Ein geistlicher und kirchenpolitischer Meilenstein

13. Juni 2013 in Kommentar


Der „Nationale Eucharistische Kongress“ und sein Medienecho. Ein Gastkommentar von Andreas Püttmann


Köln (kath.net) Das kurzfristige Medienecho auf den Kölner Eucharistischen Kongress fiel spärlich, aber meist freundlich aus, selbst bei bekanntermaßen kritischen Katholiken wie Daniel Deckers (FAZ) oder Theo Dierkes (WDR). Der Tenor vieler Beiträge hebt auf die gute, einladende Atmosphäre, die Reichhaltigkeit des Programms mit effektvollen Highlights auch für Randständige („lux eucharistica“) sowie die letztlich doch zufriedenstellenden Teilnehmerzahlen ab. „Stimmung prächtig – Glaube mächtig“, reimte Domradio-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen. Die Verantwortlichen von Bischofskonferenz und Erzbistum zeigten sich auf der Abschlusspressekonferenz und im vertraulichen Gespräch in bester Laune.

Wer an diesen fünf sonnigen Tagen – davor und danach regnete es – selbst eintauchte in das „EuKo“-Flair, wird kaum widersprechen können: Ja, dieses auf die Eucharistie hin fokussierte Glaubensfest war ein Erfolg. Es gab wertvolle geistliche Impulse für die persönliche Beziehung zu Gott, zur Kirche, zu den Mitmenschen. Angebot und Nachfrage waren „frömmer“ als die üblichen Kirchen- und Katholikentage, ohne dass gesellschaftliche und kirchenpolitische Aspekte ausgeblendet worden wären.

Beispielhaft dafür war Kardinal Meisners Abschlusspredigt über Gott als „die öffentlichste Sache, die es überhaupt gibt“: „Die heilige Eucharistie zeigt es uns deutlich: Es gibt keinen leiblosen Christus und folglich keinen weltlosen Gott und darum keine gottlose Welt. Wer im privaten und im gesellschaftlichen Leben Gott theoretisch oder praktisch ausklammert, der führt sich und die Menschen am Sinn des Lebens vorbei. Dieses Brot, die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit, wird zum Leib Christi. Die Büros, Fabriken und Arbeitsstätten und unsere Kirchen haben darum etwas miteinander zu tun. Die Montagehallen und die Kirchengewölbe gehören zusammen. (…) Gott braucht Arbeiter, Ingenieure, Ärzte, um sich in die Frucht ihrer Arbeit hinein vergegenwärtigen zu können. Indem Gottes Gebote normierend für die Welt der Arbeit sind, garantiert er uns, dass die Arbeit nicht zum Götzen deformiert, und schützt die Arbeiter vor Ausnutzung und Ausbeutung. Auch deswegen feiern wir den eucharistischen Herrn heute im Eucharistischen Kongress in aller Öffentlichkeit. Wir tragen ihn hinaus aus unseren Kirchen in die Welt der menschlichen Arbeitsstätten, um zu bekennen: Du bist auch der Herr unseres Lebens und unserer Arbeitswelt.“

Irritierend, dass Joachim Frank es im „Kölner Stadtanzeiger“ dennoch für nötig hielt, gegen „Prediger kirchlicher Ab- und Ausgrenzung der ,Welt’“ zu Felde zu ziehen und zu warnen: „Christen sollten sich von niemandem – am wenigsten von bischöflichen Hirten – eine Art geistlicher Persönlichkeitsspaltung andoktrinieren lassen. Christliches Leben ist ganzheitliche Existenz. Es sucht die innige Verbindung zu Gott, es pflegt die Beziehung zu den Mitmenschen, und es sorgt sich um die Gesellschaft. Christen hätten ‚den Auftrag, Gott zur Welt und die Welt zu Gott zu bringen’, hat Papst Franziskus der Kölner Versammlung in einer Grußbotschaft ausrichten lassen. Jede Abwertung der Welt um einer vermeintlichen Erhöhung Gottes – und der Kirche – willen verhindert die Erfüllung dieses Auftrags“. Wen auch immer der Großkommentator dabei vor Augen gehabt haben mag: Die Prediger und „bischöflichen Hirten“ dieser Kölner Tage treffen seine Belehrungen offenkundig nicht. Sein Vorwurf, „in der ,Mitte des Glaubens’ Fronten zu eröffnen und Demarkationslinien zu ziehen“, fällt auf ihn selbst zurück.

