Priesterweihe unter dem Geheimnis des Kreuzes

15. September 2014 in Spirituelles


Das Leben als Christ und zumal als Priester unter das Geheimnis des Kreuzes stellen bedeutet besonders, anderen Menschen Christus zeigen. Predigt von Bischof Egon Kapellari bei Priesterweihe eines Zisterziensers am Fest Kreuzerhöhung


Graz (kath.net/dgs) Am Fest Kreuzerhöhung weihte Egon Kapellari, Bischof von Graz-Seckau, den Zisterziensermönch Raphael Fuhrmann zum Priester. Fuhrmann gehört den Zisterziensern des Stiftes Rein in der Steiermark an. Das 1129 gegründete Klostere ist das weltweit älteste ununterbrochen existierende Zisterzienserkloster.

kath.net dokumentiert die Predigt bei der Priesterweihe von P. Raphael Fuhrmann OCist am Sonntag, 14. September 2014 in der Stiftskirche Rein

Die Kirche feiert heute das Fest Kreuzerhöhung. Es hat seinen Ursprung in Jerusalem, wo am 13. September 335 die Konstantinische Basilika über dem Heiligen Grab feierlich eingeweiht wurde. Der 13. September war zugleich der Jahrestag der Auffindung des Kreuzes durch Kaiserin Helena. Am 14. September, dem Tag nach der Kirchweihe, wurde in der neuen Kirche den dort versammelten Menschen zum ersten Mal das Kreuzesholz gezeigt, indem es, wie seither in der Karfreitagsliturgie, erhöht und zur Verehrung dargereicht wurde.

Heute, am Festtag Kreuzerhöhung, wird in unserer Mitte ein junger Mönch zum Priester geweiht. Im Rahmen der Weiheliturgie werde ich ihm schweigend die Hände auflegen, bevor ich über ihn das große Weihegebet der Kirche spreche. Dann wird er mit den priesterlichen Gewändern bekleidet, es werden ihm die Innenflächen seiner Hände mit Chrisamöl gesalbt und Kelch und Hostienschale überreicht werden. Bei der Überreichung von Kelch und Hostienschale spricht der weihende Bischof ein Deutewort, das besonders heute am Fest der Kreuzerhöhung, in der Tiefe seiner Bedeutung verstanden werden kann. Es lautet: „Nimm hin die Gaben des Volkes für die Feier des Opfers. Bedenke, was du tust, ahme nach, was du vollziehst, und stelle dein Leben unter das Geheimnis des Kreuzes.“

Lieber zukünftiger Neupriester, Pater Raphael!

Das Leben unter das Geheimnis des Kreuzes stellen bedeutet, es Maria und dem Jünger Johannes gleich zu tun, die unter dem Kreuz Jesu ausgeharrt haben. Johannes hat sich nicht wie die anderen Jünger aus Menschenfurcht von diesem Kreuz entfernt oder nur von fern auf den Gekreuzigten geschaut. Das Leben unter das Geheimnis des Kreuzes stellen bedeutet auch, das prophetische Zeugnis des römischen Hauptmanns unter dem Kreuz Jesu radikal annehmen und daraus leben: des Hauptmanns, der mit einer prophetischen Stimme aus dem Heidentum auf den toten Gekreuzigten hingezeigt und gerufen hat: „Wahrlich, dieser war Gottes Sohn!“ (Mt 27,54). Das Leben als Christ und zumal als Priester unter das Geheimnis des Kreuzes stellen bedeutet besonders, anderen Menschen Christus zeigen. Matthias Grünewald, der große Maler der deutschen Spätgotik, hat auf dem Karfreitagsbild seines Isenheimer Altares den Täufer Johannes dargestellt, der mit ausgestrecktem Arm und expressiv verlängertem Zeigefinger auf den gekreuzigten Christus hinweist. Der Maler hat darunter in lateinischer Sprache ein von der Heiligen Schrift überliefertes Deutewort geschrieben. Es lautet: „Illum oportet crescere, me autem minui“, also: „Jener, der Christus, muss wachsen, ich muss mich zurücknehmen und ihm Raum geben“.

Das Leben eines Priesters und zumal auch eines Mönchs sind auf besondere Weise den sogenannten evangelischen Räten zu Armut, Keuschheit und Gehorsam verpflichtet. Im Grunde gelten diese Räte allen ernsthaften Christen, aber in der Existenz eines Priesters und Mönchs unterscheidet sich die Konkretisierung dieser Räte auf viele Weise von deren Konkretisierung im Leben von christlichen Laien, Frauen und Männer in Ehe, Familie und Beruf. Immer geht es dabei um die Fähigkeit und Bereitschaft, sich zurückzunehmen, damit andere Menschen und in all dem und über all das hinaus Gott im Leben eines engagierten Christen, ob Priester, Mönch oder Laienchrist, Platz haben. Jede christliche Gemeinschaft lebt davon, dass es in ihr Menschen gibt, die sich so zurücknehmen. Das gilt ebenso für Familien, Freundeskreise, apostolische Bewegungen, Pfarrgemeinderäte und besonders auch für Klöster. Dieses Zurücknehmen ist oft schwer. Es verlangt eine Einübung durch Gebet, aber auch eine Einübung durch Fasten in den vielen möglichen Gestalten christlichen Fastens und durch das immer wieder praktizierte Teilen von Geld, Zeit und Aufmerksamkeit.

Kehren wir an den Anfang dieser Gedanken zurück durch einen Blick auf das Kreuz Christi und auf den gekreuzigten Christus. Er breitet vom Kreuz her die durchbohrten Arme aus. Seine Henker hatten unwissend prophetisch gehandelt, als sie ihn zwangen, seine Arme zur Annagelung auszubreiten. So haben sie sein innerstes Wesen offenbar gemacht, denn das ist er und bleibt er als Gekreuzigter und Auferstandener. Er breitet einladend die Arme aus und erfüllt so ein Wort Gottes des Vaters in den Schriften des Alten Testaments. Dieses Wort lautet: „Den ganzen Tag breite ich die Arme aus nach einem störrischen, ungebärdigen Volk“ (Jes 65,2).

Die Kirche ist im Auftrag und in der Nachfolge Christi eine große Einladung für Christus, der alle an sein Herz nehmen möchte. Besonders auch ein Priester und Mönch soll und kann diese Einladung entsprechend seinen Gnadengaben leben. Und auch eine Klostergemeinschaft steht unverzichtbar unter diesem Auftrag und ist in guten wie in schweren Zeiten mit diesem Auftrag unterwegs. Dies ist ein Dienst an Gott und ein Dienst an Menschen, die ein Leben in größerer Fülle suchen und dadurch auch finden können.

Lieber Weihekandidat Pater Raphael, liebe Mönche von Rein mit allen anderen hier versammelten Christen!

Ich wünsche der alten Abtei Rein und allen, die dazu gehören und besonders auch dem Neupriester Pater Raphael, für diesen Weg viel Freude und unverdrossene Geduld als Gaben des Heiligen Geistes.

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Kurzer Videorundgang: Stiftskirche des Zisterzienserkonventes Stift Rein



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