Eine neue Kathedrale für die Arabische Halbinsel

22. Mai 2014 in Interview


Im Interview mit dem weltweiten katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“ berichtet Bischof Ballin über die Situation der Christen auf der Arabischen Halbinsel, das katholische Gemeindeleben in den Golfstaaten und über das große anstehende Bauprojekt.


München (kath.net/KIN) Bischof Camillo Ballin (Foto) ist Apostolischer Vikar für das Nördliche Arabien. An seinem Sitz im Königreich Bahrain wird noch in diesem Jahr mit dem Bau einer neuen Kathedrale für das Vikariat begonnen. Das Grundstück für den Kirchenbau hat der König des muslimisch geprägten Landes dem Vikariat zur Verfügung gestellt. Im Interview mit dem weltweiten katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“ berichtet Bischof Ballin über die Situation der Christen auf der Arabischen Halbinsel, das katholische Gemeindeleben in den Golfstaaten und über das große anstehende Bauprojekt.


Kirche in Not: Herr Bischof, wie hat das Projekt der neuen Kathedrale begonnen?

Bischof Camillo Ballin: Viele Katholiken in Bahrain baten mich darum, den König um ein Grundstück zu bitten. Die Kirche, die wir in Manama haben, ist zu klein. Ich bat den König um ein Grundstück im Süden des Landes und er gewährte die Bitte sofort. Seitdem der Bischof seinen Sitz in Bahrain hat, soll diese Kirche die Kathedrale für das Nördliche Arabien sein. Sie soll Unserer Lieben Frau von Arabien geweiht werden, der Patronin der Golfregion.

Kirche in Not: Was hat den König dazu bewegt, dieses Grundstück zur Verfügung zu stellen?

Ballin: Natürlich kenne ich nicht die persönlichen Gründe, aber ich denke, dass er zeigen wollte, dass Bahrain offen für alle Menschen ist. Im Rat des Königs sitzen sogar Katholiken und Juden. In dieser Region, in der es auch Fanatismus gibt, sollte der König von Bahrain als Modell der Offenheit angesehen werden.

Kirche in Not: Ist ein solches Großprojekt dennoch nicht recht gewagt angesichts der herrschenden Spannungen im Nahen Osten?

Ballin: Die Probleme in Bahrain bestehen nicht zwischen Christen und Muslimen, sondern innerhalb der Muslime selbst, zwischen Schiiten und Sunniten. Ich vertraue auf den guten Willen der Menschen in Bahrain. Ich lebe hier nun bereits seit zwei Jahren und habe bisher keine negative Einstellung gegenüber Christen erlebt. In Bahrain, Kuwait und Katar gehe ich in meinem Talar und mit meinem Bischofskreuz. Es gab niemals Probleme; ich werde sogar sehr respektiert. Die katholische Kirche ist allen bekannt als Kirche, die alle respektiert und allen hilft.

Kirche in Not: Betrachten Sie Ihr Vikariat als Missionsland?

Ballin: Ein „Missionsland“ ist ein Land in dem man Menschen evangelisiert und zum Christentum bekehrt, die Naturreligionen angehören. Wir leben aber nicht unter Animisten, sondern unter Muslimen und Hindus. Etwa zehn Prozent der Bevölkerung in meinem Vikariat sind Christen, die große Mehrheit ist also nicht christlich. Aber wir können nicht so wie in anderen Ländern evangelisieren. Wir können nur die Gnade und Liebe Gottes durch unser Leben im Alltag bezeugen. Der beste Ort für dieses Zeugnis ist die Schule.

Kirche in Not: Wie sind Ihre Gemeinden zusammengesetzt?

