Dieser Papst hält auf Trab

27. Juli 2013 in Kommentar


Franziskus in Rio: Chaos in der Stadt, Jubel bei den Pilgern. Von Thomas Milz (KNA)


Rio de Janeiro (kath.net/KNA) Die Teilnehmer des Weltjugendtags in Rio de Janeiro lassen ihre Stimmung nicht trüben - auch wenn die Organisatoren von einem Problem ins nächste stolpern. Vorläufiger Höhepunkt war die Verlegung der Vigil und der Abschlussmesse von dem im Morast versunkenen Areal in Guaratiba an den Strand von Copacabana. Die Stadtverwaltung habe lange absehbare Probleme ignoriert, schreiben Zeitungen. Die Rede ist von einem «Weltjugendtag des Organisationschaos».

«Ticketrestaurant?», fragt ein Pilger aus den Niederlanden an einem Kiosk. Der Mann hinter der Theke versteht nicht. «Wir suchen schon seit Stunden nach einem Restaurant, das unsere Verpflegungsgutscheine akzeptiert,» klagt der junge Mann. Immerhin fährt die U-Bahn. Pannen hatten sowohl am Dienstag wie auch Mittwoch den öffentlichen Transport teilweise zum Erliegen gebracht. Dazu kommen übervolle Busse und fehlende Taxis. Man braucht Geduld bei diesem Weltjugendtag. «Ist trotzdem alles super», sagt der Niederländer. Pfadfindergeist lässt sich nicht so leicht entmutigen.

Den Organisatoren hingegen verpasste der tagelange Regen den ultimativen Tiefschlag. Am Donnerstagnachmittag mussten sie bekanntgeben, dass die im 40 Kilometer entfernten Guaratiba geplanten Abschlussfeiern an die Copacabana verlegt werden. Eine Übernachtung auf dem sumpfigen Gelände sei den Teilnehmern nicht zumuten, und ungesund sei es auch. Damit fällt ein wesentlicher Erlebnisteil weg: die gemeinsame Pilgerfahrt hinaus ins Grüne und das Kampieren unter freiem Himmel.

Die nötige Infrastruktur für eine Übernachtung von etwa 1,5 Millionen Menschen innerhalb eines Tages an der Copacabana aufzubauen, wäre schon logistisch kaum möglich. Außerdem ist das Nächtigen an dem legendären Strand generell verboten, weil zu gefährlich. Das Abendgebet mit anschließendem Schlafsacklager sollte auch ein besinnliches Erlebnis inmitten der abgeschiedenen Natur von Guaratiba werden. Neben der vierspurigen Straße entlang der Copacabana hat das wenig Sinn. Der mondäne Stadtteil gilt als dichtbesiedeltster Fleck auf Erden. Natur pur ist anders.

Die Probleme hätte man kommen sehen müssen, kritisieren Rios Zeitungen. Und vermuten, dass es der Stadtverwaltung letztlich lieb sei, dass Guaratiba ins Wasser gefallen ist. Bis zu zehn Stunden hätte die An- und Abfahrt der erwarteten zwei Millionen Pilger gedauert, die letzten 13 Kilometer hätten sie zu Fuß zurücklegen müssen, wobei sie an mehreren Slumvierteln vorbeigekommen wären. Diese sollten eigentlich vorsorglich von der Polizei besetzt werden, denn der Westen Rios ist teilweise in der Hand von bewaffneten Milizen. Passiert ist aber nichts.

Dass das Papstfeld in einem Sumpfgebiet liegt, war auch kein Geheimnis. Über zehn Millionen Euro wurden allein für den Bau von Entwässerungsgräben ausgegeben. Doch den tagelangen Regen packte die Drainage nicht. Wer fragt, was der Aufbau der gigantischen Altarbühne, der über 80 Video- und Soundtürme, der 4.400 Chemie-Klos und der 15 Erste-Hilfe-Zelte gekostet hat, bekommt von den Behörden keine Antwort. Schätzungen gehen auf über 100 Millionen Euro.

Geld scheint vorhanden, allein es gebricht an der Planung. Das zeigte sich bereits Tage vor dem Weltjugendtag. Ankommende Gäste benötigten Stunden, um ihre Pilgerrucksäcke abzuholen, vielen wussten bei ihrer Ankunft in Rio noch nicht, wo sie untergebracht werden. Selbst der Papst entging nicht den Organisationslücken. Auf dem Weg vom Flughafen zur Staatspräsidentin lotste ein unseliger Polizist das Kirchenoberhaupt in einen Stau. Auch der Tross der Vatikankorrespondenten entging dem Chaos nicht. Mangelhaft informierte Sicherheitskräfte machten für die Journalisten den Weg durch die Stadt zur Pilgerreise.

Eine gewisse Mitschuld daran hat allerdings Franziskus selbst. Er baue schon gerne einmal neue Programmpunkte in seine Agenda ein; nicht zuletzt für Rios Polizei und die Organisatoren sei es schwierig, der Spontaneität des Heiligen Vaters zu folgen, ließ Vatikansprecher Federico Lombardi durchblicken. «Der Papst hat soviel Schwung, dass er uns stresst», scherzte der Jesuitenpater. «Selbst mich überrascht er oft mit seiner Energie.»

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