Brunei: Sultan führt islamische Gesetzgebung ein

11. Mai 2014 in Aktuelles


Christen rechnen mit zunehmenden Repressionen.


Kelkheim (kath.net/ idea)
In dem südostasiatischen Kleinstaat Brunei rechnen Christen mit zunehmenden Repressionen. Der Grund: Der seit fast 47 Jahren regierende Sultan Hassanal Bolki hat die Einführung der islamischen Gesetzgebung, Scharia, angekündigt. Er vertraue ganz auf Allah und sei ihm „dankbar, dass die Durchsetzung von Phase eins des Scharia-Rechts, auf die die weitere Phasen folgen werden, nun vollzogen werden kann“, sagte er in einer Rede am 30.

April. Bereits seit einigen Jahren wird bei Personenstands- und Familienangelegenheiten das islamische Gesetz angewandt. Künftig soll es auch für das Strafrecht gelten. Nach Angaben des christlichen Hilfswerkes Open Doors (Kelkheim bei Frankfurt am Main) sind schwere Körperstrafen vorgesehen, wie etwa Auspeitschung für Ehebruch, Amputation von Gliedmaßen für Diebstahl und Tod durch Steinigung für Vergewaltigung, homosexuelle Handlungen und Unzucht mit Tieren. Zur ersten Phase gehörten Gesetze, mit denen etwa das Essen und Trinken in der Öffentlichkeit während des muslimischen Fastenmonats Ramadan mit Geldstrafen und Haft geahndet werden könne.

Auch „unanständige“ Kleidung wird bestraft

Von den etwa 427.000 Einwohnern Bruneis sind knapp zehn Prozent Christen. Laut Open Doors werden sie von der künftigen Gesetzgebung besonders betroffen. So werde das Tragen „unanständiger“ Kleidung – gemeint ist eine unzureichende Verschleierung - künftig als Straftat, bewertet, da dies „eine Schande für den Islam“ sei. Die hierfür fällige Strafe reiche bis zu sechs Monaten Gefängnis und / oder einer Geldbuße von umgerechnet maximal 1.150 Euro.

Nichtmuslimische Frauen, die bei Behörden arbeiten oder an offiziellen Veranstaltungen teilnehmen, müssen die Kopfbedeckung Hijab tragen, um nicht bestraft zu werden. Gesetze gegen Konversion und Missionierung Einige Vorschriften richteten sich speziell gegen Christen, die früher Muslime waren. Ein Religionswechsel werde mit bis zu fünf Jahren Haft und zusätzlich einer hohen Geldstrafe geahndet. Wer mit Muslimen oder Atheisten über den christlichen Glauben spreche, riskiere eine Geldbuße von umgerechnet etwa 11.000 Euro, eine Haftstrafe von höchstens fünf Jahren oder beides. Dieselbe Strafe werde Personen angedroht, die ein Kind von Muslimen oder Atheisten eine andere Religion als den Islam lehren. Dies betreffe vor allem einige wenige christliche Schulen in Brunei, die von vielen Schülern ohne christlichen Hintergrund besucht werden. In der Konsequenz müsste dort nun der Islam gelehrt werden, befürchtet Open Doors. Der Schultag an diesen Schulen beginne üblicherweise mit einer Bibellesung. Nach Auskunft eines Schulvertreters forderten jedoch schon jetzt einige Eltern, stattdessen mit einem muslimischen Gebet zu beginnen.

Christen verlieren Sorgerecht für ihre Kinder

Wenn die Hinwendung eines früheren Muslims zum Christentum bekannt werde, könne er das Sorgerecht für sein Kind verlieren. Einem Bericht des US-Außenministeriums zur internationalen Religionsfreiheit zufolge sollen alle elterlichen Rechte dem muslimischen Elternteil übertragen werden, wenn in gemischt religiösen Ehen ein Kind geboren wird. Der nichtmuslimische Elternteil werde in keinem amtlichen Papier anerkannt, auch nicht in der Geburtsurkunde des Kindes. Auch dürfen muslimische Eltern ihre Kinder nicht der Obhut von Nichtmuslimen überlassen.

Menschenrechtler: Ein riesiger Schritt zurück

Menschenrechtler kritisieren die Entscheidung als Zeichen mangelnden Respekts vor den politischen und zivilen Rechten. Die Einführung des Scharia-Strafrechts sei für die Menschenrechte in Brunei ein riesiger Schritt zurück, erklärte der stellvertretende Asien-Direktor von Human Rights Watch, Phil Robertson. Er wirf dem Sultan vor, „einen autoritären Schritt in Richtung brutaler mittelalterlicher Strafen, die in der modernen Welt des 21. Jahrhunderts keinen Platz haben“, zu tun. Auf dem Open Doors Weltverfolgungsindex, der 50 Länder mit den weltweit stärksten Christenverfolgungen enthält, belegt Brunei Platz 24.

Proteste auch in Beverly Hills

Proteste kommen auch aus dem kalifornischen Städtchen Beverly Hills bei Los Angeles, in dem viele bekannte Schauspieler und andere Prominente wohnen. Der Stadtrat forderte den Sultan Bruneis auf, sich vom Beverly Hills Hotel und anderen Besitztümern zu trennen. Bürgermeisterin Lili Bosse bezeichnete die neuen Gesetze als „schockierend und grausam“. Deshalb sei es notwendig, ein starkes Zeichen zur Unterstützung der Menschenrechte in Brunei zu setzen. Inzwischen wurden neun geplante Veranstaltungen im Beverly Hills Hotel abgesagt – unter anderem eine große Party anlässlich der Verleihung der Oscar-Filmpreise.


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