Memorandum: Dialog oder vielmehr ein Angriff auf die Kirche?

14. Februar 2011 in Aktuelles


Ein KATH.NET-KLARTEXT von Bischof Andreas Laun: Wissen die Unterzeichner nicht, dass 'kein Papst und kein Konzil und auch sonst niemand in der Kirche Gebote Gottes ändern kann?'


Salzburg (kath.net) Wie immer man es dreht und wendet: Das Memorandum der Theologen, das nach Wille und Überzeugung derer, die es unterschrieben haben, zur Reform der Kirche führen soll, redet zwar von Dialog, präsentiert sich aber als Angriff auf die Kirche bzw. deren Leitung, also auf die Bischöfe und letztlich den Papst. Was die Verfasser meinen, wenn sie „Dialog“ fordern, erklären sie nicht: Welche Voraussetzungen des Dialoges erwarten sie sich, damit dieser zu einem guten Ergebnis führen könnte? Die Unterzeichner des Memorandums treten auf wie Revolutionäre, die der Regierung ihre Forderungen auf den Tisch knallen, verstärkt durch möglichst viele Unterschriften, und das alles, als wollten sie eine Diktatur stürzen wollen!


Liest man den Text, stellen sich eine Reihe von Fragen:

Erstens wundert man sich, wie auch Kardinal Kasper und andere feststellten, über die Art und Weise, wie der Text abgefasst ist. Die Unterzeichner sind Professoren an verschiedenen Universitäten, sie haben theologisch denken und argumentieren gelernt. Man fragt sich enttäuscht: Wie konnten sie einen solchen Text unterschreiben ohne die Befürchtung, ihr Gesicht zu verlieren?

Zweitens fällt auf, dass das Memorandum inhaltlich gesehen sehr viel Sexualität spricht und entsprechende Forderungen stellt. Wie das? Die Unterzeichner sind zum größeren Teil ältere Herrn mit Lebenserfahrung. Ist es vorstellbar, dass sie sich von einer Änderung der Sexualmoral der Kirche wirklich eine Reform der Kirche im Sinn eines vertieften geistlichen Lebens, im Sinn von mehr Glauben und Hingabe erwarten? Vor allem auch: Wissen sie nicht, dass kein Papst und kein Konzil und auch sonst niemand in der Kirche Gebote Gottes ändern kann? Doch, das wissen sie natürlich, aber so, wie sie schreiben, setzen sie logisch voraus, die sogenannte Sexualmoral der Kirche sei reines Menschenwerk und darum könnte man es auch ändern. Aber wenn sie das wirklich glaubten, würde man sich doch wenigstens den Versuch einer Begründung erwarten? Ganz abgesehen davon, dass man sich wohl eher von Jugendlichen vorstellen könnte, dass sie vor allem mit der Sexualmoral der Kirche Schwierigkeiten haben, nicht von älteren Professoren der Theologie.

Und weiter: Wenn es so wäre, dass „die Sexualmoral“ der Kirche wirklich nur Menschenwerk ist, dann wäre auch eine „reformierte Sexualmoral“ wieder nur Menschenwerk und dann hätte die alte und neue Moral mit Recht jeden Anspruch gehört und befolgt zu werden verloren! Die Glaubwürdigkeit der Kirche wäre wirklich bis in die Wurzeln hinein zerstört, weil sie viele Jahrhunderte hindurch die Menschen betrogen, sie ohne jedes Recht bevormundet und ihnen unnötige Lasten auferlegt hätte! Warum sollte man ihr irgendein moralisches Urteil noch glauben und warum den Professoren, die ohnehin das Maß der Zeit anzulegen scheinen?

