Weg von einer Theologie der Pflicht hin zur Theologie des Glaubens

27. März 2014 in Aktuelles


Franziskus-Perle für die italienischen Parlamentarier: Die Dialektik der Freiheit und die Logik der Notwendigkeit. Der Verdorbene ist auf seine Dinge fixiert und kann schwer umkehren. Die Schuld der Heuchler. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Papst Franziskus feierte am heutigen Donnerstag die heilige Messe am Kathedra-Altar der Petersbasilika zusammen mit 493 italienischen Parlamentariern. Bei seinen Betrachtungen ging der Papst vom Tagesevangelium aus (Lk 11,14-23) und betonte, dass parteiliche Interessen und innere Kämpfe die Energie der Herrschenden zur Zeit Jesu derart eingenommen hätten, dass sie den Messias, als er vor ihnen auftrete, nicht mehr erkennen könnten. Mehr noch: sie klagten ihn an, ein Heiler mit Hilfe des Satans sein.

Die erste Lesung aus dem Buch Jeremia (Jer 7, 23-28) zeige, wie der Prophet dem „Klagen Gottes“ gegenüber einer Generation seine Stimme verleihe, die seine Botschafter nicht aufgenommen habe und sich dagegen für ihre Sünden rechtfertige: „Ich gab meinem Volk folgendes Gebot: Hört auf meine Stimme, dann will ich euer Gott sein, und ihr sollt mein Volk sein. Geht in allem den Weg, den ich euch befehle, damit es euch gut geht. Sie aber hörten nicht und neigten mir ihr Ohr nicht zu, sondern folgten den Eingebungen und Trieben ihres bösen Herzens. Sie zeigten mir den Rücken und nicht das Gesicht“ (V. 23-24). Dies sei die Geschichte der Untreue des Volkes Gottes – der Schmerz des Herrn, der Schmerz Gottes. Diese Wirklichkeit könne auch im heutigen Evangelium angetroffen werden: die Wirklichkeit der Blindheit für Gott vor allem bei den Anführern des Volkes, bei den Gesetzeslehrern, den Pharisäern und Sadduzäern.

Das Volk Gottes sei allein gewesen, während ihre Anführer in ihren Ideen, in ihrer Pastoral, in ihrer Ideologie verschlossen gewesen seien. Sie hätten das Wort Gottes nicht gehört, und um sich zu rechtfertigen, brächten sie ihre Beschuldigung vor: „Mit Hilfe von Beelzebul, dem Anführer der Dämonen, treibt er die Dämonen aus“ (Lk 11,15). Es sei, als sagten sie: „Er ist ein Soldat von Beelzebul oder des Satans oder der Bande des Satans“. So rechtfertigten sie sich dafür, dass sie den Ruf des Herrn nicht gehört hätten: „Sie konnten ihn nicht hören: sie waren so verschlossen in sich, so weit weg vom Volk“.

Jesus blicke auf sein Volk und sei gerührt, da er es als „Schafe ohne Hirten“ sehe. So gehe er zu den Armen, zu den Kranken, zu den Witwen, zu den Aussätzigen, um sie zu heilen. Dabei spreche er mit Worten, die die Bewunderung des Volkes erregten: „Dieser spricht wie einer, der Vollmacht hat!“, mit einer Sprache, die anders als jene der Anführer gewesen sei, die sich vom Volk entfernt und es verlassen hätten:

„Das Herz dieser Leute, dieses Grüppchens, hatte sich mit der Zeit so sehr verhärtet, dass es unmöglich war, die Stimme des Herrn zu vernehmen. Und von den Sündern, die sie waren, sind sie abgerutscht und wurden zu Verdorbenen. Es ist sehr schwer, dass ein Verdorbener, ein Korrupter, den Weg zurück findet. Der Sünder ja, denn der Herr ist barmherzig und erwartet uns alle. Der Verdorbene aber ist auf seine Dinge fixiert, und diese waren verdorben. Und aus diesen Grund rechtfertigen sie sich, da ihnen Jesus in seiner Einfachheit, aber mit seiner Kraft Gottes, lästig fiel. Und Schritt für Schritt enden sie bei der Überzeugung, dass sie Jesus töten mussten, und einer von ihnen sagte: ‚Es ist besser, wenn ein Mensch für sein Volk stirbt“.

Es handle sich bei diesen um Menschen, die den Weg verfehlt hätten: „Sie haben sich dem Heil aus der Liebe des Herrn widersetzt und sind so vom Glauben abgeglitten, weg von einer Theologie des Glaubens hin zu einer Theologie der Pflicht: ‚Ihr müsst das und das und das... tun’“. So nenne sie Jesus „Heuchler“, die dem Volk viele erdrückende Lasten auf die Schultern legten, diese aber selbst nicht annähmen.

„Sie haben die Liebe des Herrn abgelehnt“, so der Papst: „und diese Ablehnung führte für sie dazu, dass sie auf einem Weg waren, der nicht jener der Dialektik der vom Herrn angebotenen Liebe war, sondern der Weg der Logik der Notwendigkeit, wo kein Platz für den Herrn ist. In der Dialektik der Freiheit ist der gute Herr, der uns liebt, der uns so sehr liebt! In der Logik der Notwendigkeit dagegen ist kein Platz für Gott: man muss tun, man muss tun, man muss tun... Sie sind zu Menschen geworden, die allein auf das Verhalten ausgerichtet waren. Menschen mit guten Manieren, aber mit schlechten Gewohnheiten. Jesus nennt sie ‚die Gräber, die außen weiß angestrichen sind und schön aussehen’ (vgl. Mt 23,27). Das ist der Schmerz des Herrn, der Schmerz Gottes, die Klage Gottes“.

Die Fastenzeit rufe in Erinnerung, so Franziskus abschließend, dass „Gott uns alle liebt“ und der Mensch die Anstrengung unternehmen müsse, sich ihm zu öffnen:

„Auf diesem Weg der Fastenzeit wird es uns gut tun, uns allen, an diese Einladung des Herrn zur Liebe zu denken, an diese Dialektik der Freiheit, wo die Liebe ist, und uns zu fragen, wir alle: Bin ich auf diesem Weg? Oder laufe ich Gefahr, mich zu rechtfertigen und einen anderen Weg einzuschlagen? Einen Weg der Konjunktur entsprechend, da er zu keiner Verheißung führt. Und wir wollen den Herrn bitten, dass er uns die Gnade schenke, immer auf dem Weg des Heils zu gehen, uns für das Heil zu öffnen, das allein von Gott kommt, vom Glauben, und nicht von dem, das diese ‚Gesetzeslehrer’ vorschlugen, die den Glauben verloren hatten und das Volk mit dieser ‚Pastoraltheologie der Pflicht’ leiteten. Bitten wir um diese Gnade: ‚Herr, schenke mir die Gnade, mich deinem Heil zu öffnen’. Dafür ist die Fastenzeit da. Gott liebt uns alle: er liebt uns alle! Die Anstrengung unternehmen, uns zu öffnen: nur dies fordert er von uns. ‚Mach mir die Tür auf. Den Rest mache ich’. Lassen wir es zu, dass er in uns eintritt, dass er uns liebkost und uns das Heil schenkt. So sei es“.

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