Allerdings, und das mag Frank ärgern, wurde die sonst erdrückende Dominanz gesellschafts- und kirchenpolitischer „Reizthemen“ im Selbst- und Fremdbild des deutschen Katholizismus durchbrochen. Darin war der Kongress geradezu erholsam, Balsam für die Seele nach den jahrelangen aufreibenden Debatten über Skandale und Irritationen, über die ausgelutschten Agenden wirklicher oder vermeintlicher Kirchenreform sowie einen Pontifikatswechsel, der den einen noch in den Knochen steckt und bei den anderen erste Anzeichen von Katerstimmung zeitigt.

Vor allem hat die katholische Kirche in Deutschland sichtbar das längst Vordringliche begonnen: eine Selbstmissionierung, um nicht zu sagen religiöse „Neualphabetisierung“ in der Form klassischer Katechese. Jeden Vormittag, in der Kernzeit der Konzentration von 10 Uhr bis 12.30 Uhr und flächendeckend in Kölns historisch „sprechende“ Kirchen verteilt, unterwiesen die Bischöfe das Volk Gottes vor der heiligen Messe in den Geheimnissen des Glaubens. Hier wurde „Lehramt“ sinnfällig erfahrbar – und kreativ gestaltet: Bischof Hanke etwa zog am Freitagmorgen in St. Pantaleon ein Brötchen aus seinem Habit und fragte, warum Jesus wohl gerade in Gestalt des Brotes unter den Menschen gegenwärtig bleiben wollte. Dann deklinierte er Glaube und Leben des Christen anhand des Weges vom Samenkorn zum Brot durch. Die Atmosphäre war dicht, Fragen und Zeugnisse füllten die zweite halbe Stunde vor der Messe. Sie wurde hier im byzantinischen Ritus zelebriert – eine liturgische Horizonterweiterung anderer Art nach den verbissenen Auseinandersetzungen über die lateinische Messe im außerordentlichen Ritus (die in Köln Weihbischof Dick täglich vor gefüllten Bänken zelebrierte). Auch Hankes Katechese füllte das Kirchenschiff, das „Publikum“ war gemischt, bei auffällig vielen jungen Erwachsenen.

Stark auch der Eindruck, dass – hochwasserbedingt fast – der gesamte Episkopat einschließlich mehrerer Emeriti anwesend war, während im Programm der Katholikentage durch Fremd- und Selbstselektion eben nur ein Teil der Bischöfe auftaucht. So wurde der Eucharistische Kongress auch zu einem Zeichen der Einheit gegen das elende Lagerdenken. Sicher, es gab auch hier gewisse bischöfliche Differenzen, die ausgerechnet als Dissonanzen im gesungenen Hochgebet des Schlussgottesdienstes sinnfällig wurden. Aber jeder war in Köln erwünscht und nahm seinen Platz ein, um die Brüder und Schwestern im Glauben zu stärken – auch wenn er, wie Kardinal Lehmann, in einer Pressekonferenz nach Argumenten für die Eucharistische Anbetung gefragt, selbst noch stärkungsbedürftig wirkte.

Kardinal Meisner gestand es in seinen Abschiedsworten offen ein: „Wir sind ja auch bloß Menschen. Uns stärkt der Glaube des heiligen Volkes Gottes. Und darum waren diese Tage für uns Bischöfe und Priester eine unglaubliche Stärkung im Glauben. Ihr wisst gar nicht, was Ihr für uns bedeutet! Ich bin jedenfalls jetzt stärker im Glauben als am Mittwoch, als ich Euch empfangen habe.“

Mit sichtlicher Zuneigung begrüßten die Kölner ihre früheren Weihbischöfe Woelki und Koch, die zusammen mit ihren Amtsbrüdern aus Hildesheim und Würzburg, zwei Kölner Weihbischöfen, Emeritus Dick und einem vierten „Auxiliarius in spe“ das Kölsche Kontingent zu stattlicher Größe anwachsen ließen. Die seit dem 12. Jahrhundert als „semper sedis Apostolicae fidelis filia“ (immer treue Tochter des Apostolischen Stuhles) bezeichnete Kirche von Köln hat ihren Einfluss und Rang unter dem Schlesier Joachim Meisner nicht nur als „Bischofsmacher“ behauptet – und durch die Wiederbelebung des fast schon vergessenen Formats „Eucharistischer Kongress“ noch einmal eindrucksvoll unterstrichen.

