Helfender Glaube

2. Mai 2014 in Spirituelles


Studien attestieren gläubigen Menschen eine besonders robuste Psyche. Gläubige scheinen im Hinblick auf viele psychiatrische und körperliche Erkrankungen geschützt zu sein. Von Bischof Heinz Josef Algermissen (Bonifatiusbote)


Fulda (kath.net/Bonifatiusbote) Der Mensch braucht nicht nur ein Dach für seinen Körper, sondern auch eines für seine Seele. Welch größeres und mehr schützendes Obdach der Seele wäre denn denkbar in einer Welt, in der viele Menschen ihre seelische Obdachlosigkeit als bedrohlich erleben, als eben die Erfahrung einer grundsätzlichen Geborgenheit in Gott?

Die Beheimatung in Gott prägt den Menschen und lässt ihn alles in einem anderen Licht sehen, was neuere Untersuchungen offenbaren. Beeinflusst von der Psychoanalyse hatten Psychiater Religion lange Zeit als Ursache von Neurosen in Verdacht, brachten krankhafte Neigungen mit Religion in Verbindung. Seit Jahren gibt es demgegenüber eine große Zahl von Studien, die das als Klischee entlarven und gläubigen Menschen eine besonders robuste Psyche attestieren. Die meisten dieser Untersuchungen beziehen sich auf die psychische Gesundheit und zeigen, dass Gläubige im Hinblick auf viele psychiatrische und körperliche Erkrankungen geschützt zu sein scheinen. Das wird auf die Sinnstiftung durch den Glauben, auf stabilisierende religiöse Rituale und den Wert sozialer Bindungen zurückgeführt.

Das christliche Selbstverständnis von einer doppelten Bürgerschaft, von der irdischen Pilgerschaft und der endgültigen himmlischen Beheimatung, lenkt freilich nicht von der irdischen Verantwortung der Christen für die Erde ab. Dies zeigt jedenfalls ein kurzer Blick in die Geschichte der Klöster und Ordensgemeinschaften: Ausgerechnet die Menschen, die sich nach der ewigen Heimat gesehnt und deshalb ihre irdische Heimat verlassen haben, um als Mönche in fremden Ländern Christus zu suchen und zu bezeugen, sind zu den großen Zivilisatoren und Kulturträgern in der europäischen Landschaft geworden. Ihr Beispiel zeigt, dass die wahre Diesseitsverantwortung der Christen allererst aus der Jenseitshoffnung erwächst; wie umgekehrt erst der Glaube an das Leben jenseits des Todes wahre Freude am Diesseits ermöglicht.

Diesen unlösbaren Zusammenhang hat das Zweite Vatikanische Konzil in Erinnerung gerufen, wenn es die Kirche als „Volk Gottes“ bezeichnet. Das Bild erinnert uns daran, dass wir als Christen und als Kirche das Ziel, um das wir wissen, noch nicht erreicht haben, aber dorthin unterwegs sind.

Als Gottesvolk leben wir zwischen Pfingsten und der Wiederkunft Christi. In dieser Zwischenzeit trifft zweifellos die Einsicht des hl. Augustinus zu: Die Kirche „schreitet zwischen den Verfolgungen der Welt und den Tröstungen Gottes auf ihrem Pilgerweg voran“. Auch hier wieder der Realismus des Glaubens, der den Blick nicht vernebelt, sondern eben beides sieht. Lebensentscheidend sind die „Tröstungen Gottes“, die Körper und Seele Kraft schenken, besonders die Eucharistie als „Wegzehrung“ im tiefsten Sinn des Wortes. Als durch die Feier der Eucharistie gestärkte Menschen können wir den Weg der alltäglichen Wanderschaft unseres Lebens weitergehen.

Vorstehender Beitrag erscheint als „Wort des Bischofs“ in der Kirchenzeitung „Bonifatiusbote“ vom 4. Mai 2014.


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