Mediengezwitscher, Manipulationen und die Wirklichkeit

25. Oktober 2014 in Aktuelles


Franziskus an die Synode: der Papst bin ich! Der Papst warnt vor fünf schweren Versuchungen, denen die Synode ausgesetzt war und ist. Was Franziskus zum Abschluss der Synode wirklich gesagt hat. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Als ob es nicht bekannt sei, was Benedikt XVI. in seiner letzten großen Ansprache vor seinem Amtverzicht über das „Konzil der Medien“ gesagt hat, das nichts mit dem „wirklichen Konzil“ zu tun hatte, waren auch die vergangenen zwei Wochen der außerordentlichen Bischofssynode zur Familie ständig in der einen oder anderen Weise von einer „Synode der Medien“ begleitet oder umgeben. Dies nahm seinen Anfang am Tag der Eröffnung der Synode mit einer weiter verbreiteten falschen Übersetzung eines Wortes von Papst Franziskus, der gesagt habe, das Drängen des Geistes könne die „Lehre“ verändern, und setzte sich von Tag zu Tag fort.

Dies ist natürlich nicht allein den Medien anzukreiden, die, wie der Name sagt, „Mittler“ sind und als solche ge- und auch missbraucht werden. Nicht wenige der Synodenteilnehmer nutzten die verschiedenen Kanäle, um ihren Positionen in der Öffentlichkeit Gewicht zu verleihen. Dass sie dabei oft, wie dies bis zum Schluss der Fall war, soziologischen und politischen Argumentationsformen den Vorzug gaben statt einer theologischen Vermittlung zu dienen, lässt einiges von den eigentlichen Absichten erkennen. Die Warnung der Päpste, allen voran Benedikt XVI. und Franziskus, die Kirche nicht auf ein soziales Konstrukt mit weltlichen Regeln zu beschneiden, wurde nicht immer gehört und umgesetzt.

Der öffentlichen Meinung wurde suggeriert: mit diesem Papst ist die Zeit für „revolutionäre“ Änderungen gekommen. Allenortens wurde ein Geist beschworen, der durch die Synodenaula wehte, einmal war es der „Geist des Konzils“, ein anderes Mal gleich der „Heilige Geist“. Mit dem Debakel der zur Halbzeit der Synode veröffentlichten und extrem kritisch bewerteten „relatio post-disceptationem“ schien für die „Erneuerer“ der große Coup gelungen zu sein: alles neu, alles anders, dem Wort nach bleibt natürlich die Lehre, aber sie „entwickelt“ sich, hin zu einer neuen „Offenheit“, mit einer „neuen Sprache“. Dass viele der Synodenväter am Tag der Wahl des heiligen Johannes Pauls II. zum Papst (16. Oktober) dieser irrationalen Hoffnung eine Absage erteilt haben, verlor sich zunächst im allgemeinen Begeisterungsgerede.

Daher brauchte man sich nicht zu wundern, wenn nach der Abschlussrede des Papstes vor der Synode, die mit fünfminütigen „Standing Ovations“ von der Versammlung begrüßt worden war, sofort das Theorem der Revolution und des Umsturzes weiter erzählt wurde. So konnte das ZDF berichten: „Der Papst warnte seine Bischöfe, nicht in der reinen Lehre zu verharren, sondern auch mal dazuzulernen“. Das klingt richtig revolutionär. Und weiter: „Seit den Zeiten von Jesus laufen die Übereifrigen, die Bedenkenträger, und heute die sogenannten Traditionalisten Gefahr, sich in feindseliger Erstarrung einzuschließen“. Wow.

Verunsicherung unter den Gläubigen wird mit derartigen Verfälschungen produziert, und wahrscheinlich besteht genau darin die rein politisch motivierte Absicht. Was aber hat Papst Franziskus am Abend des 18. Oktobers wirklich gesagt?

Franziskus hat eine große und denkwürdige und „wunderschöne“ (P. Federico Lombardi SJ beim Pressebriefing zur Vorstellung der „relatio synodi“) Ansprache gehalten. Diese bedeutende Ansprache wurde durch obige Zitate verfälscht, nicht nur „verkürzt“. Denn der Papst war klar. Wie verfälscht man? Indem man intrumentalisierend Zitate verbiegt und nicht auf den Text eingeht. Dankenswerter Weise bemühen sich katholische Medien wie „Die Tagespost“ und „kath.net“, ihren Lesern gerade die „ipsa vox“ zur Verfügung zu stellen, um nicht auf irgendwelche Lügenkonstrukte angewiesen zu sein.

