Die stille Kirche - wie angenehm und wie egoistisch

18. Juni 2013 in Kommentar


Sooft es uns möglich ist trudeln wir gemeinsam mit unseren Kindern in die Kirche ein. Doch, ooh, was dürfen wir hier erleben? Ein Gastkommentar von Theresa Wächter


Linz (kath.net) Wie geht es Ihnen mit Kindern in der Kirche? Je mehr Kinder ich habe, desto mehr Probleme habe ich, meinen katholischen Glauben mit Kindern zu vereinbaren. Ich habe jedes Mal das Gefühl Kinder, also normale Kinder (!) sind in der Kirche unerwünscht, und die Mitgläubigen geben mir das Gefühl ich würde sie durch die Anwesenheit meiner Kinder bestrafen wollen!

Was tun? Als Familie versuchen wir christliches Leben, also Offenheit für Kinder zu leben, Verneinen die Abtreibung, und wie bei der Hochzeit und Taufe versprochen unseren Kindern auch religiöse Praxis zu weiterzugeben. Wir unterrichten unsere Kinder in der lebendigen Liebe Gottes und in der Nächstenliebe der Christen zu anderen Menschen. Sooft es uns möglich ist trudeln wir gemeinsam in die Kirche ein.

Ooh, was dürfen wir hier erleben? Es ist soweit, dass unsere zwei Mittleren nicht mehr an einen liebenden Gott und liebe Christen glauben.

So geschah es während einer Christmette, bei der eine Frau schimpfte, sie könne sich wegen der Kinder nicht auf das Kind in der Krippe konzentrieren: eine hölzerne „tote Puppe“ gegen ein Wesen aus Fleisch und Blut! Jeden Sonntag versuchen wir Eltern krampfhaft die Kleinen eine Stunde lang stillzuhalten, sie in das Geheimnis Christi einzuführen; umsonst, die Kinder können kaum den Moment erwarten, die Kirche wieder zu verlassen. Wir, Eltern, frustriert, völlig entnervt und schweißgebadet wanken hinterdrein.

Ich will unseren familiären sonntäglichen Messbesuch eins werden lassen mit dem großgeschriebenen „JA für das LEBEN“, seitlich äußerst lobenswerter kirchlicher Propaganda! Ich will nicht das Erhalten des Friedensgrußes abhängig sein lassen, vom brav und still Sein meiner Kinder während der Hl. Messe.

Sondern danach: „Hattet ihr Freude in der Hl. Messe?“ „Habt ihr Gottes Liebe erfahren dürfen?“

Sehen Sie die Nuance!

Wissen Sie wer das Sagen hat in Kirchen Südamerikas, in den Kirchen des jetzigen Papstes? Die Kinder und die Freude!!!

Wissen Sie, wenn wir nicht unseren Glauben neu entdecken und die tiefe Wahrheit des sprühenden Lebens erkennen, begraben wir unsere Kirche in einer echten Stille, die des Todes.

Natürlich liebe auch ich die Stille, ich liebe Ruhe. Ich mag keine Störungen, am liebsten lebe ich tief in meinen Herzen allein im Gespräch mit Gott.

Wenn da nicht ständig die anderen wären, auch meine eigenen Kinder.

Kinder zu haben ist für mich eine GROSSE Schwierigkeit, auch mich stören sie EXTREM im meinem Alleinseinwollen mit Gott. Ich habe wirklich manchmal Probleme, Kinder als „Geschenk“ anzunehmen. Was für ein „Geschenk“ ist das, das mir so viel innere Anspannung, schiefe Blicke, Kritik und dazu gleich extreme tägliche Anstrengung beschert?!

Ja, ich beneide die Kontemplativen, die ungestört und stundenlang beten können.

ABER ist das christlich??? Ist das, was Jesus wollte? Das ungestörte Leben? Wenn ich wirklich die absolute Stille ersehne, würde nicht das Grab besser zu mir passen als das Leben?? Ist die Anwesenheit Gottes besser gewährleistet in der Stille? Flieht Gott vor dem Herumbrabbeln von Kindern? Flieht ER das Geschrei???

Sollte ich nicht beten lernen mit Kindern, bei Kindern, um Kinder herum? Wenn das meine Aufgabe ist, die Kinder zu Gott zu führen, warum sollte ich nur beten können OHNE Kinder? Warum ist Kirche nur für brave, schlafende Kinder?

Entfernen wir uns nicht von Gott, wenn wir uns das Ungestört Sein wünschen?

Ist es das was Gott wollte, so zu leben, dass wir einander nicht spüren???

Und ich muss zugeben ich habe es satt!!! So geht es nicht, ich brauche etwas mehr Kooperation seitens der Mitchristen!

Kinder sind nicht UNSER Eigentum, schon gar nicht unser Erzeugnis, sie sind ein Geschenk an alle, an alle Menschen! Können wir es annehmen? Wissen wir eigentlich, was wir damit anzufangen haben?

