Das paradoxe Drama des Widerstands gegen das Heil

3. Oktober 2014 in Aktuelles


Franziskus-Perle des Tages: Nehme ich das von Jesus geschenkte Heil an oder gründe ich meine Sicherheit, mit der ich mir das Heil kaufen will, auf von Menschen gemachten Geboten? Theologisches und intellektuelles Fieber. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) An Jesus glauben, der die Menschheit aller Zeiten rettet, oder sich in ein Heil flüchten, das Frucht der von Menschen gemachten Gebote ist? Dieser Frage ging Papst Franziskus am Freitag der 26. Woche im Jahreskreis in seiner Predigt bei der heiligen Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“ nach und konzentrierte sich dabei auf das Evangelium vom Tag (Lk 10,13-16).

Der einzige Wunsch Gottes bestehe darin, die Menschheit zu retten. Es trete jedoch das Problem auf, dass es oft der Mensch sei, der die Regeln des Heils diktieren wolle. Für den Papst handelt es sich hierbei um ein dramatisches Paradoxon, das auf vielen Seiten der Bibel sichtbar sei und in der irdischen Geschichte Jesu Christi seinen Höhepunkt erreiche.

Im heutigen Abschnitt aus dem Evangelium bringe Jesus sein großes Missfallen gegenüber der Tatsache zum Ausdruck, dass er von seinen eigenen Leuten angefeindet werde, von den Städten, die seiner Botschaft den Rücken kehrten. „Wenn einst in Tyrus und Sidon die Wunder geschehen wären, die bei euch geschehen sind – man hätte dort in Sack und Asche Buße getan“ (V. 13), so seine Mahnung an Chorazin und Betsaida. In diesem strengen, aber auch bitteren Vergleich sei die gesamte Heilsgeschichte zusammengefasst. Wie die Propheten vor ihm abgewiesen und getötet worden seien, „weil sie unbequem waren“, so geschehe jetzt dasselbe Jesus. Dabei handle es sich um das „Drama des Widerstandes, gerettet zu werden“, das von den Anführern des Volkes ausgelöst werden.

„Es ist gerade die Klasse der Anführer“, so Franziskus, „die vor der Art und Weise die Tür verschließt, mit der Gott uns retten will. Und so verstehen sie die starken Gespräche Jesu mit der herrschenden Klasse seiner Zeit: sie streiten, sie stellen ihn auf den Prüfstein, sie stellen ihm Fallen, um zu sehen, ob er hereinfällt, denn dies ist der Widerstand dagegen, gerettet zu werden. Jesus sagt zu ihnen: ‚Ich begreife euch nicht! Ihr seid wie jene Kinder: wir haben für euch die Flöte gespielt und ihr habt nicht getanzt; wir haben für euch ein Klaglied gesungen und ihr habt nicht geweint. Was wollt ihr denn?’. ‚Wir wollen das Heil auf unsere Weise erwirken!’. Das ist immer diese Verschlossenheit gegenüber der Art und Weise Gottes“.

Diese Haltung unterscheidet sich für den Papst von der des gläubigen Volkes, das begreife und das von Jesus gebrachte Heil annehme. Ein Heil, das sich im Gegenteil hierzu für die Anführer des Volkes im Grunde auf die Erfüllung der 613 Gebote reduziere, die von ihrem „theologischen und intellektuellen Fieber“ geschaffen worden seien:

„Sie glauben nicht an die Barmherzigkeit und an die Vergebung: sie glauben an die Opfer! Sie wollen Opfer, keine Barmherzigkeit. Sie glauben an das, was gut geordnet, gut geordnet ist, wo alles klar ist. Das ist das Drama des Widerstandes gegen das Heil. Auch wir – ein jeder von uns – tragen dieses Drama in unserem Innern. Doch es wird uns gut tun, uns zu fragen: wie will ich gerettet werden? Auf meine Weise? Auf die Weise einer Spiritualität, die gut ist, die mir gut tut, die aber fixiert ist, in der alles klar ist und es kein Risiko gibt? Oder auf die Weise Gottes, das heißt auf dem Weg Jesu, der uns immer überrascht, der uns immer die Türen zu jenem Geheimnis der Allmacht Gottes öffnet, das die Barmherzigkeit und die Vergebung ist?“.

„Es wird uns gut tun“, betonte der Papst, „zu bedenken, dass sich dieses Drama in unserem Herzen abspielt“. So müsse man über die Tatsache nachdenken, ob es uns geschehe, die „Freiheit mit der Autonomie“ zu verwechseln, das Heil zu wählen, von dem wir glaubten, dass es richtig sei:

„Glaube ich, dass Jesus der Meister ist, der uns das Heil lehrt, oder gehe ich herum, um einen Guru zu mieten, der mich ein anderes lehrt? Einen sichereren Weg – oder flüchte ich mich unter das Dach der Vorschriften und der vielen, von Menschen gemachten Gebote? Und fühle ich mich so sicher, und – es ist ein wenig hart, das so zu sagen – kaufe ich mir mit dieser Sicherheit mein Heil, das Jesus unentgeltlich schenkt, mit der Unentgeltlichkeit Gottes? Es wird uns gut tun, uns heute diese Fragen zu stellen. Und die letzte ist: widerstehe ich dem Heil Jesu?“.


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