Papst nennt Schiffsunglück vor Lampedusa «eine Schande»

3. Oktober 2013 in Aktuelles


«Wenn wir von Frieden und einer unmenschlichen Weltwirtschaftskrise sprechen, die ein Symptom für fehlenden Respekt gegenüber dem Menschen ist, dürfen wir die vielen Opfer des erneuten Schiffsunglücks heute im Meer vor Lampedusa nicht vergessen»


Vatikanstadt (kath.net/KNA/red) Papst Franziskus hat das tragische Schiffsunglück vor Lampedusa als «Schande» bezeichnet, für das die Welt sich schämen sollte. «Wenn wir von Frieden und einer unmenschlichen Weltwirtschaftskrise sprechen, die ein Symptom für fehlenden Respekt gegenüber dem Menschen ist, dürfen wir die vielen Opfer des erneuten Schiffsunglücks heute im Meer vor Lampedusa nicht vergessen», sagte er bei einer Audienz am Donnerstag. «Es ist eine Schande. Bitten wir Gott für die Toten, für die Männer, Frauen und Kinder, für die Familienangehören, für alle Flüchtlinge», sagte er bei einer Gedenkveranstaltung anlässlich des 50. Jahrestags der Friedens-Enzyklika «Pacem in terris» von Johannes XXIII. Vereinen wir unsere Anstrengungen, damit sich solche Tragödien nicht wiederholen. Nur eine entschlossene Zusammenarbeit aller kann zur Vorbeugung beitragen», sagte der Papst in einer Ansprache.

Franziskus nannte „Pacem in terris“ beschämenderweise immer noch aktuell. In dem halben Jahrhundert nach 1963 seien zwar „Mauern und Hindernisse gefallen“, aber nach wie vor brauche die Welt Frieden, so der Papst, wie Radio Vatikan berichtete.

Franziskus sagte wörtlich: „,Pacem in terris‘ wollte nicht die Aussage treffen, es sei Aufgabe der Kirche, konkrete Anweisungen über Themen zu geben, die in ihrer Vielschichtigkeit der freien Diskussion überlassen werden müssen. Bei politischen, wirtschaftlichen und sozialen Themen ist es nicht das Dogma, das praktische Lösungen vorgibt, sondern eher der Dialog, das Zuhören, die Geduld, der Respekt des Anderen, die Aufrichtigkeit und auch die Bereitschaft, die eigene Meinung zu überdenken. Im Grund zielte der von Johannes XXIII. lancierte Appell darauf, die internationale Debatte auf diese Tugenden hin auszurichten.“

Auch wies der Papst darauf hin, dass „Pacem in terris“ die bis heute berühmteste Friedensenzyklika des päpstlichen Lehramtes sei. Johannes XXIII. habe sie geschrieben, als die Welt am Rand des ersten Atomkrieges stand. Dabei habe er die Enzyklika erstmals an „alle Menschen guten Willens“ gerichtet, nicht nur an Kirchenleute, da alle Menschen gleichermaßen am Frieden mitzubauten, indem sie sich für Gerechtigkeit und ganzheitliche menschliche Entwicklung einsetzten.

Dann mahnte Franziskus: „Mit Blick auf unsere aktuelle Wirklichkeit frage ich mich, ob wir die Lektion von ,Pacem in terris‘ verstanden haben. Ich frage mich, ob die Worte Gerechtigkeit und Solidarität nur in unserem Wörterbuch stehen oder ob wir alle daran arbeiten, dass sie Wirklichkeit werden. Die Enzyklika von Johannes XXIII. erinnert uns klar daran, dass es keinen echten Frieden und keine Harmonie geben kann, wenn wir nicht ... Egoismen, Individualismen, Gruppeninteressen überwinden, und das auf allen Ebenen.“

Die Menschenwürde jeder einzelnen Person bilde die Basis des Friedens, die immer zu respektieren sei, so Franziskus ein. Dies gehe über bloße zivile und politische Rechte hinaus: „Man muss auch jedem den Zugang zu grundlegenden Mitteln der Selbsterhaltung geben, Nahrung, Wasser, Unterkunft, medizinische Versorgung, Bildung und die Möglichkeit, eine Familie zu gründen und zu unterhalten. Diese Ziele haben unaufschiebbare Priorität im nationalen und internationalen Handeln und messen dessen Qualität. Von ihnen hängt ein dauerhafter Frieden für alle ab“, so zitierte Radio Vatikan den Papst weiter.


Papst Franziskus bei seinem Besuch auf der Flüchtlingsinsel Lampedusa im Sommer 2013


Im Gedenken an die verstorbenen Flüchtlinge hatte Franziskus diesen Kranz vor Lampedusa ins Meer geworfen (Sommer 2013)


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