Kennen Sie Predigten über die Würde des Menschen? Besonders die über die Würde der Schwachen und Kleinen? Aber was verstehen wir unter Schwachheit? Nur die Stillen, Wehrlosen?

Nun das bedeutet es eben nicht: Schwachheit ist ein Zeichen besonders starker Persönlichkeiten. Und genau das haben eben Kinder zu bieten!

Starke Persönlichkeiten sind seit jeher eine Herausforderung!

Hinzugehen oder Davonlaufen?

Lehrte uns nicht Jesus oder Franziskus gerade dieses liebevolle Zuwenden, das Hinwenden zu Kranken, Schwachen, Kindern? Wie Jesus (Mk 10,16) können wir diese Kinder (wenn es auch nicht unsere eigenen sind) in die Arme nehmen! Mit ihnen ganz nach vorne zum Allerheiligsten gehen, sie vor das Geheimnis Gottes führen!

Es würde unsere Herzen so verändern!

Es gibt Priester, die zugeben, dass sie große Schwierigkeiten hätten das Messopfer zu feiern, wenn Kinder allzu sehr stören! Und?! Wie geht es den Müttern?? Sind für sie die Kinder etwa eine Erleichterung bei der täglichen Haushaltspflichterfüllung? Auch wir mussten lernen mit ihnen umzugehen! Es ist eine größere (spirituelle) Leistung mit Kindern am Rockzipfel und am Arm zu arbeiten, als mit beiden Händen etwas zu vollbringen. Kinder sind wichtiger als der perfekte Haushalt!! Und nicht nur das: Es ist wichtiger, dass der Mensch (in dem Fall das Kind) einen liebevollen authentischen Glauben vorgelebt bekommt, als eine perfekt fehlerfrei gelesene Messe!!!

Genau darin liegt der Fehler: Die Gläubigen brauchen die Stille während der Hl. Messe mehr um sich die Worte des Priesters zu konzentrieren, als auf ihr Herz! Worte sind Windhauch, gute Taten bleiben! Nie werde ich den Priester vergessen, der das kleine Kind, das im Altarraum während der Predigt „herumturnte“ hochnahm, und in die Predigt einbaute. Was für eine berührende und so tröstende Geste!

Liebe Christen, auch bzw. gerade in der Messe und Kirche gilt das Gebot der Nächstenliebe!!! Also Hilfe leisten wo Hilfe nötig! Also Gemeinschaft statt EXCLUSIVITÄT (von Kindern) leben! Also Kirchen FÜR das Leben und die Familien, geistig sowohl auch praktisch!

Ich würde die Spiritualität Jesu (jetzt nun nach einigen Jahren Erfahrung als Mutter), die Spiritualität des lebendigen Lebens nennen. (Vielleicht ein Thema für eine nächste Enzyklika?)

Wann wird diese Spiritualität umgesetzt in der hl. Messe? Es gibt sogar einen Priester, der mir vorschlug die (getauften) Kinder erst ab dem Alter von vier Jahren in die Hl. Messe mitzunehmen!! Auch hört man das Argument, Kleinkinder seien von der Sonntagspflicht befreit! Was?? Die Messe nur für die „brave“ Elite?? Ich möchte betonen, dass die Messe NICHT der Ort für das stille persönliche Gebet ist; sie ist unsere Schule, wo wir am Beispiel Jesu das Christ-Sein erlernen dürfen. Und mehr noch: Die Hl. Messe ist ein FEST!

Es gibt Pfarreien, die kamen auf die glorreiche Idee, die Messe per TV im Nebenraum zu übertragen, wo sich die Kinder mit Malsachen und Gummibärchen beschäftigt halten können, während die Eltern die Messe am Bildschirm mitverfolgen können! Ist das Kirche, wie wir es unseren Nachkommen vermitteln wollen? Vermittelt das Lebendigkeit? Vermitteln wir so HEILIGE Messe? Fördert das die Gemeinschaft und Verbundenheit innerhalb der Familie?

Alle Verfechter der ungestörten Messe, lade ich ein diese Nebenräume zu frequentieren, während sich die Familien Kinder, also eventuell auch zukünftige Priester, Ordensfrauen, Kardinäle und auch Päpste direkt am Ort des eucharistischen Geschehens aufhalten müssen! In ihnen liegt die Zukunft!

Eine weise Mutter sagte mir einmal, die Kinder sollen sich an keinen einzigen Sonntag erinnern können ohne Heilige Messe. Ich bin sogar dafür sie sollen sich an keinen Sonntag erinnern können, ohne die Freude der Hl. Messe miterlebt haben zu dürfen.

Mag. Theresa Wächter

Die Segnung der Kinder:
Da brachte man Kinder zu ihm, damit er ihnen die Hände auflegte. Die Jünger aber wiesen die Leute schroff ab. Als Jesus das sah, wurde er unwillig und sagte zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran! Denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes. Amen, das sage ich euch: Wer das Reich Gottes nicht so annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. Und er nahm die Kinder in seine Arme; dann legte er ihnen die Hände auf und segnete sie.




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