Vorgeburtliche Diagnostik: Warum Eltern nicht alles wissen sollten

10. März 2014 in Familie


Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Christiane Woopen, hat selbst bei keiner ihrer vier Schwangerschaften eine Fruchtwasseruntersuchung machen lassen. „Diese Tests waren für mich irrelevant und dafür dann zu risikoreich“


Berlin/Köln (kath.net/idea) Gegen eine generelle Ausweitung der vorgeburtlichen Diagnostik hat sich die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, die Ärztin Prof. Christiane Woopen (Köln), ausgesprochen. Alles, wodurch man dem Kind helfen kann, dürfe man zwar wissen, so die 51-Jährige. Was sie allerdings gemeinsam mit der Mehrheit des Ethikrats für problematisch halte, sei die Auffassung, „nach der das Kind ein Wesen ist, über das die Eltern einschränkungslos alles wissen dürfen. Bis hin zur Analyse des gesamten Genoms“, sagte Woopen in einem Interview mit der „Tageszeitung“ (taz, Berlin).

Mit neuartigen Blutuntersuchungen werdender Mütter könnten künftig schon in der neunten Schwangerschaftswoche sehr viele Merkmale der Föten untersucht werden. Das führe dazu, dass die Ergebnisse zu einer Zeit vorlägen, in der ein Schwangerschaftsabbruch nach einer psychosozialen Konfliktberatung ohne weiteres möglich sei. „Man gibt der Frau also eine Menge an Informationen über das ungeborene Kind, und damit kann sie faktisch machen, was sie will, vielleicht ohne zu wissen, was das überhaupt bedeutet“, erklärte die Medizinethikerin.

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das für jeden Menschen gelte, werde hinfällig, wenn man schon vor der Geburt oder im Kindesalter alles erforsche. Erwachsene würden es sich untereinander niemals zubilligen, einen anderen ohne dessen Einwilligung untersuchen zu dürfen. Woopen: „Dieser Grundsatz muss im Blick auf sein späteres Leben auch schon für das Ungeborene gelten.“

Den Menschen als Geschenk annehmen

Zudem könnten vorgeburtliche Untersuchungen nie alle Krankheiten ausschließen. Die vierfache Mutter plädiert deshalb dafür, „den Menschen als Geschenk so anzunehmen, wie er ist, und ihm selbst zu überlassen, ob er später von eventuellen Krankheitsanlagen wissen möchte oder nicht“. In ihren Augen sei die Kernfrage die der Einstellung von Eltern zu ihren Kindern: „Nehmen wir die Kinder als eigenständige freie Wesen an? Oder schauen wir zuerst auf unsere eigenen Bedürfnisse und versuchen, ein entsprechendes Kind zu bekommen?“

Sie selbst habe bei keiner ihrer Töchter eine Fruchtwasseruntersuchung machen lassen, verriet Woopen: „Diese Tests waren für mich irrelevant und dafür dann zu risikoreich. Für meinen Mann und mich wäre aus den Ergebnissen nichts gefolgt.“ Sie halte es für das Beste, „wenn wir unsere Aufgabe darin sehen, die Kinder möglichst gut in und durch ihr Leben zu begleiten. Jedes Kind“.

Kurzvideo von der vorgeburtlichen Entwicklung eines Kindes



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