Europa-Premiere nach anderthalb Jahren

13. September 2014 in Kommentar


Papst Franziskus besucht am 21. September Albanien. Von Thomas Jansen (KNA)


Rom (kath.net/KNA) Der erste Papst aus der Neuen Welt hat den sogenannten Alten Kontinent wartenlassen. Doch nun ist es soweit: Anderthalb Jahre nach seinem Amtsantritt besucht Franziskus erstmals ein europäisches Land. Am 21. September unternimmt er einen elfstündigen Tagesausflug nach Albanien. Auf kein bisheriges Reiseziel außerhalb Italiens trifft sein mittlerweile geflügeltes Wort von den «Randgebieten» wohl mehr zu, als auf das bitterarme Land auf dem Balkan. Das gilt auch in religiöser Hinsicht: Albanien ist der einzige Staat Europas außer dem Kosovo mit einer muslimischen Bevölkerungsmehrheit. Nirgendwo in Osteuropa setzten die kommunistischen Machthaber der katholischen Kirche zudem so zu, wie in dem Land, das sich 1967 zum «ersten atheistischen Staat der Welt» erklärte.

Franziskus will mit der Reise nach eigenem Bekunden ein Zeichen für den Dialog zwischen den Religionen setzen. Er würdigte im August vor Journalisten auf dem Flug von Seoul nach Rom die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit aus Muslimen sowie katholischen und orthodoxen Christen und die Arbeit des interreligiösen Rats in Albanien. «Die Präsenz des Papstes soll allen Völkern zeigen, dass man zusammenarbeiten kann», so Franziskus damals. Seiner Begegnung mit führenden Repräsentanten der Religionen in Tirana dürfte daher besondere Bedeutung zukommen. Zuletzt hatte der Vatikan im interreligiösen Dialog ungewöhnlich deutliche Töne angeschlagen und die Spitzenvertreter des Islam zu einer klaren Verurteilung der Terrormiliz «Islamischer Staat» (IS) aufgerufen.

Als mögliches «Modell für den Balkan» bezeichnete der Erzbischof von Tirana, Rrok Kola Mirdita, jüngst das friedliche Zusammenleben der Religionen in dem mehrheitlich muslimischen Land, dessen einziger größerer Flughafen in Tirana nach der katholischen Ordensfrau Mutter Teresa benannt ist. Von den rund drei Millionen Einwohnern des Landes sind etwa ein Sechstel katholisch, rund 20 Prozent sind orthodoxe Christen.

Der zweite Beweggrund des Papstes für seine Reise ist nach eigener Aussage die besondere Leidensgeschichte der katholischen Kirche in Albanien. Er wolle die Ortskirche stärken, die lange Zeit «unter den Konsequenzen vergangener Ideologien» habe leiden müssen, hatte der Papst schon bei der Ankündigung der Reise im Juni gesagt. Präsident Enver Hodscha hatte Albanien 1967 zum «ersten atheistischen Staat der Welt» erklärt und den Atheismus in der Verfassung festgeschrieben. Für ein Kreuzzeichen in der Öffentlichkeit drohten 25 Jahre Gefängnis, und auf einen Rosenkranz in der Tasche oder ein Kreuz im Haus stand die sofortige Erschießung.

Maria Kaleta wird dem Papst von dieser Schreckenszeit für die katholische Kirche berichten. Die 85 Jahre alte Ordensfrau, die in der kommunistischen Ära rund 100 Kinder heimlich getauft hat, trägt während eines Gottesdienstes des Papstes mit Ordensleuten in Tirana ihr Lebenszeugnis vor. Die katholischen Bischöfe des Landes dürften Franziskus auch von ihren Bemühungen um ein angemessenes Gedenken an die Gräuel der Diktatur Hodschas informieren. Derzeit läuft ein Seligsprechungsverfahren für 40 Priester und weitere katholischeOpfer, die als Märtyrer anerkannt werden sollen. Auch die materiellen Schäden sind noch nicht verwunden: Heute, beinahe 25 Jahre nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft, sind etliche Immobilien der katholischen Kirche, die in kommunistischer Zeit enteignet wurden, immer noch nicht zurückerstattet worden.

Oft heißt es, dass sich die geografischen Schwerpunkte innerhalb der katholischen Kirche unter dem argentinischen Papst verschoben hätten. Auch der vergleichsweise späte Zeitpunkt von Franziskus erster Europa-Reise stützt diese These. Sein Vorgänger Benedikt XVI. (2005-2013) unternahm seine ersten vier Auslandsreisen innerhalb Europas. Johannes Paul II. (1978-2005) reiste zwar zuerst ebenfalls nach Lateinamerika, die zweite und dritte Auslandsreise führten ihn jedoch nach Polen und Irland. Franziskus besuchte erst Lateinamerika sowie den Nahen und Fernen Osten bevor er in zwei Wochen Europa seine Aufwartung macht. Zuletzt war Johannes Paul II. 1993 in Albanien gewesen.

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