Das KjG-Dokument überrascht nicht

7. Juni 2014 in Kommentar


Der Verdacht, dass es sich oft nicht um Böswilligkeit handelt, wenn von der Lehre der Kirche abweichende Meinungen vertreten werden, sondern um erschreckende Unkenntnis, lässt sich nicht von der Hand weisen. Ein Gastkommentar von Peter Winnemöller.


Geseke (kath.net/blog.peter-winnemoeller.de) Es dürfte niemanden ernsthaft überraschen, daß ein nominell katholischer Jugendverband in Deutschland in Fragen der Sexualmoral nicht mit der Lehre der Kirche konform geht. Immerhin hatte auch die Deutsche Bischofskonferenz in ihrer Zusammenfassung der Antworten auf den Fragebogen zur Familiensynode festgehalten, daß die Lehre der Kirche in Fragen der Ehe-, Familien- und Sexualmoral in der verbandlichen Jugendarbeit nicht vorkommt:

"Die kirchliche Lehre über Ehe und Familie ist Bestandteil der Lehrpläne für den Religionsunterricht. Sie spielt in der Jugendarbeit eine nur geringe Rolle. Nur vereinzelt wird in Predigten auf das katholische Familienbild Bezug genommen." (Quelle: Die pastoralen Herausforderungen der Familie
im Kontext der Evangelisierung)

Einzelfälle, wie das jüngst bekannt gewordene Dokument der kjg zur Europawahl mit dem Namen YOUrope, welches auf der Internetseite der kjg zum Download bereit stand, zeigen durchaus auf, wie groß diese Differenz inzwischen ist. Nicht nur, daß einer völligen sexuellen Indifferenz das Wort geredet wird, wird auch noch der “kostenfreie und sichere Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheitsversorgung”, wörtlich verlangt. Was sich so nett anhört, bedeutet nichts anderes als der freie und wohl auch kostenlose Zugang zu Verhütungsmitteln aller Art, sowie den freien und sicheren Zugang zu Abtreibung.

Deutlicher und klarer kann sich ein Dokument kaum von der Lehre der Kirche abgrenzen. Sowohl hinsichtlich der Abtreibung als auch hinsichtlich der Verwendung von Verhütungsmitteln gibt es klare doktrinelle Festlegungen, die jeder Interessierte im Katechismus oder im Internet nachlesen kann.

Die Differenzen könnten größer nicht sein. Was das Dokument der kjg postuliert, steht in diametralem Gegensatz zu Lehre der Kirche. Und damit ist dieses Dokument als Dokument eines katholischen Verbandes die Bits und Bytes nicht Wert, in denen es gespeichert ist. Es ist ein "Lügendokument", weil es eine Privatmeinung als katholische Position verkauft.

Wohl ist die oben beschriebene Position eine voll und ganz auf dem linksgrünen europäischen Mainstream sexueller Selbstbestimmung liegende und damit sicher bei einer Mehrheit der Jugendlichen auch in Deutschland und leider auch bei einer Mehrheit der nominell katholischen Jugendlichen konsensfähig. Doch es bleibt dabei, daß Majorität kein Kriterium für Wahrheit ist.

Nicht nur, daß es ein Akt abscheulichen Relativismus ist, sich als katholischer Verband so vor dem Zeitgeist im Staub zu wälzen und seine Kotau zu machen, mehr noch ist es in höchstem Maße verwerflich, junge Menschen, die die Zielgruppe eines solchen Dokumentes sind, über die Lehre der Kirche so hinterhältig zu täuschen.

Öffentlich dürften die Publikationen der kjg kaum einmal ein Minimum an Wahrnehmung erlangen. So ist es wenig sinnvoll, zu lange bei einem solchen Einzelfall zu verharren. Es geht um grundsätzliche Fragen, denn wer bei anderen im Dachverband BDKJ zusammen geschlossenen nominell katholischen Jugendverbänden nachsieht, dürfte in deren Publikationen ebenfalls in der einen oder anderen Weise von der Lehre der Kirche abweichende Ansichten vorfinden.

Es ist ein Problem genereller Natur. Es kann nicht sein, daß man eine einzelne Publikation an den Ohren aus den Tiefen des Internet zieht und alleine daran einen Skandal fest macht. Der Skandal geht tiefer, wesentlich tiefer. Auf Kosten der Kirchensteuerzahler wird eine politische und gesellschaftliche Bildung betrieben, die sich das Etikett katholisch aufklebt, ohne sich wirklich mit der katholischen Morallehre in Einklang zu befinden. Und das betrifft eben nicht nur die Sexualität, das betrifft auch andere Bereiche und müßte umfassend untersucht werden.

Es braucht nicht direkt die Keule des Kirchensteuermittelentzuges. Eine kirchliche Druck- resp. Veröffentlichungserlaubnis, die von einer sachverständigen Kontrollinstanz vergeben wird, könnte viel Unheil und Skandalpotential im Vorfeld aushebeln. Eine sachverständige Begleitung und katechetische Unterweisung im Prozeß der Erstellung solcher Dokumente hätte nicht nur für die Adressaten, sondern auch für die Verfasser erhebliche Vorteile.

Der Verdacht, dass es sich in vielen Fällen gar nicht um Böswilligkeit handelt, wenn von der Lehre der Kirche abweichende Meinungen vertreten werden, sondern vielmehr um eine erschreckende Unkenntnis, lässt sich nämlich nicht von der Hand weisen.



© 2014 www.kath.net