Ja und Nein zum Kreuz

22. April 2014 in Spirituelles


Man kann das Kreuz verschweigen in der Verkündigung, im Religionsunterricht, in der Weitergabe des Glaubens an die eigenen Kinder. Kann man das Kreuz möglichst schnell abschütteln oder wenigstens polstern? Von Bischof Andreas Laun


Salzburg (kath.net) Im Kapitel über den Weg Jesu zum Ölberg führt Papst Benedikt XVI. aus: Noch im Abendmahlsaal, also kurz vor dem Weg auf den Ölberg, erinnert Jesus seine Apostel an die prophetische Leidensvoraussage über ihn (Sach. 13,7) und damit auch an seine eigene Leidensvoraussage, die Petrus damals so vehement abgelehnt hatte (Mt. 16,21). Aber dann spricht Jesus, eigentlich tröstend, auch von seiner Auferstehung. (Mt. 26,32). Wie reagiert Petrus darauf? Er erklärt seine Treue und seinen Mut, worauf Jesus ihm seinen dreifachen Verrat und das Krähen des Hahnes voraussagt.

Papst Benedikt kommentiert: „Weil Petrus das Kreuz nicht will, kann er das Wort von der Auferstehung nicht vernehmen und möchte – wie schon bei Cäserea Philippi – den Erfolg ohne das Kreuz. Er baut auf die eigene Kraft.“ Und der Papst weitet den Blick, man könnte sagen, er erklärt, was er mit der Verweltlichung der Kirche gemeint hat: „Wer könnte leugnen, dass sein Verhalten [das des Petrus!!!] die ständige Versuchung der Christen, ja auch der Kirche spiegelt: ohne Kreuz zum Erfolg kommen? … Aber niemand ist aus Eigenem stark genug, den Weg des Heils bis zum Ende zu gehen!“

Es gibt wohl keinen Christen, weder Laie noch Bischof, der sich von dieser Blindheit und auch Sünde des Petrus nicht zu einer Gewissenserforschung anleiten lassen sollte. Jeder hat seinen „Hahn, der kräht“, aber er muss ihn auch zu hören bereit sein, das Krähen hören „zu wollen“ wäre wohl zu viel verlangt. Wir reden vom Gewissen wie von einem Hund, der beißt, also von Gewissensbissen, aber auch der krähende Hahn wäre ein treffendes Bild für das, was das Gewissen tut, wie es „funktioniert“.

Die Rede vom Kreuz! Dagegen wird wohl kein Kleriker reden und kein Laie wird sich aufregen, wenn die Texte es nennen. Aber eines ist leicht: Man kann das Kreuz verschweigen in der Verkündigung, im Religionsunterricht, in der Weitergabe des Glaubens an die eigenen Kinder und vor allem: Man kann es unterlassen, das Kreuz zum eigenen Leben in Beziehung setzen. Besser und normaler ist es Ausschau zu halten, wie man das Kreuz möglichst schnell abschütteln oder wenigstens polstern kann.

Sich des Kreuzes „zu rühmen“, wie der hl. Paulus (Gal 6,14), leicht übertreibend und wohl „vorkonzilar (?) meinte, gibt keinen Sinn.

Das Kreuz annehmen? Warum, es stört ja nur „meinen pastoralen Dienst“ und überhaupt alles, was ich doch ohnehin „für Gott machen will und, „abgesichert durch die Mehrheit in der Gruppe meines Workshops“ für ihn plane.“ Im Übrigen weiß Gott doch ohnehin, dass ich zu „meiner Kirche“ und zu „meinem persönlichen Glauben“ stehe und auch auf „mein persönliches Gewissen“ als mündiger Christ höre…! Es ist zu befürchten, dass man mit solchen Worten in den Raum der „Beschallung“ durch Hund und Hahn gerät!

Wahr ist aber auch: Alle diese Gedanken wären unerträglich einseitig und unchristlich, wenn man nicht hinzufügte: Anderen Menschen das Kreuz abzunehmen, wo immer möglich, ist nicht nur nicht unchristlich, sondern eine der ganz großen Aufgaben der Nächstenliebe.

Und ebenso gehört es zur christlichen Selbstliebe, sich im gegebenen Fall ein Schmerzmittel zu kaufen, zum Zahnarzt zu gehen oder sich an andere irdische und himmlische Nothelfer zu wenden. Wäre es nicht so, hätte Jesus niemanden heilen dürfen, sondern dem Betroffenen empfehlen müssen, geduldig blind, gelähmt, besessen zu bleiben. Er hätte nicht einmal die Hilfe von Simon von Cyrene annehmen dürfen. Dass die Kirchengeschichte voll ist von Berichten über caritative Einrichtungen und Zeugnissen für Heilungen aller Art bedarf keines Beweises. Kreuz tragen und Kreuz abnehmen gehören christlich gesehen zusammen!

Es gehört zur christlichen, spirituellen Weisheit zu unterscheiden: Zwischen Leiden, die es als gottgewolltes Kreuz anzunehmen gilt, und Leiden, die man im eigenen Leben und vor allem in dem der Anderen lindern und bekämpfen darf und oft auch sollte.

Der hl. Franz von Sales meinte übrigens, Kreuze, die Gott schickt, seien fast immer die „Besseren“ im Vergleich zu denen, die man sich selbst wählt und auf die man dann vielleicht auch noch stolz ist!

Christlich ist: Jesus hat uns nicht durch Reden und Heilen, sondern durch sein Ja zum Kreuz erlöst. Aber dieses Kreuz ist zugleich das Nein zu Leiden aller Art und Überwindung sogar des Todes. Und es verstärkt das Gebot Gottes, sich der Leidenden zu erbarmen. Die Botschaft vom Kreuz und die Botschaft von Liebe und Barmherzigkeit gehören untrennbar zusammen! Es klingt paradox: Christen sagen Ja und Nein zum Kreuz!

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