Initiative gegen Zölibat und für weibliche Priester – diesmal in Basel

21. Jänner 2012 in Schweiz


Die Basler Initiative benützt dazu die Möglichkeiten des weltweit einzigartigen Schweizer Staatskirchenrechts


Basel (kath.net)
Die Schweizer „Kirchliche Gleichstellungs-Initiative“ will den Pflichtzölibat in der römisch-katholischen Kirche abschaffen und Frauen zur Priesterweihe zulassen. Das berichtet die Basler Zeitung in ihrer Online-Ausgabe. Um ihr Anliegen zu verfolgen, setzt die Initiative auf die demokratischen Möglichkeiten des Schweizer Staatskirchenrechts.

Die Idee zur Gleichstellungsinitiative wurde im Jahr 2010 in den beiden Landeskirchen Basel-Stadt und Basel-Landschaft geboren. Zu Pfingsten 2011 starteten die Volksbegehren. Bis Dezember wurden in beiden Landeskirchen genügend Unterschriften gesammelt, damit eine Volksinitiative zur Revision der jeweiligen Kirchenverfassung zustande kommt.

Das Kirchenvolk von Basel-Stadt und Basel-Landschaft darf nun über die Gleichstellungsinitiative abstimmen. Am 12. Januar wurden die Unterschriften an die Synodenpräsidenten der beiden Landeskirchen überreicht, die für die Anliegen „Verständnis und Sympathie äußerten“.

Die Komitees wissen um die Grenzen ihrer Initiative. Selbst wenn beide Abstimmungen eine Mehrheit für die Gleichstellungsinitiative bringen, werden damit die beiden Punkte nicht automatisch in die Kirchenverfassung der Landeskirchen aufgenommen.

Die Initiativen wollen die obersten Organe der „der Römisch-Katholischen Kirche Basel-Stadt und der Römisch-Katholischen Landeskirche Basel-Landschaft (d.h. Synoden und Kirchenräte) verpflichten, darauf hinzuwirken, dass die Römisch-Katholische Kirche die gleichberechtigte Zulassung – unabhängig von Zivilstand und Geschlecht – zum Priesteramt ermöglicht.“

Die geforderten Änderungen können nicht auf Ebene der Landeskirche durchgeführt werden. Darüber wird in Rom entschieden, was den Initiatoren durchaus bewusst ist. Sie hätten wohl deshalb den Weg der Beauftragung der Organe der Landeskirchen gewählt, um einen unmöglichen oder rechtswidrigen Inhalt der Initiativen zu vermeiden, schreibt die Basler Zeitung. In diesem Fall wären die Initiativen ungültig gewesen.

Unter den Mitgliedern des Initiativkomitees Basel-Stadt findet sich neben der ehemaligen Nationalrätin der Grünen Anita Lachenmeier-Thüring auch Helen Schüngel-Straumann, emeritierte Professorin für Biblische Theologie an der Gesamthochschule Kassel. Letztere will laut Basler Zeitung „dazu beitragen, dass in unserer Kirche das menschliche Gesicht Gottes stärker sichtbar wird“. Schließlich habe niemand mehr gegen die Diskriminierung der Frau getan, als Jesus Christus selbst, der erwiesenermaßen auch Jüngerinnen und Apostelinnen berufen habe, sagte die emeritierte Theologieprofessorin.

Die Initiative wird durch das weltweit einzigartige Schweizer Staatskirchenrecht ermöglicht. Dieses regelt das Verhältnis zwischen Kirche und Staat durch kantonale Gesetze. Die staatsrechtlich anerkannte Kirche ist die Landeskirche des jeweiligen Kantons. Das Konzept stammt aus der Reformation, gilt aber auch für die katholische Kirche in fast allen Kantonen. Die Landeskirchen sind weitgehend nach dem Vorbild der staatlichen Verfassung der Schweiz organisiert und kennen daher auch die entsprechenden Elemente der direkten Demokratie, die dem Kirchenrecht der römisch-katholischen Kirche fremd sind.

Das Verhältnis zwischen der weltweit nach kanonischem Recht verfassten katholischen Kirche und den katholischen Landeskirchen der Schweizer Kantone weist inhärente Spannungen auf. Nach katholischer Lehre ist die Landeskirche nicht die eigentliche Kirche, sondern steht in deren Dienst. Als öffentlich-rechtliche Körperschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit ist sie aber sowohl organisatorisch wie finanziell unabhängig von der römisch-katholischen Kirche.

Ein Teil der Schweizer Katholiken lehnt das herrschende Landeskirchensystem ab, weil es in ein unzulässiges Konkurrenzverhältnis zu der vom Papst und den Bischöfen geleiteten Kirche trete.


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