Papst: Gerechte Welt ist keine Illusion

6. Juli 2014 in Spirituelles


Die christlichen Ideale Barmherzigkeit und Nächstenliebe sind keine Flucht vor der Wirklichkeit, sondern die Straße, die uns wirklich der Gerechtigkeit und dem Frieden näherbringt


Isernia (kath.net/KNA) Mit einem Appell für ein menschlicheres Wirtschaftssystem hat Papst Franziskus seine Reise in die italienische Region Molise beendet. Die Suche nach einer gerechten und solidarischen Welt gründe nicht auf Träumerei und Illusion, sagte er am Samstagabend in der Stadt Isernia.

Auch wenn die christlichen Ideale der Barmherzigkeit und der Nächstenliebe in der realen Welt wenig Platz hätten, seien sie keine Flucht vor der Wirklichkeit, so der Papst. In der Nächstenliebe liege die Kraft für eine gerechtere Wirtschaftsordnung. Sie stelle nicht Geld und Profit, sondern den einzelnen Menschen, seine Arbeit und Familie in den Mittelpunkt.

«Wir sind weder Träumer noch Illusionisten, noch wollen wir Oasen außerhalb der Welt erschaffen», sagte Franziskus vor mehreren zehntausend Pilgern und Besuchern. «Wir glauben vielmehr, dass diese Straße diejenige ist, die für alle gut ist, die Straße, die uns wirklich der Gerechtigkeit und dem Frieden näherbringt.»

Anlass seiner Rede war die Eröffnung eines Festjahrs für Papst Cölestin V. (1215-1296), der vor 800 Jahren in Isernia geboren wurde. Franziskus verglich ihn wegen seiner Demut und Nächstenliebe mit dem heiligen Franz von Assisi (1181/82-1226). Beide hätten die Mängel ihrer Zeit erkannt, seien dem armen Volk nahe gewesen und hätten sich für ein Leben in Einfachheit und gegen den Strom entschieden. «Diese beiden Heiligen haben die Notwendigkeit gespürt, dem Volk das Größte zu geben: die Barmherzigkeit des Vaters», sagte Franziskus.

Bis zum Rücktritt von Benedikt XVI. (2005-2013) galt Cölestin V. als der letzte Papst, der freiwillig aus seinem Amt schied. Er war 1294 nach wenigen Monaten im Amt abgetreten und in sein Leben als Einsiedler zurückgekehrt. Auf diesen Punkt in seiner Biografie ging Franziskus nicht ein.

Nach seiner Rede und persönlichen Begegnungen mit Zuhörern kehrte Franziskus am Samstagabend im Hubschrauber in den Vatikan zurück. Es war seine fünfte Reise innerhalb Italiens. Sie hatte am Samstagmorgen im molisischen Hauptort Campobasso begonnen, wo der Papst vor Unternehmern und Beschäftigten das Recht des Menschen auf Arbeit einforderte und eine große Messe unter freiem Himmel feierte. Im Laufe des Tages traf er unter anderem mit Jugendlichen, armen Menschen und Strafgefangenen zusammen. In den Kathedralen von Campobasso und Isernia nahm er sich länger Zeit für ein Treffen mit Kranken und Behinderten.

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Foto: (c) SIR



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