Fall Tebartz-van Elst: Medien inszenieren 'Spießrutenlaufen'

15. Oktober 2013 in Deutschland


Evangelikaler Ethiker fordert: Sachkritik ja, Vorverurteilung nein – Pro und Kontra zum Limburger Bischof äußern sich sowohl in Kirchenaustritten wie auch in Abo-Kündigungen


Gießen/Limburg (kath.net/idea/red) Scharfe Kritik am Umgang der Medien mit dem katholischen Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst hat der Leiter des Gießener Instituts für Ethik und Werte, der evangelikale Theologe Stephan Holthaus, geübt. Dem in Zeitungsberichten als „Protz-Bischof“ titulierten Tebartz-van Elst wird Prunksucht vorgeworfen, weil die Kosten für seine Residenz von geplanten fünf Millionen Euro auf über 31 Millionen Euro angewachsen sein sollen. Außerdem soll er die Baukosten verschleiert haben. Der 53-Jährige hält sich derzeit zu Gesprächen im Vatikan auf.

„Bei aller berechtigten Sachkritik am Umgang mit Kirchengeldern im Bistum Limburg und der Kommunikationspolitik des Bischofs – was derzeit für ein Spießrutenlaufen inszeniert wird, ist der Sache abträglich und bestärkt nur die generellen Kirchenkritiker unserer Zeit“, sagte Holthaus am 14. Oktober gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Das alles grenze an eine Vorverurteilung. Die Unschuldsvermutung gelte so lange, bis das Gegenteil bewiesen sei: „Das sollte nicht nur für die Rechtsprechung, sondern auch für den medialen Umgang mit Menschen gelten.“ Holthaus – auch Prorektor der Freien Theologischen Hochschule in Gießen: „Transparenz ist für die Kirche Roms das Gebot der Stunde. Augenmaß und Sachlichkeit das Gebot für die Medien. Beides scheint zu fehlen.“

Lütz: Nicht auf einen Mann am Boden einschlagen

Zuvor hatte bereits der Kölner Psychiater und katholische Theologe Manfred Lütz den medialen Umgang mit dem Bischof angeprangert. In der ARD-Sendung „Günther Jauch“ forderte er, den „am Boden“ liegenden Mann nicht zu treten. Seinen Töchter sage er immer: „Wenn 30 Leute in der Klasse auf einen einschlagen – ihr schlagt nicht mit.“ Lütz zufolge sieht es so aus, als gehe es um die Vernichtung eines Menschen.

In der Sendung ging der katholische Trierer Bischof Stephan Ackermann auf Distanz zu seinem Amtsbruder: „Die Situation ist ja jetzt so eskaliert, der Bischof Franz-Peter kann im Grunde in Limburg nicht mehr arbeiten.“ Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch (Freiburg), ist zu Gesprächen in den Vatikan gereist. Gegenüber der Bild-Zeitung (Ausgabe 14. Oktober) sagte er: „Wir haben ein gewaltiges Glaubwürdigkeitsproblem. Und die Kirche in Deutschland trägt den Schaden.“

Aufgrund der Vorwürfe gegen Tebartz-van Elst verzeichnet die katholische Kirche vermehrt Kirchenaustritte. Der Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Stefan Vesper (Bonn), sagte: „Wegen dieser Affäre und wegen dieser Nachrichten von Prunk und Protz treten auch Menschen aus der Kirche aus in Hamburg oder in München.“

Andererseits berichten immer wieder Menschen gegen über kath.net, dass sie ihre laufenden Abos von Medien gekündigt hätten, weil sie deren vorverurteilende Berichterstattung über Tebartz-van Elst nicht länger finanziell zu unterstützen bereit seien.


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