich völlig äußeren Beschäftigungen verfallen... Wir geben den Dienst der Verkündigung auf, und zu unserer Strafe, wie ich es sehe, lassen wir uns Bischöfe nennen, die wir nur den Ehrentitel, nicht aber die entsprechende Vollkommenheit besitzen.

Denn die uns Anvertrauten verlassen Gott, wir aber schweigen.“

Das „wir“ ist keine Liebäugelei. Gregor nimmt sich selbst niemals aus. Bei der Lektüre von diesem und vielen anderen Zitaten wünscht man sich immer wieder, alle Schriften Gregors wären in einer populären Ausgabe zu kaufen.

Jedem Christen, jeden historisch interessierten Menschen und besonders jedem Bischof, der glaubt, in besonders schwierigen Zeiten zu leben und von der Situation völlig überfordert zu sein, sei die Lektüre des Buches wärmstens empfohlen; sie alle werden staunen, wie Gregor inmitten des völligen Umbruchs der Völkerwanderungszeit demütig und zugleich entschlossen seinem Volk ein Hirte war; sie werden einen großen, ebenso realistischen wie visionären Papst kennen lernen und einen neuen Freund im Himmel.

PS: Und wenn ich Bischof sage, sind deutschsprachige Bischöfe von Rom nicht ausgeschlossen.

Kath.Net-Buch-Aktion: Bitte bestellen Sie heute noch das Buch bei kath.net und schenken Sie das Buch Ihrem Bischof oder Weihbischof!

Sigrid Grabner
Im Auge des Sturms
Biographie über Gregor der Große
gebunden, 324 Seiten
135 mm x 215 mm
EUR 20,50

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