Der Papst sprach von fünf Versuchungen, denen die Synode als gemeinsam zu begehender Weg ausgesetzt war:

„- Die Versuchung, sich feindselig zu versteifen, das heißt, sich im Geschriebenen (dem Buchstaben) zu verschließen und sich nicht von Gott, vom Gott der Überraschungen (dem Geist), überraschen lassen zu wollen; sich im Gesetz zu verschließen, in der Gewissheit dessen, was wir kennen und nicht dessen, was wir noch lernen und erreichen müssen. Seit der Zeit Jesu ist das die Versuchung der Eiferer, derer, die immer voller Bedenken sind, der Besorgten und der – heute - sogenannten ‚Traditionalisten’ und auch der Intellektualisten“.

Das war natürlich das gefundene Fressen für einige: „Papst gegen Traditionalisten, die auf der Lehre beharren!“ Aber – Franziskus fuhr fort:

„- Die Versuchung eines zerstörerischen Gutmenschentums, das im Namen einer falschen Barmherzigkeit die Wunden verbindet, ohne sie vorher zu heilen und zu verarzten; das die Symptome und nicht die Gründe und die Ursachen behandelt. Das ist die Versuchung der ‚Gutmenschen’, der Furchtsamen und auch der sogenannten ‚Progressiven und Liberalen’“.

Tja, das kann man natürlich nicht zitieren. Aber es geht noch weiter:

- „Die Versuchung, Steine in Brot zu verwandeln, um eine lange, schwere und schmerzvolle Fastenzeit zu beenden (vgl. Lk 4,1-4), sowie auch Brot in Steine zu verwandeln und gegen die Sünder, die Schwachen und die Kranken zu werfen (vgl. Joh 8,7), das heißt, es in ‚schwere Lasten’ (Mt 23,4) zu verwandeln.

- Die Versuchung, vom Kreuz zu steigen, um die Menschen zufriedenzustellen, und nicht dort zu bleiben, um den Willen des Vaters zu erfüllen; sich dem weltlichen Geist zu beugen, statt ihn zu läutern und dem Geist Gottes zu beugen“.

Und schließlich:

„- Die Versuchung, das ‚depositum fidei’ zu vernachlässigen, indem man sich nicht als Hüter, sondern als Eigentümer oder Herr betrachtet, oder andererseits die Versuchung, die Wirklichkeit zu vernachlässigen, indem man sich einer akribisch genauen Sprache und einer ausgefeilten Redeweise bedient, um viel zu reden und nichts zu sagen! So etwas hat man, glaube ich, einmal ‚Byzantinismus’ genannt...“

Eifrige Leser der Franziskus-Perlen werden in diesen Worten leicht immer wiederkehrende Grundmotive der Sorge des Papstes erkennen.

Aber dies war nicht alles. Es fehlte und fehlt ja nicht an Kommentatoren, die sich diebisch über die von Franziskus angeblich praktizierte Demontage des Papstamtes und des Papsttums gefreut hatten und freuen. Er, der sich als „Bischof von Rom“ am 13. März 2013 den Gläubigen vorgestellt hatte, so „nackt“ und ohne päpstliche Hoheitszeichen – ja, der musste das Papsttum revolutionieren, verbunden mit einem demokratisch falsch interpretierten Begriff von „Synodalität“.

Fehlanzeige auch hier: „Sprechen wir nun ein wenig über den Papst in seiner Beziehung zu den Bischöfen...“, hob Franziskus an: „Nun, die Aufgabe des Papstes ist es, die Einheit der Kirche zu gewährleisten; den Hirten in Erinnerung zu rufen, dass es ihre erste Pflicht ist, die Herde zu weiden – die Herde zu weiden -, die der Herr ihnen anvertraut hat und zu versuchen, die Schafe, die sich verlaufen haben, väterlich und barmherzig, ohne falsche Angst aufzunehmen. Hier habe ich mich geirrt. Ich habe gesagt ‚aufnehmen’: man muss sie suchen gehen“.

