My Bonny is over the ocean

6. September 2014 in Kommentar


Es verwundert nicht, wenn allein die FAZ dem Provinzbischof Johan Bonny und seinen Irrtümern drei Artikel an einem Tag widmet. Die Rede ist dabei sogar gleich vom Kampf um Rom. Gastbeitrag von Peter Winnemöller


Geseke (kath.net/katholon) Es ist eine Binsenweisheit, dass die Morallehre der Kirche nur von einer Minderheit der Menschen akzeptiert wird. Das wurde ja bereits von der DBK in ihrer Antwort auf den Fragebogen zur Vorbereitung der Familiensynode festgestellt. Ebenfalls wurde festgestellt, dass die Vermittlung der Morallehre der Kirche in der Lehre, dem Religionsunterricht, der Katechese und der Arbeit der kirchlichen Verbände keine Rolle spielt.

Gesetzt den Fall, die Kultusministerkonferenz würde den Mathematikunterricht bis zur Unkenntlichkeit entstellen, die Lehrstühle für Mathematik nur noch mit Leuten besetzen, die nicht 1 und 1 zusammen zählen können, in der Politik die Bedeutung des Rechnens permanent herunter spielen, da ja Computer für uns rechnen, dann würde in 40 Jahren eine Gruppe Wissenschaftler feststellen, dass niemand mehr rechnen kann.

Irgendwo würde ein schlauer Mensch auftreten und der erstaunten Öffentlichkeit erklären, dass man die Rechenregeln jetzt mal endlich an die Lebenswirklichkeit der Menschen anpassen müsste. Er würde vermutlich für irrsinnig erklärt werden.

Johan Bonny, Bischof von Antwerpen, tut genau das. Nachdem 40 Jahre lang mit großer Ignoranz die Lehre der Kirche bezüglich Ehe, Familie und Empfängnisregelung permanent ignoriert, verfälscht und verharmlost wurde, soll sie nun den real existierenden Menschen angepasst werden. Das jedenfalls wünscht sich der Bischof von Antwerpen und findet dabei die (je nachdem laut oder leise geäußerte) Zustimmung des einen oder anderen seiner Amtsbrüder in Europa. Beifall findet er jedenfalls in der Veröffentlichten Meinung, die ja – in Gestalt der Medien im Lande – schon längst der Meinung ist, die Kirche müsse sich mal langsam an die Lebenswirklichkeit der Menschen anpassen.

So verwundert es nicht, wenn allein die FAZ dem Provinzbischof und seinen vermutlichen Irrtümern drei Artikel an einem Tag widmet. Die Rede ist dabei gleich vom Kampf um Rom und setzt dem Papst und den lehramtstreuen Bischöfen die Pistole der Kollegialität auf die Brust.

Unsinnig ist die referierte These des Bischofs von der gewachsenen Einsicht in die Würde der Gewissensentscheidung allemal. Im Gegensatz zu der hier vertretenen Äußerung bezieht sich die Gewissensentscheidung nicht auf einen Akt der Willkür, mit dem ich mir die Regeln so zusammen bastele, dass sie nicht mehr wehtun. Vielmehr hat sich das Gewissen nicht am Nichts sondern an der Lehre der Kirche und den Geboten Gottes auszurichten. Dabei kommt der Mensch, der sein Gewissen gebildet hat, zu Entscheidungen, wenn sie im Leben anstehen.

Nun kann es sein, dass sich ein Mensch im Gewissen zu einer Entscheidung durchringt, die objektiv den Spielregeln widerspricht. Dann lehrt die Kirche, dass in diesem Fall auch dem irrenden Gewissen zu folgen ist. Man könnte, um hier ein Bild zu zeichnen, das Gewissen als die letzte Instanz unterhalb des Jüngsten Gerichts bezeichnen. So wäre eine reine Gewissensentscheidung also diesseitig höchstrichterlich. Um im Bild der Justiz zu bleiben, sollte man sich vor Augen halten, dass nicht jede streitige Auseinandersetzung überhaupt in den gerichtlichen Instanzenweg gerät. Vieles lässt sich auf dem Verwaltungsweg lösen.

Also: Bei den meisten aller Fragen gibt mir der Katechismus eine Antwort, mit der ich zur Entscheidungsfindung komme. Sagt nun aber der Katechismus etwas, was sich in meinem Leben nicht abbilden lässt, dann muss ich die nächste Instanz anrufen. Das kann ein geistliches Gespräch sein. Komme auch da nicht zu einer Entscheidung, dann trifft irgendwann der Moment zu, in dem mir weder die Gebote Gottes noch der Katechismus der Kirche noch ein geistlicher Ratgeber zu einer Entscheidung verhelfen können. Dann und wirklich erst dann ist eine Entscheidung des Gewissens gefragt. Und diese Entscheidung hat höchste Priorität. Diese Entscheidung hat niemand zu hinterfragen, wenn sie ernsthaft geprüft und im Gewissen gefällt ist. Dann gilt, dem Gewissen, auch dem irrenden, ist zu folgen.

Bischof Bonny siedelt also das Gewissen des Menschen unterhalb der Regeln an und bewertet es eindeutig zu niedrig, wenn er einen Gegensatz zwischen dem Gewissen der Menschen und der Lehre der Kirche aufzubauen versucht. Als wäre das allein nicht schon übel genug, so ist der Schaden durch den kirchenpolitischen Missbrauch der Gewissennotlage von Menschen in moralischen Konflikten gerade eine Katastrophe. Hier wird auf dem Rücken der seelischen Not der Menschen eiskalte Machtpolitik – gerade und auch von Medien – betrieben. Wie ist das eigentlich moraltheologisch einzuordnen?

Foto Peter Winnemöller:


Foto Winnemöller (c) kath.net/Michael Hesemann


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