Drittens, und eigentlich vor allem anderen, müssen sich die Verfasser und Unterzeichner des Memorandum fragen lassen: Glaubt ihr wirklich, dass die Menschen an den Strukturen, von denen ihr sprecht, und den ewig wiederholten „Forderungen Nach „Mitbestimmung“ und Abschaffung des Zölibates Interesse haben? Interesse so, dass sie sich der Kirche mit Liebe und Vertrauen zuwenden? Glauben sie das im Ernst? Werden die Menschen dann wieder mehr an Menschwerdung und Auferstehung glauben, Verfolgungen um Christi willen ertragen und in die Nachfolge Christi eintreten? Ohne jemand beleidigen zu wollen: Ich halte es für unmöglich, dass die Herrn und Damen Unterzeichner so blind sind, das wirklich, allen Ernstes zu glauben!

Viertens kennen die Verfasser mehr oder weniger Kirchengeschichte, auf jeden Fall genug, um zu wissen. Eine Reform, die wirklich gegriffen hat, hat es in der Kirche immer nur in ganz anderer Form gegeben: Nicht so, dass ein Heiliger gegen Papst und kirchliche Ordnung aufgestanden wäre und alles „leichter“ machen wollte, sondern gerade umgekehrt: Die Heiligen haben zur persönlichen Umkehr aufgerufen, zur ernsthaften Nachfolge Christi, zu Gehorsam gegenüber Papst und Bischöfen. Das hat nicht aus-, sondern eingeschlossen, dass eine Frau wie Katarina von Siena, auch dem Papst gesagt hat, er müsse sich bekehren! Aber auch dieses ihr Drängen war auf den Christen bezogen, der der Papst war, und meinte seine persönliche Umkehr! Keine Sekunde lang wollte Katarina die Struktur der Kirche ändern und erst recht nicht ihre Lehre!

Wenn die Verfasser des Memorandums angesichts dieses Befundes der Geschichte daran festhalten sollten zu behaupten, die Erfüllung der Forderungen des Kirchenvolksbegehrens und die Abschaffung des Zölibates würden einen neuen Frühling der Kirche hervorbringen, kann man nur verstummen, weil eine ehrliche Bewertung dieses Standpunktes ohne Worte, die sie als beleidigend einstufen würden, nicht möglich ist, Sie zu beleidigen kann nicht die Absicht eines Kritikers sein, weil es den Schaden für die Kirche und die Gefahr einer echten Spaltung nur vergrößern würde. Wir müssen in der Liebe zueinander bleiben und trotz allem im Gespräch.

Ich zweifle allerdings, ob eine Einigung auch nur auf die „Spielregeln“ des Dialoges gelingen wird. Mit Spielregeln meine ich: Was gilt als überzeugendes und darum einigendes Argument: ein Verweis auf die hl. Schrift, auf eine Entscheidung des Lehramtes, auf Vernunft-Argumente? Hilfreich wäre es auch, wenn die am Dialog Beteiligten vorweg klären, ob sie sich wirklich noch zur Kath. Kirche gehörig empfinden oder bereits mehr dem Protestantismus zuneigen. In diesem Fall wäre es besser, sie vollziehen den Schritt und unsere Beziehungen verwandeln sich in Ökumene! Eine solche Wahrhaftigkeit, Ehrlichkeit und Klärung bezüglich nicht nur dessen worüber man spricht sondern auch mit welchem Dialogpartner man es zu tun hat, wäre eine Hilfe und würde vielleicht der Einheit mehr dienen als ein Dialog, bei dem alle als „Katholiken“ auftreten, einige es aber schon gar nicht mehr sind! In der Vorbereitung auf den Dialog sollten wir alle das Gebet vom 2. Sonntag im Jahreskreis gemeinsam beten: „Allmächtiger Gott, Du gebietest über Himmel und Erde, du hast Macht über die Herzen der Menschen. Darum kommen wir voll Vertrauen zu dir. Stärke alle, die sich um die Gerechtigkeit mühen und schenke unserer Zeit deinen Frieden.“ Der „Gerechtigkeit“ sollten wir die „Wahrheit“ zufügen und dem „Frieden“ die bedrohte Einheit der Kirche!

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