Dann zitierte der Papst einen langen Abschnitt aus der Katechese Benedikts XVI. während des Priester-Jahres 2010 über das „munus regendi“:

Die Aufgabe des Papstes ist es, „allen in Erinnerung zu rufen, dass Autorität in der Kirche Dienen bedeutet (vgl. Mk 9,33-35), wie Papst Benedikt XVI. es klar mit Worten gesagt hat, die ich hier wörtlich zitiere: „Die Kirche ist berufen und bemüht sich, diese Art von Autorität auszuüben, die Dienst ist, und sie übt sie nicht aus eigener Vollmacht aus, sondern im Namen Jesu Christi …. Durch die Hirten der Kirche nämlich weidet Christus seine Herde: Er ist es, der sie leitet, schützt und zurechtweist, da er sie zutiefst liebt. Doch Jesus, der Herr, der oberste Hirt unserer Seelen, hat gewollt, dass das Apostelkollegium, heute die Bischöfe in Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri, … an dieser seiner Sendung teilhaben sollten, für das Gottesvolk zu sorgen, Erzieher im Glauben zu sein und der christlichen Gemeinschaft Orientierung zu geben, sie zu beseelen und zu stützen oder, wie das Konzil sagt, ,dafür zu sorgen, dass jeder Gläubige im Heiligen Geist angeleitet wird zur Entfaltung seiner persönlichen Berufung nach den Grundsätzen des Evangeliums, zu aufrichtiger und tätiger Liebe und zur Freiheit, zu der Christus uns befreit hat’ (Presbyterorum Ordinis, 6). … Durch uns – so fährt Papst Benedikt fort - erreicht der Herr die Seelen, durch uns lehrt, bewahrt und leitet er sie. Der heilige Augustinus sagt in seinem ,Kommentar zum Johannesevangelium’: ,Es sei ein Erweis der Liebe, die Herde des Herrn zu weiden' (123,5); dies ist die oberste Norm für das Verhalten der Diener Gottes, eine bedingungslose Liebe, wie jene des Guten Hirten, voll Freude, allen Menschen gegenüber offen, achtsam auf den Nahestehenden und fürsorglich gegenüber den Fernen (vgl. Augustinus, ,Reden’ 340,1; ,Reden’ 46,15), einfühlsam gegenüber den Schwächsten, den Geringen, den Einfachen, den Sündern, um die unendliche Barmherzigkeit Gottes mit den ermutigenden Worten der Hoffnung zu offenbaren (vgl. ders., ,Brief' 95,1)“ (Benedikt XVI., Generalaudienz vom 26. Mai 2010).

Aber dem nicht genug: Was ist die besondere Aufgabe des Papstes? Nach Franziskus mit Gregor dem Großen „Servus servorum Dei“ zu sein, „der Garant des Gehorsams und der Übereinstimmung der Kirche mit dem Willen Gottes, dem Evangelium Christi und der Tradition der Kirche“:

„Die Kirche gehört also Christus – sie ist seine Braut – und alle Bischöfe haben gemeinsam mit dem Nachfolger Petri die Aufgabe und die Pflicht, sie zu hüten und ihr zu dienen, nicht als Herren, sondern als Diener. Der Papst ist in diesem Zusammenhang nicht der oberste Herr, sondern eher der oberste Diener – der ‚servus servorum Dei’; der Garant des Gehorsams und der Übereinstimmung der Kirche mit dem Willen Gottes, dem Evangelium Christi und der Tradition der Kirche, indem er jeden persönlichen Willen zurückstellt, auch wenn er – auf den Willen Christi hin – ‚oberster Hirt und Lehrer aller Gläubigen’ (Can. 749) ist und obwohl er ‚über höchste, volle, unmittelbare und universale ordentliche Gewalt’ (vgl. Can. 331-334) verfügt“.

Es bleibt zu hoffen, dass hiermit mutwilligen, revolutionären „Interpretationen“ ein Ende gesetzt ist.

Zum Schluss: Am Sonntag veröffentlichte die italienische Zeitung „La Repubblica“ ihren Scoop, der dann natürlich von anderen Mainstream-Medien bereitwillig aufgenommen wurde. Benedikt XVI. hätte Kardinäle aus dem „konservativen“ Kreis empfangen, die ihm ihre Besorgnis über die Synode zum Ausdruck gebracht hätten. Daraufhin hätte der Emeritus dem Papst ein „biglietto“, eine Karte mit Anmerkungen geschickt. Nur: dies ist leider falsch. Es hat kein Treffen des Emeritus mit Kardinälen gegeben, und vor allen Dingen hat Benedikt XVI. dem Papst keinen Brief geschrieben. Dies hätte wissen können, wer den Emeritus kennt, dem es nie in den Sinn kommen würde, ungefragt in die Amtsgeschäfte des Papstes einzugreifen. Wem das nicht bewusst ist – tja, der hätte im Kloster „Mater Ecclesiae“ anrufen können. Aber so weit reicht es dann nicht. Denn: es ist bequemer, in der Kirche den Spaltpilz auszusäen, egal mit welchen Mitteln.


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