'Der geistliche Kampf gehört zu den wesentlichen Aufgaben der Kirche'

14. Jänner 2013 in Interview


KATH.NET-Interview mit Jaroslav Broz, Exorzist und Mitarbeiter der Katholischen Fakultät Prag - Von Julia Zednik


Prag (kath.net) „Immer wenn ich dazu Zeit habe, führe ich Exorzismen durch.“ Dies sagt der tschechische Priester Jaroslav Broz. Der Professor für Bibelwissenschaften an der Katholischen Fakultät Prag hat seit einigen Jahren vom Bischof die Genehmigung erteilt bekommen, Exorzismen durchzuführen. „Der geistliche Kampf gehört zu den wesentlichen Aufgaben der Kirche“, erläutert der Theologe im kath.net-Interview über Glaube und Kirche in Tschechien. Denn „Jesus habe seine Jüngern gesandt mit dem Auftrag: Das Evangelium zu predigen, Kranke zu heilen und Dämonen auszutreiben.“


kath.net: Wie schätzen Sie die Situation der katholischen Kirche in der Tschechischen Republik ein?

Professor Jaroslav Broz: Seit dem Ende des Kommunismus wächst in unserem Land eine ganz neue Generation von Christen heran- doch die Kirche leidet selbstverständlich immer noch unter den Erlebnissen und der Verfolgung während des Kommunismus. Viele Priester und Laien von früher mussten große Opfer bringen, um ihren Glauben auszuüben. Heute ist es Gott sei Dank nicht mehr so, aber dennoch ist die Ablehnung gegenüber der Kirche in der Tschechischen Republik weit verbreitet.

Die Schwäche der Kirche in unserem Land, nämlich die Verkündung und Mission, gehört beiseitigt; wir müssen uns ganz klare Ziele setzen in diesem Bereich, denn ein existenzieller Teil der Kirchlichen Aufgaben ist die Mission.

Ich denke viele Christen in der Tschechischen Republik tragen in sich eine Art Angst, zu predigen, Gebete in der Öffentlichkeit zu sprechen oder Leute zu treffen, welche ohne Glauben leben. Damit meine ich nicht, dass wir eine aggressive Überzeugungskampagne ausüben sollten, sondern vielmehr die Freude des Glaubens ungescheut verbreiten sollten.

kath.net: Steht es in Tschechien gut oder schlecht um die katholische Kirche, Stichwort "Restitution"?

Broz: Die Restitution ist zunächst der Akt der Gerechtigkeit. Denn die Kirche ist selbst verantwortlich für die materiellen Güter, die sie unter anderem auch in der Vergangenheit als Spenden erhalten hat, und sie ist auch verantwortlich für den Dienst an christlicher Nächstenliebe und Verkündung des christlichen Evangeliums. Die Rückgabe zu akzeptieren bedeutet, mehr Freiheit bei der Verteilung der materiellen Güter zu erhalten.

Die Kirche in unserem Land ist sich bewusst, dass vielen Menschen durch die kommunistische Ideologie indoktriniert wurden, viele Menschen blicken immer noch durch die Brille der kommunistischen Historiographie auf die Kirche.

Also in diesem Sinne muss die Kirche die Restitution annehmen, aber sollte auch in der Öffentlichkeit erklären, was es heißt, ein guter Administrator dieser Waren zu sein, denn die Kirche ist da, um den Volk zu dienen.

kath.net: Die Kirche feiert derzeit das Jahr des Glaubens, von Papst Benedikt ausgerufen. gibt es dazu in Tschechien gute Angebote?

Broz: Glücklicherweise überschneidet sich das Jahr des Glaubens mit dem großen Jubiläum des Beginns des Christentums in unserem Land. Denn dieses Jahr ist es genau 1150 Jahre her, dass Kyrill und Method in Mähren angekommen sind. Schon lange wird die offizielle Feier für den 5.7.2013 geplant, selbst die staatlichen und öffentlichen Institutionen werden sich daran beteiligen. Traditionell wird am Vormittag des 5. Juli die Hl. Messe in der Basilika von Velehrad gefeiert.

Wir können dieses Jahr des Glaubens also gemeinsam mit der 1150-Jahrfeier vereinen. Unsere Bischöfe haben ein spezielles Programm vorbereitet, viele Konferenzen, Wallfahrten… Es gab auch Pläne, den Heiligen Vater einzuladen - aber er war erst vor drei Jahren in der Tschechischen Republik, dafür sind wir sehr dankbar. Wir dürfen nicht noch eine weitere Reise in unser Land wegen seines Alters von ihm verlangen.

kath.net: Sie sind Exorzist. Wie sind Sie dazu gekommen und wie notwendig sind Exorzisten für die katholische Kirche?