Die Kölner Tage sind in erster Linie ein geistlicher Meilenstein, aber in zweiter Hinsicht durchaus ein kirchliches Politicum: Einerseits vor einer Reihe wichtiger Personalentscheidungen in Erzbistum und Bischofskonferenz, andererseits im Vergleich zum Katholikentag, mit dem das ZdK jahrzehntelang ein Quasi-Monopol auf nationale Katholikentreffen hatte – und nicht immer integrativ und zukunftsweisend umgegangen ist. In Köln „entpuppten sich Referenten als Zugpferde, deren Namen selten oder nie auf Katholikentagen oder katholischen Akademien auftauchen“, stellte Regina Einig in der „Tagespost“ fest. Vielleicht gehen die Organisatoren des kommenden Katholikentags in Regensburg nun einmal in sich und überprüfen, ob sie nicht durch bewusste oder unbewusste Ausgrenzungsmechanismen zu einer Spaltung beigetragen haben, die unter anderem das „Forum Deutscher Katholiken“ entstehen ließ.

Die Bischofskonferenz täte jedenfalls gut daran, sich die erfolgreich eröffnete Option auf eigenständiges Handeln bei der Organisation nationaler katholischer Großveranstaltungen nicht wieder ausreden zu lassen. Zwar üben Laien längst eine wichtige Rolle in der geistigen Führung des deutschen Katholizismus aus – und zwar mehr als ämterlose, unabhängige Einzelne denn Organisationen. Vor allem in der Abwehr antikatholischer Kampagnen wurde dies überdeutlich, so dass Kardinal Meisners Predigtschluss (mit Teresa von Avila): „Wohlan, nun sei kein Feigling unter Euch!“ auch an die lieben Brüder im Bischofsamt gerichtet sein könnte. Doch wenn nicht alle Zeichen trügen, wird sich die schon in 10 bis 20 Jahren viel kleinere „Herde“ der wirklich Gläubigen in einem von Materialismus und zeitgeistsynchronisiertem Kulturprotestantismus als Zivilreligion dominierten Land wieder mehr um ihre Hirten scharen. Schon jetzt hat eine einzelne markante Bischofspredigt mehr Chancen, gehört zu werden, als irgendeine Resolution des Zentralkomitees.

Es wäre allerdings unaufrichtig, eine ausschließlich positive Bilanz des Kölner Kongresses zu ziehen. Als 2005 auf dem Petersplatz in Rom der Wind in den Seiten des Evangeliums auf dem Sarg Papst Johannes Pauls II. blätterte, berührte dies viele Gläubige und Nichtgläubige als ein Sinnbild für Gottes unsichtbare Hand, für sein sanftes und mächtiges Wirken durch eine einzelne christliche Biographie. Man konnte sich nun beim Abschlussgottesdienst im Rheinenergiestadion an dieses Bild erinnert fühlen, als der Wind in den Liedzetteln auf leeren Stuhlreihen vor der Mitwirkenden-Tribüne blätterte und einige davon zu Boden wehte. Es schmerzte, sich da des Schriftwortes zu erinnern: „Von denen, die du mir gegeben hast, habe ich keinen verloren gehen lassen“ (Joh 18,9). Von den 50.000 Stadionplätzen waren etwa 40 Prozent besetzt. Und das in einem Ballungsraum mit 2 Millionen Katholiken allein in der Erzdiözese Köln, von denen statistisch gesehen rund 200.000 an jenem Sonntag den Gottesdienst besucht haben müssten. Ganz abgesehen von der guten,Tagesausflugs-kompatiblen Erreichbarkeit des Ortes aus den Nachbardiözesen.

Eine ehrliche Analyse darf daher nicht verschweigen, dass der Eucharistische Kongress auch traurige Sachverhalte beleuchtet hat: Erstens die Ermattung und geistliche Auszehrung des deutschen Katholizismus, die den eucharistischen Glauben in besonderer Weise betrifft. Bis weit in den Klerus, die Theologischen Fakultäten und die katholische Publizistik hinein bringen selbst Hauptamtliche und Mitglieder kirchlicher Kerngemeinden kein lehrkonformes Verständnis für die Sakramente der Eucharistie, der Buße und der Priesterweihe mehr auf. Kein Wunder, dass die „Ewige Anbetung“, von katholischen „Reformgruppen“ als „Frömmigkeitsform des 19. Jahrhunderts“ musealisiert, in vielen Gemeinden ein von älteren Gläubigen mühsam aufrecht erhaltenes Schattendasein fristet.

Aber auch die Eucharistiefeier wurde vom „Heiligen Messopfer“ zum puren Erinnerungsritus oder zur Gemeinschaft stiftenden Symbolhandlung herunter rationalisiert, die man dann gefälligst auch mit dem protestantischen Abendmahl fusioniert sehen möchte. Vor diesem Glaubenshintergrund musste schon die Ankündigung eines „Eucharistischen Kongresses“ als reaktionär verdächtigt werden. Jedenfalls nicht als Ereignis, für das man sich in Bewegung setzt, ein Wochenende „opfern“ oder gar einen Tag arbeitsfrei nehmen könnte.

