Du sollst nicht töten? Aber du wirst, du wirst ...

18. Juli 2014 in Buchtipp


Bei Abtreibung eines 22 Wochen alten Fötus kann jeder sehen, dass hier ein Kind in Stücke zerfetzt wird. Mitwirkende Krankenschwester: »Es war wie in einem Horrorfilm« - Leseprobe 4 aus dem Buch von Vladimir Palko: „Die Löwen kommen“


Kisslegg (kath.net)
»Ich sage es direkt, dass ich nicht verstehe, weshalb sich Ärzte für Gynäkologie entscheiden, wenn sie ein Problem damit haben, Interruptionen durchzuführen.« Iveta Radičová, künftige Vorsitzende der Regierung der SR, September 2007

Catherina Cenzon-DeCarlo arbeitete als Krankenschwester in einem Krankenhaus in New York. Der Name des Krankenhauses war in der Tat biblisch: Mount Sinai. Am Berg Sinai übergab der Herr Mose die Zehn Gebote. Das fünfte dieser Gebote lautet: »Du sollst nicht töten.«

In diesem Krankenhaus werden aber – ganz unbiblisch – Abtreibungen durchgeführt. Im Mai 2009 haben ihre Vorgesetzten Cenzon-DeCarlo, Katholikin und Nichte eines philippinischen Bischofs, angewiesen, sie solle bei einer Abtreibung im Spätstadium der Schwangerschaft assistieren. Diese Vorgesetzten wussten, dass Catherina früher schon auf einem Fragebogen mitgeteilt hatte, sie lehne es ab, bei Abtreibungen zu assistieren. Dies stand in Übereinstimmung mit dem Gesetz, das Gewissensvorbehalte anerkennt.

Die Vorgesetzten behaupteten nun aber, es handle sich um einen Notfall. Catherina beurteilte jedoch die Situation der Patientin, die an Hochdruck litt, als keineswegs kritisch. Es wurde auch keine Magnesium-Therapie, wie üblich in derartigen Fällen, eingeleitet. Später hat Catherina sogar erfahren, dass in den Akten der Patientin deren Situation als nicht unmittelbar lebensbedrohlicher Fall vermerkt worden war.

Catherina lehnte zuerst die Teilnahme ab und bestand auf einem Ersatz für sie. Es folgten Drohungen, sie werde mit Disziplinarmaßnahmen wegen Arbeitsverweigerung zu rechnen haben. Die weinende Catherina gab nach und assistierte bei der Abtreibung. Anschließend musste sie die Stücke des zerfetzten Kinderkörperchens beseitigen und mit einer Lösung übergießen.

Wenn es sich um die Abtreibung eines 22 Wochen alten Fötus handelt, kann jeder sehen, dass hier ein Kind in Stücke zerfetzt wird. »Es war wie in einem Horrorfilm«, erzählte Catherina. »Ich habe mich verletzt und verraten gefühlt. Als ich von den Philippinen in die USA kam, habe ich geglaubt, in Amerika würde die religiöse Freiheit respektiert.« Seit dieser Zeit schläft sie nicht mehr gut.

Catherina Cenzon-DeCarlo verklagte das Krankenhaus Mount Sinai. Es wird interessant werden, den Prozessverlauf zu verfolgen.

Seinen Streit bereits gewonnen hat Kevin Stormans, Inhaber eines Supermarktes in Olympia im amerikanischen Staat Washington. Stormans hatte sich 2006 entschlossen, in seiner Pharmaabteilung die abortive »Antikonzeption« mit der Bezeichnung Plan B nicht mehr zu verkaufen. Es handelt sich dabei um ein Mittel, das beim Geschlechtsverkehr angewandt wird und das verhindert, dass sich das befruchtete Ei einnistet. Stormans sagte, dies könne er mit seinem Gewissen und dem seiner Mitarbeiter nicht vereinbaren. Stormans wurde von den örtlichen Feministinnen boykottiert. Vor allem die Gouverneurin des Staates Washington, Christine Gregoire, drohte, sie werde jedes Mitglied im staatlichen Rat für Pharmazie abberufen, das Stormans Standpunkt unterstützt. Der Rat für die Pharmazie gab eine Richtlinie heraus, nach der die Haltung von Stormans unzulässig sei. Stormans ließ sich auf einen Rechtsstreit ein. Im Jahr 2008 entschied der Bundesrichter Ronald Leighton, die Richtlinie des Rates sei verfassungswidrig, weil sie der religiösen Freiheit widerspreche.

