Die Wahrheit in der Liebe tun

27. Juni 2010 in Deutschland


Soirée der "Generation Benedikt" zu Caritas in Veritate. Ein Bericht von Franz Norbert Otterbeck.


Bonn (www.kath.net)
Man kritisiert Papst Benedikt XVI. wahrscheinlich nur vordergründig wegen des „Schweigens“, hintergründig aber wegen seines Redens und Schreibens. Denn man versteht ja doch sehr gut und ziemlich genau, auf was er mit der ganzen Kirche hinaus will: Die Welt soll die Liebe in der Wahrheit leben und die Wahrheit in der Liebe tun (vgl. Eph 4,15).

Die „Generation Benedikt“ lud deshalb im Rahmen eines festlichen Abends zu den Themen der päpstlichen Sozialenzyklika von 2009 nach Bonn ein. Das Podium war hochkarätig besetzt: Bischof Franz-Peter Tebartz van Elst aus Limburg und Christiane Underberg vom Niederrhein beleuchteten das Dokument aus den Perspektiven der Pastoralwissenschaft respektive wirtschaftlicher Praxis. Der Bischof verwies darauf, dass er am Finanzplatz Frankfurt durchaus gute Erfahrungen mit der kirchlichen Verkündigung in Wirtschaftskreisen mache: Gerade aus der Welt der Wirtschaft erwarte man dringend Orientierung, auch der „Sprachlosigkeit“ zwischen Kirche und Wirtschaft zum Trotz, die Mitveranstalter Professor Wolfgang Ockenfels vom Institut für Gesellschaftswissenschaften Walberberg freilich nicht unerwähnt lassen durfte.

Frau Underberg warb um ein besseres und genaueres Verständnis dessen, was Subsidiarität meint. Diese sei ein Gebot „sozialer Liebe“, indem sie der je kleineren Einheit eine Eigenverantwortung zutraue und manchmal auch zumute. Die Kräfte der „Zivilgesellschaft“ zu stärken sei ein überaus berechtigtes Anliegen des Heiligen Vaters. Genau deshalb halte er sich aber klug mit Patentrezepten zurück, wie Bischof Franz-Peter unterstrich. Daraus dürfe man aber keine mangelnde Deutlichkeit herleiten. Die Sozialenzyklika sei freilich im Innenraum der Kirche hierzulande noch nicht ausreichend aufbereitet.

Das Medienecho vor einem Jahr war durchaus zwiespältig. Die Kommentare zielten darauf, das Dokument möglichst rasch aus dem öffentlichen Diskurs zu verbannen, wogegen sich sämtliche Referenten des Abends wehrten. In der Diskussionsrunde fiel es dem Moderator Nathanael Liminski zu, der „advocatus diaboli“ in der Runde zu sein. Seine erste Frage an Wolfgang Ockenfels, wie denn eine Enzyklika überhaupt entstehe, konterte dieser damit, dass er einiges Grundsätzliches formulierte. Auf die öffentliche Kritik von Friedhelm Hengsbach an der Enzyklika angesprochen, hielt Ockenfels fest, dass es insbesondere einem Jesuiten, der ja durch ein spezielles Treuegelübde gebunden sei, dem Papst zu dienen, nicht zukomme, von einer Enzyklika konkrete Handlungsanweisungen zu fordern, die derselbe dann, wenn sie kämen, wohl nicht befolgen würde.

Der teilnehmende Beobachter durfte daraus folgern, dass sich mancher Sozialethiker im Werdegang dieses Papiers nicht hinreichend berücksichtigt gefühlt haben könnte. Ockenfels erläuterte, dass mancher Theologe natürlich ganz gern der „ghostwriter“ des Höchsten sein würde. Liminski insistierte, die Fragestellung des Abends in den Blick zu nehmen: „Ist die dritte Enzyklika dieses Papstes in der deutschen Öffentlichkeit „durchgefallen“?“ Einhellige Antwort des Podiums war: Außerhalb der Fachtheologie sicher nicht. Der Bischof von Limburg bekannte sich voll und ganz und ohne jede Einschränkung dazu, dass in dieser Zeit die Stunde des universalen Petrusamtes da sei. Woher sonst solle denn die Orientierung kommen? Jedoch sei es Aufgabe der Ortskirchen, die Gedanken des Papstes zu den Akteuren in Wirtschaft und Gesellschaft zu tragen.

Sämtliche Referenten waren sich darin einig, dass die eigentliche Großtat von „Caritas in veritate“ darin bestehe, den Primat des Geistlichen, die Offenheit für die ganzheitliche Entwicklung, den Sinn für Transzendenz inmitten der Sozialdoktrin neu platziert zu haben. Ganz das Gegenteil von technokratischer Ideologie sei die Sozialverkündigung der Kirche, nämlich selber Liebesdienst.

In einer kreativen Schlussrunde sammelte man auf Anregung des Moderators Ideen, wie der Dialog zwischen Wirtschaft und Kirche gesteigert und verstetigt werden könne. Die Notwendigkeit des Dialogs an sich und vor allem des kirchlichen Beitrags auch zu aktuellen Fragen des wirtschaftlichen Geschehens standen da schon nicht mehr zur Debatte.

Foto: © Generation Benedikt


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