Wenn Bischöfe zu weit gehen

24. April 2014 in Kommentar


Statt in der Theologie versuchten sich Österreichs Bischöfe in der Ökonomie - Schuster bleib bei deinem Leisten! Ein Kommentar von Christof T. Zeller-Zellenberg


Wien (kath.net/cz) Ende März 2014 erklärten die österreichischen Bischöfe, was sie sich von der österreichischen Regierung in Sachen Finanzen und Steuern erwarten. In der Erklärung der Bischofskonferenz liest man wörtlich: "Österreich solle auch jene Maßnahmen auf globaler Ebene unterstützen, die eine gerechtere und stabilere Finanzordnung erreichen wollten. Dazu zählt insbesondere der Einsatz für die weltweite Bekämpfung von Steuerflucht und Steueroasen sowie die Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen zur Eindämmung von Spekulation und Finanzrisikoprodukten", heißt es wörtlich.

Bislang war mir nicht bekannt, daß die Bischöfe zu Wirtschaftsexperten mutierten oder sich im Bankwesen auskennen sollten. Und das tun sie auch nicht, denn sonst wäre diese Erklärung bereits im Ansatz, an ihrer eigenen Inkonsistenz, gescheitert.

Wie sollte man zu einer stabileren Finanzordnung gelangen, in dem man Steuerflucht und Steueroasen eindämmt? Kapital wird immer an den Kapitalmärkten operieren - egal auf welchem Bankkonto und in welcher Jurisdiktion es liegen mag oder wo es verkonsumiert wird. Denn Kapital sucht nach Verzinsung um zumindestens einen Werterhalt zu garantieren – im Spannungsverhältnis mit dem automatischen Wertverlust durch Inflation und damit einhergehend einem Kaufkraftverlust des Geldes. Daher liegt es auf der Bank und wandert in deren Veranlagung – zumindestens auf den Interbankenmarkt (und stärkt somit das Finanzsystem) - oder es wird in Anleihen investiert und stärkt damit die Fremdkapitalbasis von Staaten oder Unternehmen weltweit (und schafft somit Konsum und Investitionen und also Arbeitsplätze) oder es wird in Aktien investiert und stärkt somit die Eigenkapitalbasis der Unternehmen. Es kann natürlich auch in Immobilien gehen und schafft damit lokal Arbeitsplätze (Bauwirtschaft) oder auch in Rohstoffe (wieder neue Arbeitsplätze).

Falls jemand seine Steuern nicht ordnungsgemäß zahlt, dann bleibt das Kapital in seinem privaten Verfügungsbereich und es geschieht ebenfalls das oben Gesagte aber eben in etwas größerem Ausmaß, statt einen Teil davon an die Bürokratie abzutreten, die, nachdem sie sich selber über 50% dieses Kapitals angeeignet hat (auch sie muß von etwas leben) mit dem Rest dasselbe tut, wie eben oben beschrieben oder es wiederum der Bevölkerung umverteilt zurückzahlt, der sie es vorher abgenommen hat.

Die berühmte Steuer auf Finanztransaktionen wird selbstverständlich, wie auch jede andere Abgabe, die irgendeinem Wirtschaftssubjekt auferlegt wird, an das nächste Glied in der Wirtschaftskette weitergereicht, allen anderslautenden Absichtserklärungen zum Trotz. Dann werden eben Bankgebühren erhöht oder Zinserhöhungen nicht voll weitergegeben oder bei der Brokeragegebühr ein höherer Spread verrechnet und so weiter und so fort… Bei allen Gebühren und Abgaben zahlt zuletzt immer der kleine Konsument, der am Ende des Wirtschaftskreislaufs steht und diese Gebühr selber nicht mehr weiterreichen kann – es zahlt immer der kleine Mann und besonders jene mit sehr geringer Einkommenselastizität – die Kleinverdiener und die Pensionisten.

Aber das verstehen die Herren Theologen leider nicht, denn das ist nicht ihr wissenschaftlicher Bereich. Kein Vorwurf dazu, nur Verwunderung, warum sie sich dann dennoch dazu äußern.

Außerdem muß es erlaubt sein die Frage zu stellen, was denn an Steuerflucht so verwerflich ist, wenn man in einem Land mit der höchsten Steuer- und Abgabenbelastung Europas lebt (letzter OECD Steuerbericht). In Österreich lag der Höchststeuersatz auf Einkommen gegen Ende der angeblich so überbürokratischen Monarchie knapp vor dem Ausbruch des 1. Weltkriegs im Jahr 1914 bei – halten Sie sich fest – 6% !!!!! Sollte das nicht ein weiterer Anlaß sein, des Jahres 1914 zu gedenken und zu fragen, was ist seither geschehen, daß der Höchststeuersatz auf 50% hochgeschnellt ist, uns die OECD von einer Gesamtabgabenquote von 49,1% auf alle Einkommen (hier sind auch die Niedrigsteinkommen eingerechnet) in Österreich schreibt? Dazu kommen dann noch diverse Konsumsteuern und andere staatliche und kommunale Abgaben, so daß die Gesamtsteuerlast auf unsere Einkommen gegen 70% marschiert!

Was also konnte der Kaiser, was unsere heutige Politik nicht kann – eventuell ehrlich wirtschaften und die Korruption in Schach halten…? Und warum erkennen unsere Bischöfe das nicht und verteidigen die Freiheit ihrer Schäfchen und deren Privateigentum (dazu gehört auch unser ehrlich erworbenes Einkommen) nicht gegen die Übergriffe eines maßlosen Staates, sondern stoßen vielmehr in das politisch korrekte Horn der Umverteilung und angeblichen Steuergerechtigkeit? Warum versteht niemand im Klerus mehr wirtschaftliche Zusammenhänge und warum liest niemand ökonomische Studien, die uns klar aufzeigen, daß hohe Steuern und hohe Umverteilungsquoten fast immer zu einem Wohlstandsverlust für alle führen?

Zuletzt hören wir einen Ökonomen, den Vater der Umverteilung und des Staatsinterventionismus, den berühmten Lord John Maynard Keynes, nach dem der Keynesianismus benannt wurde. Er sagte einmal, daß der absolut maximale Anteil des Staates an der Volkswirtschaft, 25% des BIP (Brutto Inlands Produkt – also die Summe der gesamten Wirtschaftsleistung innerhalb eines Landes), nicht übersteigen dürfe, denn sonst wäre die individuelle Freiheit massiv in Gefahr und er würde sofort gegen eine derartige Abgabenlast und einen derartigen staatlichen Interventionismus ankämpfen. In Österreich und in weiten Teilen Europas hat der Staatsanteil am BIP bereits die 50% Marke überschritten… Lord Keynes rotiert in seiner Gruft – und die Bischöfe sollten auf ihn hören!

Der Autor Christof T. Zeller-Zellenberg ist Ökonom. Er war vormals Investmentbanker in Zentral- und Osteuropa, danach Direktor der Deutschen Bank Österreich für Russland und Osteuropa, und ist jetzt Private Equity Investor und Unternehmer.



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