Irak: Christ wird Wissenschaftsminister

11. September 2014 in Aktuelles


Schiiten dominieren in neuer Regierung, aber auch Sunniten, Nichtreligiöse sowie ein Kurde Minister - Brutalität der IS gegen Christen und Jesiden geht weiter


Bagdad (kath.net/KAP) In der neuen Regierung des Iraks befindet sich auch ein christlicher Minister: Faris Yusef Jajo aus Alqosh, Kandidat der Kommunistischen Partei, wird künftig das Ministerium für Wissenschaft und Technologie leiten, berichtete die vatikanische Nachrichtenagentur "Fides" am Dienstag. Das irakische Parlament hatte den neuen 23 Ministern unter dem schiitischen Premierminister Haidar al-Abadi sowie seinen drei Stellvertretern am Montag mit 177 von 289 Stimmen das Vertrauen ausgesprochen.

Die meisten Ministerämter wurden mit Vertretern der schiitischen Parteien aus dem Umfeld des neuen Ministerpräsidenten besetzt, darunter auch das Außenministerium. Sieben Ministerien gingen an nichtreligiöse Politiker und Sunniten, das Finanzministerium leitet fortan ein Kurde. Nicht besetzt wurde bisher wegen Uneinigkeiten die Leitung der Ministerien für Inneres und Verteidigung, die beide als Schlüsselposten gelten.

Die neue Regierung gilt als Antwort auf den Druck der internationalen Staatengemeinschaft, die von Bagdad einen Kurswechsel, einen Ansatz gegen die Separationsbestrebungen sowie mehr Bemühen um Einheit im Kampf gegen die Dschihadisten forderte. Premier al-Abadi will die Beziehungen zur Autonomen Region Kurdistan stärken, eine Reform in Richtung Föderalismus einleiten und die staatlichen Streitkräfte neu aufstellen.

NGO: Plünderungen und Zwangsverheiratungen

Viele Aufgaben der Regierung werden angesichts der anhaltenden Kämpfe und Menschenrechtsverletzungen im Nordirak durch die Terrormiliz des "Islamischen Staats" (IS) vorerst unlösbar sein. In den von der Terrorgruppe kontrollierten Gebieten bleibt die Lage für die christlichen und jesidischen Bewohner lebensgefährlich, berichtet die Nachrichtenagentur der assyrischen Christen in der Diaspora, AINA, mit Verweis auf die NGO "Hammurabi Human Rights Organisation". Systematische Raubüberfälle, Zwangsverheiratungen und Deportationen seien demnach an der Tagesordnung.

In Mossul würden etwa Gegner der sunnitischen Extremisten ins Gefängnis Badush eingeliefert, worauf die seit Ende August sprunghaft angestiegene Zahl der Häftlinge deute. Die Verhaftungen durch die IS erfolgten in nächtlichen Razzien.

In den kleineren Städten der Ninive-Ebene wie etwa Karakosh und Tel Keppe sei die Situation kaum besser. Nachts würden Lastwägen das Stadtgebiet durchstreifen und Häuser auswählen, die daraufhin geplündert würden. Unter Mitwirkung von Banden naher Dörfer würden unter IS-Kontrolle Möbel aufgeladen und an einen unbekannten Ort gebracht.

Berichtet wird auch von 25 Christen, die in der Jesiden-Stadt Sindschar in der Moschee Sayeda Zaineb vom IS festgehalten worden seien. Man habe sie in der Vorwoche in Gebäude nahe der Moschee gebracht, wobei zwei von ihnen von bewaffneten IS-Milizen zur Konversion zum Islam gezwungen worden seien. Weiter südlich in der einst mehrheitlich christlichen Stadt Karakosh seien hingegen zwei christliche Familien aus Mossul in den vergangenen Tagen wieder freigelassen worden - aus unbekannten Gründen.

Besonders brutal sei gehe die IS jedoch weiterhin gegen die Jesiden vor: In Dörfern nahe Tal Afar würden viele jesidische Frauen in Gefangenschaft gehalten; sie müssten laut dem Bericht mit täglich nur einem Stück Brot auskommen, schmutziges Wasser trinken und würden auch dazu gezwungen, Mitglieder des IS zu heiraten. Ähnlich im Dorf Kojo nahe Sindschar, wo in dieser Woche eine Massenhochzeit für jesidische Mädchen geplant sei. Wie es weiter hieß, würden derzeit zudem Hunderte Jesiden-Familien im Dorf Kasir Mihrab festgehalten und warteten derzeit auf einen Abtransport durch den IS an einen unbekannten Ort.

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