Wie viele Apotheker in den USA einen ähnlichen Kampf gefochten haben, ob erfolgreich oder nicht, weiß offenbar keiner.

Nicht immer ist die Regierung gegen Apotheker. Manchmal werden ihnen nur die Schaufensterscheiben eingeschlagen wie dem katholischen Apotheker in Berlin. Und manchmal entscheiden bei der Empfängnisverhütung die Gerichte gegen die Katholiken. So hat 2004 der Oberste Gerichtshof in Kalifornien entschieden, dass katholische karitative Organisationen verpflichtet seien, ihren Mitarbeitern die Empfängnisverhütung zu bezahlen, obwohl Verhütung im Widerspruch zur katholischen Moral steht.

Im britischen Oberhaus sind nicht viele Katholiken vertreten. Einer von ihnen ist aber außergewöhnlich. Lord David Alton aus Liverpool. Er wurde als Abgeordneter 1979 in das Unterhaus gewählt und war mit 28 Jahren das »Baby of the House«, also der jüngste Abgeordnete. Er war zwar Mitglied der »Liberalen Demokraten«, aber er war ein sonderbarer Liberaler. Er vertrat nämlich Pro-Life-Positionen. Dadurch kam er immer mehr in Konflikt mit seiner Partei. 1997 verließ er die Partei und auch das Unterhaus. Dank John Major, des scheidenden Premiers der Konservativen, wurde er zum Mitglied des Oberhauses auf Lebzeiten ernannt.

David Alton hat im März 2005 in seiner Rede vor dem Oberhaus bemerkenswerte Geschichten von britischen Christen erzählt, die bei ihrem Kampf zum Schutz von Menschenleben nicht gezögert hatten, als Opfer auch den Verlust ihres Arbeitsplatzes in Kauf zu nehmen.

Da war etwa die Geschichte der Sekretärin Barbara Janaway. Sie lehnt es ab, einen Brief zu schreiben, in dem der Arzt einer Frau eine Abtreibung empfiehlt. »Ich konnte das nicht tun. Ich würde etwas in Gang setzen und das wäre unverantwortlich.« Der vorgesetzte Arzt, der den Brief diktiert hatte, sagte ihr: »Treten Sie endlich in die reale Welt ein!« Die Antwort von Barbary Janaway war verblüffend einfach. Sie hätte es verdient, in Stein gemeißelt zu werden.

»Dies ist die reale Welt«, antwortete ihm Barbara Janaway und verlor ihre Stelle.

Er erzählte weiterhin die Geschichte von Patrick McCrystal, einem Apotheker, der es ablehnte, abortive Empfängnisverhütung zu verkaufen. Auch er hat die Stelle verloren. Dann gibt es die Geschichte des jungen Chemikers Stephen Clark aus Manchester, dessen Firma den Auftrag bekommen hatte, die Emissionen der Verbrennungsanlage, in der auch biologischer Abfall aus sechzehn Krankenhäusern verbrannt wurde – darunter auch die leiblichen Überreste abgetriebener Kinder –, zu messen. Stephen Clark lehnte es ab, sich an den Messungen zu beteiligen. »Ich mache nicht mit, ebenso wenig wie ich mich am Monitoring im Krematorium in Ausschwitz beteiligen würde«, gab Clark an. Daraufhin verlor er seine Stelle und später auch seinen Gerichtsprozess.

Zu erwähnen ist die Geschichte des Journalisten Simon Caldwell von der Zeitung »Lancashire Evening Post«, der häufig über Abtreibungen in der Region geschrieben hatte, wobei er im Zusammenhang mit den Abtreibungen Worte wie »töten« und »umkommen« benutzte. Die Vorgesetzten ließen ihn wissen, dies sei zu emotional. Er solle besser Ausdrücke wie »Beendigung der Schwangerschaft« benutzen. Caldwell lehnte ab und wurde gefeuert.

