Die brüderliche Zurechtweisung: mit Liebe, in Wahrheit und mit Demut

12. September 2014 in Aktuelles


Franziskus-Perle des Tages: Die Liebe – ‚Anästhesie’ bei der notwendigen Zurechtweisung. Geschwätz ist eine Ohrfeige, die das Herz verletzt und den Ruf eines Menschen zerstört. Wahre brüderliche Zurechtweisung ist schmerzhaft. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht?“ (Lk 6,41). In seiner Predigt am Fest Mariä Namen bei der heiligen Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae ging Papst Franziskus erneut auf das Wesen der echten „correctio fraterna“, der brüderlichen Zurechtweisung ein, die schmerzhaft ist, da sie aus Liebe, Wahrheit und Demut entsteht.

Jesus ermahne im Evangelium vom Tag (Lk 6,39-42) all jene, die zwar den Splitter im Auge des Anderen sähen, nicht jedoch den Balken im eigenen. Der Bruder, der einen Fehler begangen habe, müsse mit Liebe zurechtgewiesen werden:

„Man kann einen Menschen nicht ohne Liebe und ohne Nächstenliebe zurechtweisen. Man kann keinen chirurgischen Eingriff ohne Anästhesie vornehmen: das kann man nicht, weil der Kranke vor Schmerzen sterben wird. Und die Nächstenliebe ist wie eine Anästhesie, die hilft, die Behandlung zu empfangen und die Zurechtweisung anzunehmen. Ihn beiseite nehmen, sanftmütig, mit Liebe, und mit ihm reden“.

Zum zweiten ist es für den Papst notwendig, mit ihm in Wahrheit zu sprechen: „Nicht etwas sagen, das nicht wahr ist. Wie oft sagt man doch in unseren Gemeinden Dinge von einem Menschen, die nicht wahr sind: das sind Verleumdungen. Oder: wenn sie wahr sind, wird jenem Mensch sein guter Ruf genommen“. „Das Geschwätz verletzt“, betonte Franziskus erneut: „die Schwätzerei ist eine Ohrfeige für den Ruf eines Menschen, eine Ohrfeige für das Herz eines Menschen“. Gewiss sei es nicht schön, wenn einem die Wahrheit gesagt werde. Werde dies jedoch mit Liebe und Nächstenliebe getan, sei es leichter, sie zu akzeptieren. Somit müsse über die Fehler der anderen mit Liebe gesprochen werden.

Als dritten Punkt unterstrich der Papst die Notwendigkeit der Zurechtweisung mit Demut. Wenn man jemanden wegen eines kleinen Fehlers zurechtweisen müsse, so solle man stets daran denken, dass man selbst größere hat:

„Die brüderliche Zurechtweisung ist ein Handeln, um den Leib der Kirche zu heilen. Da ist ein Loch im Stoff der Kirche, das man zunähen muss. Und wie die Mütter und Großmütter auf das Nähen große Feinheit verwenden, so muss das auch bei der brüderlichen Zurechtweisung geschehen. Wenn du nicht fähig bist, sie voll Liebe, Nächstenliebe, in der Wahrheit und mit Demut zu tun, dann wirst du jemanden verletzen, eine Zerstörung des Herzens jenes Menschen, du wirst einfach noch ein Geschwätz mehr produzieren, das verletzt, und du wirst ein blinder Heuchler werden, wie Jesus sagt: ‚Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; dann kannst du versuchen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen’ (V. 42). Heuchler! Erkenne an, dass du ein größerer Sünder bist als der Andere, dass du aber als Bruder dabei helfen musst, den Anderen zurechtzuweisen“.

Ein Zeichen, das uns dabei helfen könne, bestehe darin, dass man ein gewisses Wohlgefühl empfinde, wenn man sehe, dass etwas nicht in Ordnung sei, und meine, dies korrigieren zu müssen. Daher müsse man sehr aufmerksam und vorsichtig sein, da derartiges nicht vom Herrn komme.

„Im Herrn ist immer das Kreuz“, so Franziskus abschießend, „die Schwierigkeit, etwas Gutes zu tun. Vom Herrn ist immer die Liebe, die uns trägt, die Sanftmut. Nicht den Richter spielen. Wir Christen haben die Versuchung, wie die Gesetzeslehrer zu sein: uns abseits des Spiels der Sünde und der Gnade zu stellen, als seien wir Engel... Nein! Das ist es, was Paulus sagt: ‚Es darf nicht geschehen, dass ich anderen predige und selbst verworfen werde’ (vgl. 1 Kor 9,27). Und ein Christ, der in der Gemeinde die Dinge – auch die brüderliche Zurechtweisung – nicht mit Liebe, in der Wahrheit und mit Demut tut, ist ein verworfener! Es ist ihm nicht gelungen, ein reifer Christ zu werden. Der Herr stehe uns bei diesem brüderlichen, so schönen und so schmerzhaften Dienst bei, den Brüdern und Schwestern zu helfen, besser zu sein, und er stehe uns bei, dies immer mit Liebe, in der Wahrheit und mit Demut zu tun“.


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