Weihbischof Renz: Aufstehen für das Leben!

21. April 2014 in Deutschland


Rottenburger Weihbischof in Osterpredigt: Kirche dankt auch den Basisinitiativen engagierter Laien, die dem Schutz des ungeborenen Lebens dienen und sich kompetent und respektvoll dafür einsetzen, dass schwangere Frauen JA sagen können zu ihrem Kind


Rottenburg (kath.net/pl) „Die Kirche dankt gerade auch den Basisinitiativen engagierter Laien, die dem Schutz des ungeborenen Lebens dienen und sich hoch sensibel, kompetent, respektvoll und liebevoll dafür einsetzen, dass schwangere Frauen JA sagen können zu ihrem Kind.“ Dies könne in vielfältiger Weise geschehen, „etwa durch das Gebet“ für die Mütter „und für ihre ungeborenen Kinder, durch Geldspenden und durch Hilfsangebote vielfältigster Art“. Dies sagte der Rottenburger Weihbischof Thomas Maria Renz in seiner Ostersonntagspredigt im Rottenburger Dom „St. Martin“. Renz bezeichnete es als einen „Segen“, „dass die beiden großen christlichen Kirchen ‚viel‘ Geld und ‚viel‘ Personal investieren für die Beratung und Begleitung schwangerer Frauen in Konfliktsituationen“. Gleichzeitig wies er aber auch darauf hin, „dass wir schwangere Frauen in Konfliktsituationen nicht einfach an die dafür bestellten und bezahlten ‚Profis‘ delegieren, sondern ihnen auch ganz persönlich zur Seite stehen sollten“.

„Das Statistische Bundesamt hat für das Jahr 2013 rund 102.800 Abtreibungen in Deutschland registriert“, erinnerte Renz, das sind „288 Abtreibungen in Deutschland jeden Tag! Das wäre so, wie wenn jeden Tag in unserem Land 10 oder 12 Schulklassen mit einem Federstrich von der Bildfläche verschwinden würden.“ „Erst dann wird diese Zahl in ihren Ausmaßen irgendwie fassbar: 288 Menschenleben, die jeden Tag in unserem Land zerstört werden, noch bevor sie das Licht der Welt erblicken!“

Angesichts dieser Zahlen schlug Renz auch „einen Kreativ- und Phantasiewettbewerb“ vor, „um auf diese Art die pfiffigsten, einfallsreichsten und sympathischsten Ideen zu kreieren und zu prämieren, die es braucht, um schwangeren Frauen in Konfliktsituationen noch mehr beizustehen als bisher schon“.

Auch der Rottenburger Diözesanbischof Gebhard Fürst ging in seiner in seiner Predigt im Stuttgarter Dom St. Eberhard am Ostersonntag auf ein drängendes soziales Problem unserer Gesellschaft ein. Von Not getrieben suchten Menschen in Europa Hoffnung, ihr Leiden sei für Europa gleichsam Karfreitag, stellte Fürst fest und wies auf die österliche Hoffnung für Flüchtlinge hin.

kath.net dokumentiert die Osterpredigt „Jesu Auferstehen zum Leben und unser Aufstehen für das Leben“ von Weihbischof Thomas Maria Renz im Dom zu Rottenburg in voller Länge:

„Er sah und glaubte“. Auf diesen einfachen und prägnanten Nenner bringt der Evangelist Johannes das Atemberaubende, das Christen heute auf der ganzen Welt feiern: dass das Grab Jesu leer ist, weil der, den sie dort bestattet hatten, lebt! An Ostern wird über den Tod hinaus wahr, wozu Jesus an Weihnachten Mensch geworden ist: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben, und es in Fülle haben“ (Joh 10,10). Und mit „sie“ sind selbstverständlich „alle“ gemeint: alle Menschen und jede Kreatur. Gott geht es um jeden einzelnen Menschen, vor ihm ist jeder Mensch gleich kostbar, wertvoll und einzigartig. So wie es das beliebte Lied von Jürgen Werth so treffend zum Ausdruck bringt: „Vergiss es nie: dass du lebst, war eines anderen Idee, und dass du atmest, sein Geschenk an dich. Du bist gewollt, kein Kind des Zufalls, keine Laune der Natur, ganz egal, ob du dein Lebenslied in Moll singst oder Dur. Du bist ein Gedanke Gottes, ein genialer noch dazu!“