Glauben die Revolutionäre etwa, sie könnten für alle Ewigkeit jeglichen Widerstand des menschlichen Gewissens unterdrücken? Diese Menschen werden trotz allem protestieren, solange die Erde sich dreht ... Die modernen Revolutionäre werden zwar, so gut es eben geht, alles unterdrücken. Der Gewissenskonflikt ist nämlich eine Bedrohung des Systems. Wenn sie den Vorbehalt des Gewissens anerkennen, so geben sie zu, dass mit dem System etwas nicht in Ordnung ist.

In den 50er-Jahren war Abtreibung auch im politischen Bereich inakzeptabel – mit Ausnahme des Sowjet-Blocks, wo sie überall legalisiert worden war.

Dann, in der ersten Phase, in den 60er- und 70er-Jahren, nahm die Legalisierung der Abtreibung den Parlaments- oder Gerichtsweg. Damals wurde aber im Grunde das Recht von Ärzten und Medizinern, nicht an Abtreibungen teilzunehmen, akzeptiert. Eines der ersten Gesetze dieser Art in Westeuropa, der britische »Abortion Act«, formuliert noch ausdrücklich dieses Recht auf Gewissensfreiheit.

Die zweite Phase ist dann gekennzeichnet durch das Beschließen von drakonischen Gesetzen gegen Menschen, die – gleichgültig wie still und höflich – gegen Abtreibungen in der Nähe von Abtreibungskliniken protestieren. Auf Grund dieser Gesetze kam Linda Gibbons ins Gefängnis.
In der dritten Phase wird das Recht auf Gewissensvorbehalte angezweifelt. Das erleben wir zurzeit. Der spanische sozialistische Justizminister Francisco Caamano gab 2009 kund, was Abtreibungen betrifft, »gibt es keinen Raum für Gewissensvorbehalte«. Wenn aber der Arzt keine rechtliche Grundlage mehr hat, auf deren Basis er die Durchführung von Abtreibungen ablehnen kann, dann droht ihm strafrechtliche Verfolgung. »Lieber gehen wir ins Gefängnis, als dass wir uns einem kriminellen Abtreibungsgesetz unterwerfen«, erwiderte der Arzt Esteban Rodriguez dem Minister. Er ist Sprecher der Organisation »Derecho a Vivir« (Recht auf Leben). Im April 2011 verlor ein spanischer Arzt, der es abgelehnt hatte, Frauen Ratschläge bezüglich einer Abtreibung zu geben, seinen Gerichtsprozess. Richter Oscar Perez aus Malaga sagte, »die Pflicht, eine angemessene medizinische Pflege zu gewähren, steht über dem Gewissen«.

Die Gesetzgeber des australischen Staates Victoria lehnten es 2008 ab, dem Gesetz über die Legalisierung von Abtreibung eine Klausel über das Recht auf Gewissensvorbehalt hinzufügen. Unter den christlichen Ärzten wächst die Angst, kriminalisiert zu werden, wenn sie die Durchführung von Abtreibungen ablehnen. Kardinal George Pell aus Sydney nannte die Verweigerung des Gewissensvorbehalts Tyrannei.

Einen erbitterten Kampf um den Gewissensvorbehalt gab es in der vergangenen Dekade in den USA. Es ging um ein im Kongress jahrelang vorbereitetes, aber nicht verabschiedetes Gesetz, den »Freedom of Choice Act«, also ein »Gesetz über die Freiheit der Wahl«, bekannt unter dem Kürzel FOCA. Es erklärt die Abtreibung zu einem menschlichen Grundrecht. Seine Verabschiedung wäre die legislative Bestätigung des Urteils im Fall »Roe vs. Wade« und verständlicherweise auch eine Infragestellung des Rechts auf Gewissensvorbehalt. Als der Senator Barack Obama 2007 bei seinem Besuch von »Planned Parenthood« gefragt wurde, was er als Präsident zuerst tun würde, antwortete er ohne Zögern: »Zuerst würde ich FOCA unterzeichnen.«

Aber die Entwicklung ging in die entgegengesetzte Richtung. Die letzte Tat von Präsidenten George W. Bush war die Durchsetzung der »Provider Refusal Rule«, eines Gesetzes über den starken Gewissensvorbehalt für Ärzte und Mediziner, was Abtreibungen betrifft. Dieses Gesetz wurde am 20. Januar 2009 wirksam, genau an dem Tag, als der neue Präsident Barack Obama seinen Eid abgelegte.

