Schönborn: Anstandsgrenzen im Umgang mit öffentlicher Provokation

6. Juni 2014 in Österreich


Wiener Kardinal lobt ausdrücklich Initiativen von Christen u.a. gegen Sterbehilfe, für die Familie und für hilfreichere Informationen über Abtreibungen


Wien (kath.net/KAP) Alle Christen sind zu verstärktem Engagement in Kirche und Gesellschaft aufgerufen: Das hat Kardinal Christoph Schönborn in der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" hervorgehoben. Er freue sich sehr, so der Wiener Erzbischof in seiner Kolumne, dass sich in den letzten Wochen verschiedene Initiativen aus der Eigenverantwortung der Laien heraus gebildet hätten: "Für eine Begleitung von Kranken und Sterbenden ohne Giftspritze, für bessere und hilfreichere Informationen über die Abtreibungen, für klare Anstandsgrenzen im Umgang mit Nacktheit und Provokation im öffentlichen Raum, für die Erhaltung der Ehe als dauerhafte und auf Nachwuchs ausgerichtete Gemeinschaft von Mann und Frau", zählte Schönborn auf.

All diese Initiativen würden gerne als "intolerant" missverstanden. Vielmehr seien sie jedoch Ausdruck christlicher Sorge um die Welt, und er danke allen, "die sich hier engagieren - und dafür, dass sie es mit soviel selbstlosem Einsatz tun und trotz starker Anfeindungen sachlich bleiben". Nicht nur mit Argumenten gelte es zu überzeugen, "sondern auch mit unserer Liebe - auch dann, wenn uns im Namen der Toleranz wachsende Intoleranz begegnet", so der Wiener Erzbischof.

"Veränderungen in der Kirche und in der Welt - beide sollen von uns Katholiken mitgestaltet werden", betonte Schönborn. Er erinnerte an den jüngsten Kongress der Pfarrgemeinderäte in Mariazell (29.-31. Mai). Dort habe er darauf hingewiesen, "dass wir ein 'Ja' auch zu unserem gesellschaftlichen Auftrag sagen müssen, dass sich im sozial-caritativen Wirken zeigt, aber auch in einem mutigen Auftreten in der Öffentlichkeit und in den Medien". Besonders gelte dies im Einsatz für die Zukunft der Familie.

Dieses Form des Engagements sei nicht nur Aufgabe der Bischöfe, betonte der Kardinal: "Wir müssen gemeinsam deutlicher werden, wo es um die Verteidigung der Schwachen geht. Wenn es der Familie schlecht geht, leiden darunter vor allem die Schwächeren, die Hilfloseren, die Verletzlicheren. Und sie leiden sehr."

"Sehen, urteilen, handeln"

Im Hinblick auf innerkirchliche Reformen schrieb Schönborn, dass Veränderungen und Umbrüche nicht die Ausnahme seien, sondern einfach zur Dynamik der Kirche gehören würden. Beim PGR-Kongress sei spürbar geworden, dass das Jammern über die Zustände weitgehend dem Reden über die anstehenden Aufgaben gewichen sei. Die Kirche scheine heute wirklich bereit, "zu sehen, zu urteilen und zu handeln", so der Kardinal in Anspielung auf den Innsbrucker Theologen Roman Siebenrock.

Mehrmals betonte Schönborn in seinem Beitrag den Stellenwert der Familie, sowohl für die Gesellschaft als auch für die Kirche. Vor drei Wochen habe er im Vatikan an der Sitzung jenes Rates teilgenommen, der die Synodenvollversammlung im Herbst 2014 zu den Herausforderungen der Familie in unserer Zeit vorbereitet, berichtete er. Papst Franziskus habe deutlich bekundet, wie wichtig ihm das Thema sei - besonders durch seine Teilnahme während eines ganzen Tages an der Sitzung, trotz seiner vielen Verpflichtungen.

Gelingen von Familie fördern

Das Hauptanliegen des Papstes sei, "darüber zu reden, wie die Kirche zu guten Bedingungen für das Gelingen von Familie beitragen kann", so der Wiener Erzbischof. Seine große Sorge um die Familien bringe der Papst immer wieder zum Ausdruck, etwa im Schreiben "Evangelii Gaudium", wonach der heute übliche Individualismus einen Lebensstil begünstige, "der die Entwicklung und die Stabilität der Bindungen zwischen den Menschen schwächt und die Natur der Familienbande zerstört".

Die Zerstörung der Familie treffe laut Schönborn Gesellschaft und Kirche gleichermaßen, weil beide die Familie als ihre grundlegende Zelle betrachteten. Tatsächlich seien ja die ersten - und für lange Zeit auch die wichtigsten - Vertreter der Kirche, die jedem Menschen in seinem Leben begegnen, in den meisten Fällen die eigenen Eltern, gab der Kardinal zu bedenken.

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Foto Kardinal Schönborn (c) Erzdiözese Wien


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