Hinzu tritt ein zweites Moment der Obstruktion: Das im deutsch-katholischen Mainstream verbreitete Ressentiment gegen den als „erzkonservativ“ wahrgenommenen Kölner Kardinal, selbst unter manchen seiner eigenen Diözesanpriester und bis in die Bischofsränge hinein, vom ZdK ganz zu schweigen. In ganzen Gemeinden blieb die Einladung zu diesem großen geistlichen Ereignis deshalb ohne Resonanz, weil sich Pfarrer und Gremienmeinungsführer einer beherzten Werbung vor Ort verweigerten und den Kongress als „Meisners Abschiedsparty“ verspotteten. Gegen so ein geistloses Niveau ist kein Kraut der Organisation gewachsen, selbst wenn das reichlich spät präsentierte Gesamtprogramm früher zur Verfügung gestanden hätte. Und so kamen aus manchen Dekanaten ganze Busladungen von Gläubigen, aus anderen kaum jemand. Ebenso bezeichnend das Zeugnis eines Geistlichen, der abfällig anmerkte, solange keine Frauen der Eucharistiefeier vorstehen dürften, würden seine Katholiken doch lieber zum evangelischen Kirchentag gehen.

Mit diesem Junktim dürfte er näher an der geistlichen Realität liegen als Joachim Frank, der im „Kölner Stadtanzeiger“ phantasierte: „Dieselben Teilnehmer, die sich von Kardinal Meisners Einladung angesprochen fühlten, vor Jesus Christus in Gestalt des eucharistischen Brotes niederzufallen und ihn anzubeten – sie applaudierten lautstark der Forderung, dass die Wandlung der Hostie in den Leib Christi künftig auch von Frauen vollzogen werden möge.“ Umfrageanalysen im MDG-Trendmonitor 2010 zum religiösen Profil von „kritischen Kirchenverbundenen“, die sich unter den dort unterschiedenen sechs Katholikentypen am meisten für umstrittene „Themen wie Abtreibung, Zölibat, Frauenpriestertum“ interessieren, deuten auf das Gegenteil hin: Die „Kritischen“ schneiden bei fast allen Indikatoren der Religiosität schlechter ab als die „gläubigen Kirchennahen“, und dabei bildet die Anbetung des Allerheiligsten sicher keine Ausnahme. Franks Behauptung mag im Einzelfall zutreffen; sie als Regel zu präsentieren, zeugt wiederum exakt von dem, was er anderen vorwirft: „Selbstbetrug, im schlimmeren Fall Irreführung“. Jedenfalls dann, so seine Polemik, wenn „Kardinal Meisner glauben sollte, durch bischöfliches Mitschunkeln würde ein religiös unmusikalisches Leben-Liebe-Lust-Gefühl gewissermaßen geweiht und eingemeindet“. Hält er den streitbaren Kölner Erzbischof wirklich für so anbiedernd und oberflächlich?

Man mag jedem Katholiken seine persönlichen und theologischen Affinitäten und Abneigungen zugestehen. Niemand hat Gott in der Westentasche, von dem die Heilige Schrift (Jes 55,7) sagt, dass seine Gedanken so viel höher über den unsrigen sind „wie der Himmel über der Erde ist“. Lehrdissens, Streit und Parteiungen gehören seit den Anfängen zum Leben der Kirche – und im rechten Maß und Stil sogar zu ihrer Vertiefung im Glauben, zu ihrer Vitalität. Sie sollten jedoch – zumal im geistlichen und publizistischen Dienst – nicht zum Verlust jeder Fairness durch Erstarrung in Feindbildern führen und dürfen vor allem nicht über das große Ganze gestellt werden. Beim „Eucharistischen Kongress“ ging es nicht um den Kardinal, sondern ein unzweifelhaft legitimes Herzstück katholischen Glaubens, um ein einladendes Zeugnis gegenüber einer zunehmend gottvergessenen Gesellschaft und auch um ein öffentliches Bekenntnis zur Kirche, zumal die in Deutschland dem stärksten säkularen Anpassungsdruck und den heftigsten Anfeindungen seit den dreißiger Jahren ausgesetzt ist.

