Der Papst und die Mafia

16. November 2013 in Weltkirche


Papst Franziskus hat schon mehrfach in Wort und Tat gegen das Organisierte Verbrechen Stellung bezogen. Er steht damit in der Tradition seiner Vorgänger. Von Ulrich Nersinger


Rom (kath.net/un) In den vergangenen Monaten hat sich Papst Franziskus eindeutig gegen kriminelle Machenschaften in Italien und im Vatikan positioniert. Die Verbrechen der Mafia prangerte er offen an. Für den Vatikanstaat ordnete er neue Gesetze an, die Korruption und Geldwäsche erschweren sollen.

Vertreter der italienischen Justiz sehen Papst Franziskus in seinem Kampf gegen das Organisierte Verbrechen gefährdet. P. Federico Lombardi SJ, der Pressesprecher des Heiligen Stuhls, verneinte zwar eine mögliche Bedrohung des Papstes durch die Mafia, die Vergangenheit aber hat gezeigt, dass sich N’Drangheta, Camorra und Cosa Nostra durchaus gegenüber Äußerungen der Päpste nervös zeigen.

Im Frühjahr 1993 besuchte der selige Johannes Paul II. Sizilien. Bei einer Eucharistiefeier in Agrigent wandte sich der Papst unmissverständlich gegen das Organisierte Verbrechen. Der Heilige Vater wich von seinem Redemanuskript ab und rief sichtbar erzürnt: „Gott hat gesagt: Du sollst nicht töten. Kein Mensch, keine Menschenvereinigung, keine Mafia kann dieses hochheilige Gesetz Gottes ändern und mit Füßen treten … Im Namen Christi wende ich mich an die Verantwortlichen: Kehrt um! Eines Tages wird Euch das Jüngste Gericht Gottes einholen!“

Die „Cosa Nostra“ schien die Worte des Pontifex als Kriegserklärung verstanden zu haben. In der Nacht zum 28. Juli 1993 explodierte zwei Minuten nach Mitternacht bei der römischen Basilika San Giorgio al Velabro ein Sprengsatz. Sechs Minuten später wurde eine Autobombe vor der Lateranbasilika, der Kathedrale des Papstes, gezündet; dort waren vierzehn Verletzte zu beklagen. Am Rande der Generalaudienz dieses Tages bemerkte Mario Sansolini, der im Päpstlichen Haus Dienst tat: „Alle hier sprechen von den Ereignissen der Nacht, unter den Verletzten ist auch ein Mitglied des ‚Corpo di Vigilanza’ (Polizei) der Vatikanstadt; ihn sehen wir gewöhnlich jeden Mittwoch unter uns“. Wie in Rom erfolgten auch in Mailand Attentate.

Noch während der Generalaudienz drückte der Papst gegenüber den Opfern von Mailand und Rom seinen tiefen Schmerz („il mio profondo dolore“) und seine Anteilnahme aus, dann fuhr er zu den Attentatsorten in der Ewigen Stadt. P. Bartolomeo Sorge SJ sprach von „einer Bombe für den Papst – una bomba per il Papa“; für den langjährigen Herausgeber der Jesuitenzeitschrift „La Civiltà Cattolica“ waren die Anschläge „mit Sicherheit eine Reaktion auf den Mut des Papstes“, sich gegen die „Cosa Nostra“ zu wenden.


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