Ballin: Die Menschen kommen aus vielen Ländern. Die Mehrheit stammt aus Indien und den Philippinen. Andere kommen aus einigen arabischen Staaten, aus Bangladesch, Sri Lanka, Pakistan, Korea, Europa und so weiter. Insbesondere viele Arbeiter aus Asien kommen ganz alleine hierher. Viele von ihnen können ihre Familien nicht mitbringen. Eine Folge daraus ist, dass sie sich einsam und isoliert fühlen und großes Heimweh haben. Auf der anderen Seite suchen sie wegen ihrer Einsamkeit Trost und Frieden in Gott. Daher haben wir eine hohe Beteiligung an den Gottesdiensten. Die Leitung haben 50 Priester und zwei ständige Diakone. Die meisten Priester sind Ordensangehörige, vor allem Kapuziner, denen vom Heiligen Stuhl die Seelsorge am Persischen Golf übertragen wurde.

Kirche in Not: Wie sichtbar und aktiv ist Ihre Kirche in den Städten und Gemeinden?

Ballin: Unsere Kirche ist sehr sichtbar, auch wenn man an den neueren Kirchen draußen kein Kreuz sieht. Tausende und Abertausende Gottesdienstbesucher können nicht unsichtbar sein. Wir haben keine sozialen Engagements; unsere Präsenz zielt mehr auf das persönliche Zeugnis eines guten christlichen Lebens.

Kirche in Not: Was ist Ihre größte Herausforderung als Bischof? Was braucht die Kirche besonders?

Ballin: Wir haben viele Nationalitäten, und unsere Gläubigen gehören zu unterschiedlichen östlichen und orientalischen Riten. Es ist nicht einfach, aus diesen vielen unterschiedlichen Gruppierungen eine einzige katholische Kirche zu schaffen. Es hat den Anschein, dass viele Gemeinden nebeneinander bestehen, doch alle gehören zur katholischen Kirche. Wir respektieren aber die unterschiedlichen Riten. In Kuwait feiern wir zum Beispiel die Liturgie in fünf verschiedenen Riten und 13 unterschiedlichen Sprachen. Es ist eine logistische Herausforderung, diese unterschiedlichen Gemeinschaften innerhalb eines Gebäudes zu vereinen.

Kirche in Not: Die Schwierigkeiten von Christen im Nahen Osten verursachten viele Schlagzeilen. Wie sieht die Situation in Ihrem Vikariat aus?

Ballin: Keine Regierung am Golf verfolgt eine Politik der Konversion vom Christentum zum Islam. Dennoch gibt es einige Eiferer. Natürlich ist es verboten, vom Islam zum Christentum zu konvertieren, aber die Lage am Golf unterscheidet sich von den Herausforderungen, mit denen Christen in anderen Ländern des Nahen Ostens konfrontiert sind. Es gibt am Golf keine einheimischen Christen, außer ein paar wenige in Kuwait und Bahrain; und alle Christen müssen das Land verlassen, wenn sie 60 Jahre alt sind, es sei denn, sie haben ein eigenes Geschäft eröffnet mit Unterstützung einer einheimischen Person. In anderen Ländern des Nahen Ostens sind Christen Einheimische. Christen am Golf sind keine Bürger des Landes, in dem sie arbeiten; sie sind Migranten. Sogar ihre Kinder müssen die Golfregion verlassen, wenn sie eine weiterführende Schule besuchen möchten.

Kirche in Not: Auf Ihrer Internetseite kann man lesen, dass die Regierungen der Region der Kirche vertrauen. Was heißt das konkret?

Ballin: Unsere Kirche ist von vielen Regierungen offiziell anerkannt. Wir sind keine private Gruppe oder eine versteckte Sekte. Ich sage den jeweiligen Regierungschefs, dass sie sich vor der katholischen Kirche nicht zu fürchten brauchen, da sie den Glauben, die Kultur und die Traditionen des Landes respektiert.

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Das Hilfswerk „Kirche in Not“ unterstützt die katholische Kirche weltweit bei ihrer pastoralen Arbeit. Spenden für Kirche in Not/Deutschland sind online möglich unter www.spendenhut.de oder an:

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