EKD-Ratsvorsitzender Schneider zu PID, Politik und Papst

27. April 2011 in Deutschland


Schneider differenziert seine Aussagen zur Papstrede im Deutschen Bundestag – Die PID lehnt er nicht klar ab, denn die Kirchen wüssten nicht, „wann und wie menschliches Leben wirklich beginnt"


Hannover (kath.net/pm) Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, hat den Kirchen einen "moderateren Ton" in der Debatte um die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) nahegelegt. Die Situation betroffener Ehepaare müsse berücksichtigt werden, sagte Schneider am Donnerstag dem Sender Deutschlandradio Kultur.

Schneider sprach sich zudem für eine Ausnahme vom generellen Verbot der PID aus, wenn es nicht um die Frage von lebenswertem oder lebensunwertem Leben gehe, sondern um die Frage der Lebensfähigkeit, so etwa bei der erhöhten Gefahr einer Totgeburt. Zugleich warnte er vor einem überzogenen Anspruch der Kirchen. "Ich finde, es tut uns Kirchen nicht gut, wenn wir behaupten, etwas zu wissen, was wir gar nicht wissen können, nämlich wann und wie menschliches Leben wirklich beginnt," sagte der oberste Repräsentant von rund 25 Millionen Protestanten.

Zu ihrem Umdenken in der Atompolitik sprach der EKD-Ratsvorsitzende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sein Vertrauen aus. Er wolle "zunächst mal unterstellen, dass Frau Merkel das ernst meint", sagte er. Die Kanzlerin sei "immerhin" Physikerin: "Sie hat selber gesagt, dass sie den Begriff Restrisiko nun neu verstanden hat." Was der Begriff bedeute, könne in Japan derzeit nachvollzogen werden. Zur Beteiligung der Kirchen an den Gesprächen zum Atomausstieg sagte Schneider: "Wir werden schon zu verhindern wissen, dass wir sozusagen die weiße Salbe werden."

Hinsichtlich des Einsatzes der Alliierten in Libyen zeigte sich Schneider skeptisch. Er betonte, dass es sich durch den Bürgerkrieg zweier Krieg führender Parteien um eine andere Situation als in Afghanistan handele. Zu legitimieren sei nur eine Intervention zum Schutze der Zivilbevölkerung. An dem Erfolg einer solchen Mission zweifle er jedoch. Er räumte aber ein: "Wer heute behauptet zu wissen, wie man sich da richtig verhalten kann, das ist ein Angeber und Hochstapler."

Vom Deutschlandbesuch des Papstes im September erwartet Schneider positive Signale, wie eine Stellungnahme zum Reformationsfest 2017 und eine Würdigung der Erkenntnisse Martin Luthers. Diese hätten der Kirche "gut getan". Mittlerweile hätten sich die Kirchen in der wesentlichen Frage der Rechtfertigungslehre angenähert: "Und das ist ja nun auch dem damaligen Kardinal Ratzinger zu verdanken, dass wir so nah aneinander herankamen."

Schneider betonte, dass er sich in vorangegangenen Äußerungen nicht generell gegen eine Rede des Papstes im Bundestag ausgesprochen habe: "Meine Rede war: Wenn der Papst im Bundestag redet, dann ist das nicht mein Bier, das zu kommentieren, denn er ist auch ein Staatsoberhaupt." Daran zeige sich aber, dass es ein deutlich unterschiedliches Kirchenverständnis bei Protestanten und Katholiken gebe.


© 2011 www.kath.net