Schon Ende Februar 2009 erklärte die Obama-Administration, es sei geplant, das Gesetz aus der Bush-Ära über Gewissensvorbehalte zu ändern. Dagegen erhob sich eine Welle des Widerstands von Seiten der Kirchen und Pro-Life-Organisationen. Barack Obama hat bis jetzt bezüglich des Gewissensvorbehalts keinen Erfolg.

Im selben Monat sagte Marylee Meehan, Präsidentin der Internationalen katholischen Vereinigung von Krankenschwestern, dass Krankenschwestern, die sich zu Pro-Life bekennen, ein weltweit wachsendes Anstellungsproblem haben. 2011 unterschrieben mehr als 61.000 Mitarbeiter im Gesundheitswesen und Patienten eine Petition an Präsident Obama, in der sie einen besseren Schutz des Gewissens von medizinischen Mitarbeitern forderten. Ja, wir sollten auch die Patienten nicht vergessen. Viele Patienten fürchten, dass es bald keine Ärzte mehr gibt, mit denen sie die gleichen Werte teilen. Nach einer Umfrage der katholischen medizinischen Assoziation CMA meinen 87 % der Amerikaner, Mediziner sollen bei moralischen Vorbehalten nicht zu Eingriffen gezwungen werden. Mit der Aussage »lieber schließe ich meine medizinische Praxis, als gegen mein Gewissen zu verstoßen« stimmten 95 % der amerikanischen Ärzte überein. 88 % der Amerikaner wollen die gleichen Werte mit ihrem Arzt oder Pfleger teilen.

In Schweden hingegen zeigte das Parlament bezüglich des Gewissensvorbehalts mit dem Daumen nach unten. In einer Abstimmung 271 zu 20 (!) nahm es kritisch Stellung zum Beschluss des Europarates, der dem Arzt das Recht auf Gewissensvorbehalt zugestanden hat ebenso wie das Recht, die Durchführung von Abtreibungen abzulehnen. Aus der niederländischen königlichen Gesellschaft hingegen wurde uns kürzlich gemeldet, jeder Arzt sei verpflichtet, sich an der Euthanasie zu beteiligen. Er muss zwar nicht direkt töten, aber er ist zumindest verpflichtet, den Antragsteller zu einem Kollegen zu überweisen, der ihn dann tötet. Auch im schweizerischen Kanton Vaud werden Ärzte in Krankenhäusern und Seniorenheimen Menschen, die diese Welt verlassen wollen, behilflich sein müssen. Dies haben im Juni 2012 die Bewohner des Kantons in einem Referendum entschieden. Beschwerden darüber, dass Ärzte und Mediziner das Recht haben, eine Abtreibung abzulehnen, kommen aus Frankreich.

Nein, niemand kann laut Revolution außen vor bleiben. Jeder muss sich am Tod beteiligen. Das Gericht hat dies zwei katholischen Krankenschwestern aus dem schottischen Glasgow im Februar 2012 klar gesagt. Die Geburtshelferinnen Mary Doogan und Connie Wood lehnten es ab, Schwestern zu beaufsichtigen, die bei Abtreibungen assistierten. Jahrelang waren sie dazu nicht gezwungen worden, doch das hat sich geändert. Daraufhin haben sie das Gericht angerufen – aber verloren. In Großbritannien wird Gewissensvorbehalt zwar vom Gesetz anerkannt, aber wie es scheint, auf recht restriktive Art. Die Richterin erklärte, die Schwestern seien nicht direkt und persönlich gezwungen gewesen, die Prozedur auszuüben. Sie sollten sie nur überwachen. Dies ist in etwa so, als wenn der Chef einer kriminellen Gang die Beseitigung der Konkurrenzgangster nicht persönlich vornimmt. »Wir beide sind enttäuscht und sehr traurig über dieses Urteil. Während unserer 20-jährigen Arbeit im ›Südlichen allgemeinen Krankenhaus‹ waren wir als Geburtshelferinnen stolz auf diese Entbindungsabteilung, in der das Recht der Schwestern auf Gewissensfreiheit voll respektiert wurde«, sagte Mary Doogan. »Wir haben Frauen, die ihre Schwangerschaft beenden wollten, nicht verurteilt. Aber wir sind überzeugt, dass das Leben von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod geschützt werden soll. Deshalb wollen wir auch nicht verurteilt werden, wenn wir uns an der Beendigung einer Schwangerschaft nicht beteiligen.«

