Ostukraine: Russisch-Orthodoxe schossen auf Protestanten

23. September 2014 in Chronik


Christen aus Deutschland besuchten bedrängte evangelikale Gemeinden


Slavjansk/Schorndorf (kath.net/idea) An den Kämpfen in der Ostukraine waren auch nationalistische russisch-orthodoxe Kreise beteiligt. Sie griffen dabei gezielt Protestanten an. Das berichtete der frühere Unternehmer Karl Schock (Schorndorf bei Stuttgart) nach einer Reise in die Krisenregion. Der 80-Jährige besuchte zusammen mit dem Osteuropa-Missionar Hugo Kleinknecht (Tostedt bei Hamburg) und einem Übersetzer sechs Gemeinden in Slavjansk und Kramatorsk, die zum ukrainischen Pfingstbund gehören. In der Ostukraine gilt seit dem 5. September ein Waffenstillstand. „Wir wollten unmittelbar nach den kriegerischen Auseinandersetzungen als erste christliche Besuchergruppe nach der Befreiung den bedrängten Gemeinden unseren Beistand und Hilfe überbringen“, erklärte Schock gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Die Separatisten, die Slavjansk angegriffen hätten, seien unter anderem aus russisch-orthodoxen Radikalen und regulären russischen Soldaten zusammengesetzt gewesen.

Orthodoxer Priester ließ von seiner Kirche aus feuern

Ein orthodoxer Priester namens Vitaly habe in seiner Kirche ein Munitionslager einrichten und auf Häuser feuern lassen. Außerdem habe er die Zerstörung von zwei Fabriken evangelischer Unternehmer veranlasst. Dabei seien Menschen schwerst verletzt worden. Am gleichen Abend habe das russische Fernsehen die ukrainische Armee beschuldigt, für die Angriffe verantwortlich zu sein. Die Truppen seien zu diesem Zeitpunkt aber gar nicht an den Kämpfen beteiligt gewesen.

Alle evangelischen Pastoren und Gemeindeleiter hätten fliehen bzw. um ihr Leben fürchten müssen und seien zum Teil ausgeraubt worden. Bei den Kämpfen seien allein 200 Zivilisten getötet worden. Anlass für die Solidaritätsreise war die Ermordung von vier ukrainischen Christen durch radikal-nationalistische, russisch-orthodoxe Seperatisten am 8. Juni. Bei den Opfern handelt es sich um die Diakone Vladimir Velitschko (Vater von acht Kindern) und Viktor Barodinsky (drei Kinder) sowie um zwei Söhne des Gemeindeleiters Alexander Pavenko, Ruben (drei Kinder) und Albert (ledig). Sie sind laut Schock später mit 15 weiteren Ermordeten aus einem Massengrab exhumiert und am Ehrenmal der Revolution im Zentrum von Slavjansk beigesetzt worden. Die Gattin des ukrainischen Präsidenten, Marina Poroschenko, habe dort vor wenigen Wochen mit einem stillen Gebet Blumen für die Märtyrer niedergelegt.

Deutsche können Beitrag zur Versöhnung leisten

Im Blick auf den Konflikt sagte Schock: „Die lange Geschichte unheiliger Allianzen zwischen nationalistischer Machtpolitik und regimetragender Ideologie – hier der russisch-orthodoxe Alleinvertretungsanspruch – wiederholt sich in tragischer Weise. Deutschland hat durch seine Erfahrungen mit totalitären Regimen hier einen wichtigen Versöhnungsbeitrag zu leisten.“


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