Diskriminiert Berliner Bezirksparlament religiöses Bürger-Engagement?

21. August 2013 in Deutschland


Berlin: Auf Antrag der Piratenpartei wird Kreuzberger Bürgermedaille nicht mehr für Engagement vergeben, das im Rahmen einer religiösen Gemeinschaft erfolgt. Von Petra Lorleberg - UPDATE: Stellungnahme der Vorsitzenden des Bezirksparlaments


Berlin (kath.net/pl) Die Bürgermedaille des Bezirks Kreuzberg (Berlin) wird seit 2013 nicht mehr für Engagement vergeben, das im Rahmen einer religiösen Gemeinschaft erfolgt. Dies hat das Bezirksparlament auf Antrag der „Piraten“ bereits im Frühjahr 2013 beschlossen, wie erst jetzt bekannt wird. Die Piraten hatten ihren Änderungsantrag damit begründet, dass Religion „nicht zu Friedrichshain-Kreuzberg“ passe. Der Antrag war angenommen worden. Darüber berichtete die „Berliner Zeitung“.

Der Vorgang gelangte erst jetzt an eine größere Öffentlichkeit. Gunnar Schupelius, Mitglied der Chefredaktion der „Berliner Zeitung“, weist in einem Kommentar darauf hin, dass in diesem Jahr „tatsächlich kein religiös profilierter Bürger eine Medaille“ bekommen hatte. Nach seinen Angaben hat der stellvertretende Superintentend des Evangelischen Kirchenkreises Stadtmitte inzwischen an Kristine Jaath, Vorsteherin des Bezirksparlaments, geschrieben: „Seitens der evangelischen Kirche gestalten weit über tausend Bürgerinnen und Bürger unseres Bezirkes dessen öffentliches Leben aktiv mit und sollten (…) nicht von der Verleihung der Bezirksmedaille ausgeschlossen werden.“ Er weist darauf hin, dass noch kein Protest von den Muslimen des Bezirks kam, doch werde dieser „sicherlich“ folgen, „denn sie werden sich ebenfalls diskriminiert fühlen müssen“.

Schupelius zitiert abschließend den Artikel 4,2 des Grundgesetzes: „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet“ und kommentiert: „Friedrichshain-Kreuzberg, so scheint es mir, liegt jetzt etwas außerhalb unserer Verfassung“.

Bereits im März hatte sich das Abgeordnetenhaus Berlin mit diesen Vorgängen beschäftigt (vgl.: Abgeordnetenhaus Berlin, Plenarprotokoll der Sitzung vom 21.3.2013, S. 2719ff). Der Staatssekretär für Kultur, André Schmitz (SPD) antwortete auf Anfrage, dass er „der festen Überzeugung“ sei, „dass auch weiterhin natürlich die in den Religionsgemeinschaften ehrenamtlich Tätigen mit der Verdienstmedaille des Bezirks ausgezeichnet werden können. Eine andere Vorgehensweise kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Unabhängig davon wissen wir beide natürlich aber auch, dass die Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, dies in erster Linie nicht wegen der Medaille tun, sondern weil sie für die Sache brennen.“ Auf Nachfrage nannte er es dann „allerdings verwunderlich, warum in der ursprünglichen Fassung das Wort ‚Religion‘ ausdrücklich drinstand und anschließend offensichtlich gestrichen worden ist. Das bleibt schon in der Tat nachfragenswürdig.“

UPDATE:

„Die Behauptung, die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Friedrichshain-Kreuzberg würde die Bezirksmedaille nicht mehr an Bürgerinnen und Bürger verleihen, die sich in einer religiösen Gemeinschaft engagieren, ist falsch.“ Unter diesem Titel erschien am Mittwoch, den 21.8.2013, die Pressemeldung mit der Stellungnahme der Vorsteherin der Bezirksverordnetenversammlung, Kristine Jaath. Ausdrücklich wies sie darauf hin, dass „selbstverständlich“ auch religiöse Menschen mit der Bezirksmedaille geehrt werden könnten. Dabei sei einziges Kriterium für die Auszeichnung, dass sich Personen „im ehrenamtlichen Engagement um Friedrichshain-Kreuzberg und seine Bewohnerinnen und Bewohner besonders verdient gemacht haben. Dies kann in allen möglichen Bereichen geschehen, wie zum Beispiel Jugend und Familie, Soziales, Kultur, Sport, Bildung und vielem anderen mehr“.

Dagegen solle nicht Kriterium sein, „sich um eine bestimmte Religion besonders verdient gemacht zu haben“, denn „welche Religion besonders auszeichnungswürdig ist, kann nicht Gegenstand der Beratung für die Verleihung einer Bezirksmedaille sein. Es würde gegen die gebotene staatliche Neutralität gegenüber Weltanschauungen verstoßen.“


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