Eindringlicher Hilfsappell des Erzbischofs von Erbil

16. September 2014 in Weltkirche


Die 150.000 vor der Terrormiliz «Islamischer Staat» geflohenen Christen und Jesiden stünden vor einem völlig ungewissen Schicksal. Es gehe darum, sofort zu handeln, da der Winter bevorstehe.


Berlin (kath.net/KNA) Der Erzbischof im irakischen Erbil, Bashar Warda, hat eindringlich um Hilfe für die Flüchtlinge im Nordirak gebeten. Bei einem Kongress der Unions-Bundestagsfraktion warnte das Oberhaupt der chaldäisch-katholischen Erzeparchie am Montag in Berlin vor einem Ende der christlichen Präsenz im Irak nach 1.800 Jahren. Die 150.000 vor der Terrormiliz «Islamischer Staat» geflohenen Christen und Jesiden stünden vor einem völlig ungewissen Schicksal. Es gehe darum, sofort zu handeln, da der Winter bevorstehe.

«Die Menschen haben nichts. Sie wollen bleiben und sind dankbar für jede Hilfe», sagte Warda. Wenn sie aber nicht rasch eine Perspektive erhielten, versuchten sie nach Europa, die USA oder Kanada zu gelangen. Zugleich appellierte er an die Politik, eine finanzielle Unterstützung der irakischen Regierung von der Achtung der Minderheitenrechte abhängig zu machen.

Zum Auftakt des zweitägigen Kongresses zum Menschenrecht auf Religionsfreiheit betonte der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder (CDU), dass es hierbei um ein individuelles Grundrecht gehe, das das Recht auf einen Wechsel der Religion einschließe. Dieses Grundrecht werde in vielen muslimischen Ländern missachtet. Mit Blick auf das Vorgehen des IS sprach Kauder von einem neuen Phänomen. Die brutalste Missachtung der Religionsfreiheit finde inzwischen dort statt, wo staatliche Ordnung zusammengebrochen sei, wie in Nordnigeria durch die Islamisten der Boko Haram oder im Irak durch den IS.

Der UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit, Heiner Bielefeld, appellierte, entschiedener und öffentlich für die Religionsfreiheit einzutreten. Wenn dieses Grundrecht auf «identitätsstiftende Grundüberzeugungen» missachtet werde, kollabiere das gesamte Gerüst der Menschenrechte. Er beklagt in den westlichen Staaten eine Tendenz, die Religionsfreiheit zu relativieren. Als Beispiel nannte er die Beschneidungsdebatte.

Zugleich verlangte er von der EU, ihre Richtlinien für die Außenbeziehungen zur Einhaltung der Religionsfreiheit weltweit besser zu nutzen. Nach seinen Angaben verstößt eine große Zahl an Staaten auf unterschiedliche Weise gegen das Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit: Von der physischen Verfolgung wie derzeit im Irak über eine harte Diskriminierung wie in Vietnam bis zur Auslöschung aller historischen Zeugnisse, wie dies der Iran mit den Bahai praktiziere. Die Verfolgung finde oft in einer Komplizenschaft von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren statt.

Der Bamberger Erzbischof und Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Ludwig Schick, betonte, dass die Christen mit ihrem Engagement für Religionsfreiheit stets auch für die Freiheit aller Menschen einträten. Damit sei dieser Einsatz ein Beitrag für ein menschenwürdiges Leben und eine demokratische Gesellschaftsordnung. Der ehemalige evangelische Landesbischof Ulrich Fischer unterstrich, dass die Religion zur Identität des Menschen gehöre. Ihre Missachtung sei ein «seelischer Freiheitsentzug».

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