Im Herbst 2011 klagten zwölf Krankenschwestern gegen die Leitung des Krankenhauses in New Jersey in den USA. Auch sie hatte man gezwungen, unter der Drohung der Entlassung sich an Abtreibungen zu beteiligen. Sie hatten abgelehnt. Auch in diesem Fall hat die Krankenhausleitung die per Gesetz garantierte Gewissensfreiheit nach ihren eigenen Vorstellungen ausgelegt. Zu einer von den Schwestern, Esperanza R. Vinoya, sagte ihr Vorgesetzter: »Sie müssen doch nur das Kind am Kopf fassen. Keine Angst, es wird schon tot sein.« Das ist aber ein Sensibelchen, diese Schwester ...

Beryl Otieno-Negoje erklärte: »Ich bin Krankenschwester geworden, um den Menschen zu helfen, nicht, um dabei zu helfen, sie zu töten. Das kann nicht richtig sein.« Sie ist eine Krankenschwester und glaubt nicht, dass es richtig ist, Beihilfe beim Töten von Menschen zu leisten. Sie lebt wohl noch im Mittelalter ...

In der zweiten Hälfte 2011 und im Jahr 2012 entflammte in den USA erneut ein Kampf. Diesmal ging es um neue Maßnahmen des »Ministeriums für Gesundheit und soziale Dienstleistungen« (Department of Health and Human Services). Es ging um die Erstattung der Kosten von Verhütungsmitteln durch die Krankenversicherungen. Geplant ist dies von Obamas Ministerin Kathleen Sebelius und hat das einfache Kürzel »HHS mandate«. Wenn es gebilligt wird, müssen die Arbeitgeber für die Antikonzeption ihrer Arbeitnehmer zahlen. Darunter fällt auch die Sterilisation und die abortive Antikonzeption, derer Nutzung eigentlich keine Verhütung, sondern eher eine »Miniabtreibung« ist. Arbeitgeber sind auch christliche Kirchen und zugeordnete christliche Organisationen. Stellen wir uns katholische Schulen, Krankenhäuser, karitative Organisationen vor. Sie sollen durch Gesetz gezwungen werden für etwas zu zahlen, das im Widerspruch zur katholischen Glaubenslehre steht. Die amerikanische katholische Kirche betrachtet dies als direkten Angriff auf die religiöse Freiheit. Kardinal Francis George aus Chicago schrieb im Februar 2012 in seiner Kolumne in der Zeitschrift der Erzdiözese:

»In der amerikanischen Geschichte haben unsere Regierungen stets die individuelle Gewissensfreiheit und die institutionelle Integrität der vielen religiösen Gruppen, die unsere Gesellschaft bilden, respektiert. Die Regierungen haben sie nicht gezwungen, etwas zu tun oder für etwas zu zahlen, was gemäß ihrem Glauben unmoralisch ist. Das haben wir für religiöse Freiheit gehalten. Das haben wir durch die amerikanische Verfassung für geschützt gehalten. Vielleicht war es lächerlich, dass wir so etwas geglaubt haben. Was passiert aber, wenn ›HHS mandate‹ nicht annulliert wird? Die katholischen Organisationen werden eine von den vier folgenden Möglichkeiten haben: 1. Sie säkularisieren sich, unterbrechen ihre Verbindung mit der Kirche, mit ihrer moralischen und sozialen Lehre, und beenden die Aufsicht durch den örtlichen Bischof. Das ist eine Form des Diebstahls. Es bedeutet nämlich, dass der Kirche ihre institutionelle Stimme im öffentlichen Leben genommen wird. 2. Sie entrichten die üblichen Geldstrafen, weil sie sich weigern, für abtreibende Mittel, künstliche Verhütung und Sterilisierung zu zahlen. Das ist wirtschaftlich nicht zu halten. 3. Sie verkaufen die Organisation an eine nicht katholische Gruppe oder an die örtliche Regierung. 4. Sie schließen die Organisation ...