Broz: Also ich habe eine Genehmigung Exorzismen durchzuführen, aber ich bin kein Exorzist im eigentlichen Sinn, weil es aufgrund meines Lehrstuhls an der Katholischen Fakultät der Karlsuniversität in Pragn nicht mein eigentlicher Beruf ist . Aber immer wenn ich dazu Zeit habe, führe ich Exorzismen durch.

Vor einigen Jahren habe ich begonnen für die Belasteten zu beten, für deren Befreiung habe ich im Gebet gesprochen. Viele Leute haben mich damals um Hilfe gebeten, für Orientierung, um Klarheit zu bringen und sie auf den richtigen Weg zu führen. Also habe ich einfache Gebete für diese Menschen gebetet. Dann kam eine Gelegenheit, es wurde mir vom Bischof die Genehmigung erteilt Exorzismen durchzuführen, wenn es nötig sei.

Die Durchführung von Exorzismen in der katholischen Kirche ist heutzutage sehr notwendig. Ich sage nicht, dass es eine Mehrheit der Leute besessen sind, aber es gibt eine Mehrheit der Leute, die nicht ganz in Form sind, sie brauchen Klarheit und Hilfe von denen die sich damit auskennen; viele Leute sind nicht besessen im eigentlichen Sinn, aber sie werden von bösen Geistern in einem geringeren Grad heimgesucht. Wir nennen es Belastung. Auch diese Menschen sind auf Hilfe von Gott angewiesen. Der geistliche Kampf gehört zu den wesentlichen Aufgaben der Kirche. Jesus hat seine Jüngern gesandt mit dem Auftrag: Das Evangelium zu predigen, Kranke zu heilen und Dämonen auszutreiben. Die Kirche muss diesem Grundstock, der vor allem ein Auftrag Christi ist, treu bleiben.

kath.net: Wie viele Menschen, die zu Ihnen kommen, sind psychisch krank und wie viele sind besessen und was ist der Unterschied? Was genau passiert bei einem Exorzismus?

Broz: Wenn ich sehe, dass die Leute psychisch krank sind, dann sende ich sie zu einem Spezialisten. Aber viele Menschen, die zu mir kommen, haben es dort bereits versucht und die Psychologen konnten ihnen nicht helfen und haben ihnen gesagt, sie sollen einen Priester aufsuchen. Oft sind die Symptome und Probleme der Besessenen die gleichen wie bei psychisch kranken Menschen, aber Grund und Wurzeln der Probleme sind unterschiedlich. Zuerst führe ich ein gewöhnliches Gespräch mit der kranken Person, und wenn ich mir sicher bin, dass er oder sie besessen ist, beginne ich zu beten. Schon bei den einfachsten Gebeten reagieren Besessene oft mächtig; alleine meine Anwesenheit als Priester macht sie sehr nervös.

Ich beginne langsam zu beten. Viele erfahrene Exorzisten haben mich gelehrt, einfach Ruhe zu bewahren, langsam und ruhig zu beten, und alles genau zu beobachten was geschieht.

Ich bete die Gebete, die von der Kirche vorgeschrieben sind; das heißt die Teile des Evangeliums, speziell den Prolog des Johannesevangeliums, die Psalmen, welche für diesen Anlass passend sind und Gebete, die speziell dafür da sind, um Dämonen auszutreiben.

Die Anzeichen der Besessenen sind sehr unterschiedlich; manche haben Schmerzen in Kopf, Bauch, Händen, Beinen etc., manche reagieren mit seltsamen Geräuschen, sie schreien, weinen; Manche fallen einfach zu Boden und haben keine Kontrolle mehr über ihren Körper. Es passieren die außergewöhnlichsten Dinge bei einem Exorzismus, weil sich der Teufel versucht zu wehren.

Zum Abschluss möchte ich nur eine Sache betonen, und zwar, dass das Gebet der Befreiung im Vertrauen in den absoluten Sieg Jesu Christi über dunklen Mächten ausgeübt werden soll.

Jaroslav Broz ist Lehrbeauftragter am Institut für Bibelwissenschaften, Karlsuniversität Prag. Er war 1988 in Hradec Kralove zum Priester geweiht worden. Studium und Promotionsstudium absolvierte er an er St. Cyril und Methodius Theologischen Fakultät in Prag, der Prager Karls-Universität, der Hebräischen Universität in Jerusalem und am Istituto Pontificio Biblico in Rom


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