Weil vor Gott alle Menschen gleich kostbar, wichtig und einmalig sind, sehen wir uns in der Nachfolge seines Sohnes dazu herausgefordert, das Leben jedes einzelnen Menschen zu achten, zu schützen und zu erhalten. Jesu Auferstehen zum Leben führt uns unmittelbar zum Aufstehen für das Leben! Christen stehen als österliche Menschen für das Leben auf, wo immer dieses Leben und damit die Würde des Menschen bedroht und gefährdet ist, ganz besonders an den „Rändern des Lebens“, also zu Beginn und am Ende – dort, wo sich ein Mensch noch nicht oder nicht mehr selbst verteidigen kann. Hier springen österlich inspirierte und motivierte Menschen ganz selbstverständlich in die Bresche! Wir können deshalb denjenigen nicht genug danken, die sich hauptberuflich oder ehrenamtlich einsetzen für das Lebensrecht und die Würde jedes einzelnen Menschen, ganz besonders für die Ungeborenen und Neugeborenen, aber auch für die Kranken und Sterbenden.

„Kinder und Großeltern sind die Hoffnung eines Volkes!“ (Papst Franziskus)

In den vergangenen Wochen hat Papst Franziskus gleich zwei Mal aufhorchen lassen mit deutlichen Worten zu einem Grundübel unserer Zeit: der Tötung ungeborener Kinder im Leib ihrer Mutter. Zunächst äußerte er sich in einer Ansprache vor Mitgliedern des Diplomatischen Korps mit folgenden Worten: „Leider werden heute nicht nur Nahrung und überflüssige Güter zu Abfall, sondern oft werden sogar die Menschen ‚weggeworfen’, als wären sie ‚nicht notwendige Dinge’. Zum Beispiel erregt allein der Gedanke Entsetzen, dass es Kinder gibt, die als Opfer der Abtreibung niemals das Licht der Welt erblicken können …“. Und vor zehn Tagen sagte er bei einer Begegnung mit jungen Familien und Vertretern von Bewegungen für das Leben: „Es ist notwendig, jedem direkten Angriff auf das Leben – vor allem das unschuldige und wehrlose Leben – den entschlossensten Widerstand entgegenzusetzen, und das Ungeborene im mütterlichen Leib ist die Unschuld schlechthin“.

Das Statistische Bundesamt hat für das Jahr 2013 rund 102.800 Abtreibungen in Deutschland registriert. Weil das aber nur die Zahl der gemeldeten Abtreibungen ist, muss man von einer noch höheren Gesamtzahl ausgehen. Können Sie sich vorstellen wie viele Menschen das sind: 102.800? Herunter gerechnet sind das 288 Abtreibungen in Deutschland jeden Tag! Das wäre so, wie wenn jeden Tag in unserem Land 10 oder 12 Schulklassen mit einem Federstrich von der Bildfläche verschwinden würden. So plastisch muss man sich das einmal vorstellen! Erst dann wird diese Zahl in ihren Ausmaßen irgendwie fassbar: 288 Menschenleben, die jeden Tag in unserem Land zerstört werden, noch bevor sie das Licht der Welt erblicken!

Nun wissen wir, dass sich Frauen eine Entscheidung zur Tötung ihres Kindes in aller Regel nicht leicht machen und sie auf Grund einer unerwarteten Schwangerschaft schnell in größte Nöte, tiefste Abgründe und furchtbarste Bedrängnisse geraten können. Es steht uns nicht zu, ihre daraus – manchmal panikartig – getroffenen Entscheidungen zu bewerten oder zu verurteilen. Aber es steht uns zu, diesen Frauen in ihren Schwangerschaftskonflikten beizustehen, sie zu stützen, anzunehmen, zu begleiten, zu ermutigen und ihnen zu helfen, so gut wir können und mit allem, was wir sind und haben. Es ist ein Segen für unser ganzes Land, dass die beiden großen christlichen Kirchen „viel“ Geld und „viel“ Personal investieren für die Beratung und Begleitung schwangerer Frauen in Konfliktsituationen. Aber wenn trotz dieses großartigen Einsatzes kirchlicher Sozialeinrichtungen und diözesaner Initiativen noch immer Tag für Tag mindestens 288 Kinder im Mutterleib sterben müssen, dann wird deutlich, dass „viel“ noch nicht „genug“ ist. Im Gegenteil: es kann gar nicht genug getan werden, um schwangeren Frauen in ihren existenziellen Nöten beizustehen und ihnen Mut zum Leben zu machen.