Der „Kölner Stadtanzeiger“ mag die 20.000 Gottesdienstteilnehmer vom Sonntagmorgen in einer Überschrift zu „mehreren Tausend“ herunter mogeln (die Realzahl kam ins Kleingedruckte) und die „800 Programmpunkte für 8000 Dauerteilnehmer reichlich überdimensioniert“ finden, als wenn nicht auch 13.000 eingeschriebene Tagesteilnehmer, 2500 Mitwirkende und Tausende nicht angemeldete Besucher etwa des „Lux eucharistica“ im Dom sowie der zahlreichen Gottesdienste und Katechesen die Veranstaltungen bevölkerten. Die Gesamtzahl von deutlich über 40.000 Teilnehmern wurde der Zählweise von Katholikentagen entsprechend errechnet. Wer selbst so manipulativ selektiv mit Zahlen spielt wie Frank, der erscheint nicht berufen, den Organisatoren „allerlei Jonglage“ bei den Teilnehmerzahlen vorzuwerfen.

Allzu demagogisch und krampfhaft konstruiert ist auch, dass Frank den „notorisch Rechtgläubigen“ ihre Kritik an einer „Anbiederung an den Zeitgeist“ zurückgibt, nur weil im Kölner Kulturprogramm auch populäre Künstler wie die „Höhner“ oder „Kasalla“ auftraten. Mit einem „Ausverkauf des Katholischen“ hat das natürlich rein gar nichts zu tun. Und den Kongress als eine (allerdings misslungene) „machtvolle Vorstellung des Kernkatholizismus“ zu rubrizieren, wird den vorrangigen Intentionen der Veranstalter sicher nicht gerecht. Es zeugt eher von der „Denke“ des Autors selbst, ebenso wie seine Diktion, die Kirche müsse „anschlussfähig“ bleiben. Talleyrands Devise: „Wo ist das Volk, ich muss ihm nach, ich bin sein Führer“ wäre als missionstheologische Maxime nicht nur ganz und gar unbiblisch, sondern auch unbrauchbar, wie das Schicksal der seit 1950 um 44 Prozent geschrumpften – obwohl ideologisch wahrlich „anschlussfähigeren“ – deutschen evangelischen Kirche zeigt.

Dass mediale Polemiken und Ratschläge wie die des „Kölner Stadtanzeigers“ die katholische Konfession auch künftig begleiten werden, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Umso wichtiger erscheint, dass die Kirchenleitung mit ihren immer noch üppigen finanziellen Mitteln Raum für eine „Gegenöffentlichkeit“ schafft, in dem Gläubige und religiös Suchende zu den Quellen authentisch christlichen Lebens vordringen und sich auch in größerer Gemeinschaft bei geistlichen Kongressen orientieren, vernetzen und gegenseitig stärken können. Dies war in den Kölner Tagen auf eine so vielfältige, wirklich existentiell berührende Weise möglich – vom gut besuchten Beichtgarten über die nachdenkliche Feierstunde zu 50 Jahren „Sacrosanctum Concilium“ bis zur Vorführung von Papst Franziskus’ Lieblingsfilm „Babettes Fest“ –, dass alle Verantwortlichen über eine Fortsetzung nachdenken sollten. Dabei könnte der theologische Schwerpunkt durchaus wechseln (Liturgie, Mission, Sakramente, Ökumene?). Einem auf gesellschaftliche Fragen fokussierten Katholikentag muss das nichts wegnehmen, es könnte sogar helfen, sein eigenes Profil wieder zu schärfen.

kath.net-Buchtipp:
„Gesellschaft ohne Gott“. Risiken und Nebenwirkungen der Entchristlichung Deutschlands
Andreas Püttmann
Gebunden, 288 Seiten
Gerth-Medien 2010
ISBN 978-3-86591-565-8
18,50 Euro

Bestellmöglichkeiten bei unseren Partnern:

- Link zum kathShop

- Buchhandlung Christlicher Medienversand Christoph Hurnaus:
Für Bestellungen aus Österreich und Deutschland: [email protected]
Für Bestellungen aus der Schweiz: [email protected]
Alle Bücher und Medien können direkt bei KATH.NET in Zusammenarbeit mit der Buchhandlung Christlicher Medienversand Christoph Hurnaus (Auslieferung Österreich und Deutschland) und dem RAPHAEL Buchversand (Auslieferung Schweiz) bestellt werden. Es werden die anteiligen Portokosten dazugerechnet. Die Bestellungen werden in den jeweiligen Ländern (A, D, CH) aufgegeben, dadurch entstehen nur Inlandsportokosten.

Auf kathtube finden sich viele Videos zum Eucharistischen Kongress, z.B. Lux Eucharistica


Weihbischof Klaus Dick - Eucharistie im Leben und Denken des Seligen John Henry Newman - Vortrag


Foto © Andreas Püttmann


© 2013 www.kath.net