Du sollst Vater und Mutter ehren!

22. Februar 2014 in Kommentar


Christliche Unterhaltspflicht für treulose Eltern? Ein Kommentar von Mathias Kürschner (idea)


Potsdam (kath.net/idea) „Denn Mose hat gesagt: ‚Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren …‘, – Ihr aber lehrt: Wenn einer zu Vater oder Mutter sagt: Korban – das heißt: Opfergabe soll sein, was dir von mir zusteht –, so lasst ihr ihn nichts mehr tun für seinen Vater oder seine Mutter und hebt so Gottes Wort auf durch eure Satzungen.“ – Aus dem Evangelium des Markus 7,10–13

Das jüngste Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs hat die Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern selbst für den Fall bekräftigt, dass zwischen einem Vater und seinem Sohn seit Jahrzehnten kein Kontakt mehr besteht und offensichtlich eine zerrüttete Beziehung vorliegt. Die Öffentlichkeit hat das Urteil verständlicherweise mit Bestürzung, Wut und Unverständnis aufgenommen. Wer hätte in diesem Fall nicht jedes Verständnis für jenen kleinen Finanztrick, den die jüdische Korbanpraxis den Zeitgenossen Jesu bot: Man vermachte seinen Besitz einfach einer Tempelstiftung, was aber erst mit dem eigenen Tode wirksam wurde.

Praktischerweise galt das Geld aber schon zu Lebzeiten des Erblassers als beschlagnahmt, so dass es für die elterliche Altersversorgung „leider“ nicht mehr zur Verfügung stand. Jesu Begeisterung für diesen finanziellen Winkelzug war dagegen eher gedämpft. Ja solches Gebaren versetzte ihn in Zorn. Denn das vierte Gebot, das ein Treue- und Verantwortungsverhältnis zwischen Eltern und Kindern regeln soll, ist hier elementar verletzt. Und dabei geht es nicht bloß, wie man beschwichtigend einwenden könnte, um einen schnöden Gesetzesbruch, sondern hier ist Gott selbst angetastet, der nun mal ein Gott der Treue ist und nicht ein Agent für windige Lebensabschnittspartnerschaften.

Der Vater hat sich seit ewigen Zeiten nicht gemeldet

„Von wegen Treue!“, möchte man jetzt einwenden. „Der Alte hat doch seit ewigen Zeiten nichts mehr von sich hören lassen!“ „Ja, das Problem hab ich mit den Menschen auch …“, antwortet Jesus und deutet aufs Kreuz: „Das war meine Initiative für zerrüttete Eltern-Kind-Beziehungen, mein Treue- und Friedensangebot, als ihr (im Sinne von Römer 5,10) noch Feinde wart. Könnte euch diese unverdiente Zuwendung Gottes Kraft und Willen zuwachsen lassen, sich den eigenen treulosen Eltern zuzuwenden?!“

Der Autor, Pfarrer Mathias Kürschner, ist evangelischer Hochschulseelsorger in Potsdam.


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