Religiöse Freiheit ist mehr als die Freiheit, eine Andacht zu verrichten. Sie war auch in der Verfassung der ehemaligen Sowjetunion garantiert. Die Menschen konnten in die Kirche gehen, falls sie eine gefunden haben. Die Kirche hatte aber außer bei religiösen Zeremonien keinen Handlungsspielraum. Keine Schulen, keine religiöse Publikationen, keine medizinischen Einrichtungen, keine karitativen Organisationen, keine Gerechtigkeitsdienste und keine Taten der Barmherzigkeit, die natürlich aus dem gelebten Glauben heraus erfolgten, standen ihnen zur Verfügung. Alles hat die Regierung mit Gewalt usurpiert. Wir haben einen langen Kalten Krieg geführt, um diese Vision von der Gesellschaft zu besiegen.«

Ja, der Kardinal hat erkannt, dass diese Vision wieder da ist. Im Westen. Zum Schluss seiner Kolumne empfiehlt er den Lesern, die veröffentlichte Liste der katholischen Krankenhäuser und medizinischen Einrichtungen in der Erzdiözese anzusehen. Es könnte nämlich sein, dass diese Liste in zwei Jahren keine Eintragungen mehr hat.

Über »HHS mandate« sprach auch Kardinal Timothy Dolan, Vorsitzender der Amerikanischen Bischofskonferenz, mehrmals mit Präsident Obama. Die Details veröffentlichte er im März 2012 in einem Gespräch mit dem Wall Street Journal. Barack Oba­ma hatte Dolan im November ins Oval Office eingeladen. Alles sah am Ende sehr gut aus. Dolan prüfte nach, ob er die Botschaft des Präsidenten richtig verstanden hatte. »Sie sagten, Herr Präsident, dass Sie große Anerkennung für die Arbeit der katholischen Kirche in den Vereinigten Staaten im Bereich Bildung, Gesundheitswesen und Fürsorge haben ... und die Regierung werde nichts unternehmen, was diese Arbeit behindern würde, dass Sie den Schutz der Gewissensfreiheit mit höchst möglichem Ernst betrachten. Kann man das so zusammenfassen?« »Sie können darauf wetten«, antwortete Barack Obama. Als Dolan fragte, ob er die Erlaubnis habe, dies so allen Bischöfen zu übermitteln, antwortete der Präsident: »Sie haben nicht nur die Erlaubnis, ich bitte Sie darum.« Zwei Monate später war alles anders. Der enttäuschte Dolan sagte dem Wall Street Journal, im Januar 2012 habe ihn der Präsident angerufen und mitgeteilt, dass das »HHS mandate« nicht bedeutend geändert werde und die Kirche bis August Zeit habe, sich anzupassen. »Wir brauchen keine Zeit, weil wir uns nicht anpassen werden«, sagte der Erzbischof dem Präsidenten. Die Katholiken, die es am meisten betrifft, haben die Unterstützung anderer christlichen Kirchen. »Jetzt sind wir alle Katholiken«, sagte der ehemaliger Gouverneur von Arkansas, der Baptist Mike Huckabee, der sich sehr gut in den Vorwahlen für die Präsidentschaft 2008 geschlagen hatte.

Der legendäre Slogan der Pro-Abtreibungsaktivisten »Keep your rosaries off my ovaries!«, also »Weg mit Ihrem Rosenkranz von meinen Eierstöcken!« hat heute eine umgekehrte Bedeutung bekommen. Die Katholiken können ruhig sagen: »Keep your ovaries off my rosaries!«

Hier ist ein massiver Kampf im Gange. In ihm entscheidet sich, was wir Menschen sind. Sind wir uneingeschränkte Herren unseres Schicksals? Entscheiden wir, was Gut und Böse ist? Oder sind wir Geschöpfe, in die der Schöpfer seine stille, aber eindringliche Stimme gelegt hat, eine Stimme, die man nicht zum Schweigen bringen kann?

kath.net-Lesetipp
Die Löwen kommen
Warum Europa und Amerika auf eine neue Tyrannei zusteuern
Von Vladimir Palko
504 Seiten
2014 Fe-Medienverlag
ISBN 978-3-86357-072-9
Preis 13.20 EUR

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