„Ein Kind zu retten bedeutet, die Welt zu retten!“ (Dostojewskij)

Dass wir die Beratung und Begleitung von schwangeren Frauen in Konfliktsituationen an große, professionelle Einrichtungen unserer Kirche delegiert haben und mit unseren Kirchensteuern mitfinanzieren, ist zwar lobenswert, darf uns aber nicht von unserer eigenen Mitsorge und Mitverantwortung für diese Frauen in Not entbinden. Gerade darin ist uns Papst Franziskus ja ein großes Vorbild, der als Erzbischof von Buenos Aires nicht nur kirchliche Hilfsorganisationen zu den Ärmsten geschickt hat, sondern immer wieder selbst in die Slums gegangen ist, um den Armen persönlich nahe zu sein. Auf die „Armen“ in unserem Land übertragen heißt das, dass wir schwangere Frauen in Konfliktsituationen nicht einfach an die dafür bestellten und bezahlten „Profis“ delegieren, sondern ihnen auch ganz persönlich zur Seite stehen sollten. Dies kann in vielfältiger Weise geschehen: etwa durch das Gebet für sie und für ihre ungeborenen Kinder, durch Geldspenden und durch Hilfsangebote vielfältigster Art. Weil die Subsidiarität ein zentraler Grundpfeiler der Katholischen Soziallehre ist, dankt die Kirche gerade auch den Basisinitiativen engagierter Laien, die dem Schutz des ungeborenen Lebens dienen und sich hoch sensibel, kompetent, respektvoll und liebevoll dafür einsetzen, dass schwangere Frauen JA sagen können zu ihrem Kind.

Der Phantasie und Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, die es braucht, um möglichst viele der 288 Frauen zu erreichen, die jeden Tag ihre Kinder abtreiben – Phantasie und Kreativität, um schwangeren Frauen zu vermitteln, dass das Leben schöner und stärker ist als der Tod. Ich könnte mir zum Beispiel einen Kreativ- und Phantasiewettbewerb vorstellen, um auf diese Art die pfiffigsten, einfallsreichsten und sympathischsten Ideen zu kreieren und zu prämieren, die es braucht, um schwangeren Frauen in Konfliktsituationen noch mehr beizustehen als bisher schon. Der 1978 verstorbene Kölner Kardinal Frings hat einmal gesagt: "Die Zukunft des Volkes hängt nicht von der Zahl der Kraftwagen ab, sondern von der Zahl der Kinderwagen". Auf Grund des demographischen Wandels und der Zurückhaltung junger Menschen, Kindern heute das Leben zu schenken, ist dieses Wort aktueller denn je!

„Ein Kind ist sichtbar gewordene Liebe!“ (Novalis)

Erfolgversprechende Lösungen, die auf höchst sensible, respektvolle und sympathische Weise schwangeren Frauen Mut zum Leben machen, können freilich nicht von außen kommen, etwa durch eine Verschärfung der Gesetzeslage oder durch Ausübung von jedwedem Druck, sondern nur von innen und Hand-in-Hand mit den betroffenen Frauen. Nur solche Initiativen und Projekte sind vielversprechend, die schwangere Frauen mitnehmen und mitbeteiligen, die sie positiv motivieren, ihnen die Schönheit des Lebens vermitteln und das Staunen über das Wunder „Mensch“, die ihnen Mut machen und Hoffnung schenken, die ihnen Hilfe jeglicher Art vor und nach der Geburt ihres Kindes zukommen lassen. Mehr kann eine christliche Konfliktberatung eigentlich nicht leisten, aber genau das sollte auch keiner der über 100.000 Frauen vorenthalten werden, die sich jährlich in Deutschland aus lauter Angst, Not und Perspektivlosigkeit gegen ihr eigenes Kind entscheiden. In der bereits zitierten Rede von Papst Franziskus vor italienischen „Pro-Life“-Gruppen sagte er auch: „Wer Christ ist, der hat immer die Aufgabe, dieses dem Evangelium entsprechende Zeugnis abzulegen: das Leben voller Mut und Liebe in allen seinen Phasen zu schützen. Ich ermutige Euch, das immer mit dem Ausdruck der Nähe und der Verbundenheit zu tun: dass jede Frau sich als Person angesehen fühlen möge, der man zuhört, die man annimmt, die man begleitet“.

Jesu Auferstehen zum Leben führt uns unmittelbar zum Aufstehen für das Leben! Bitten wir den auferstandenen Herrn um seinen Segen für alle schwangere Frauen in unserem Land und für die Väter ihrer Kinder, dass sie dem neuen, österlichen Leben trauen und JA sagen können zu dem größten Geschenk der Liebe Gottes, das jedes Kind für uns ist. Denn „ein Kind ist sichtbar gewordene Liebe“, so sagte der Schriftsteller Novalis im 18. Jahrhundert – sichtbar gewordene Liebe Gottes zu uns Menschen und der Liebe der Eltern zueinander!

PRO LIFE: EWTN-Gespräch mit dem Rottenburger Diözesanbischof Gebhard Fürst über Lebensschutz u.a.


Osterpredigt des Rottenburger Bischofs Gebhard Fürst


Foto Weihbischof Renz (c) Diözese Rottenburg-Stuttgart


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