Gottesliebe und Nächstenliebe: das Grundkriterium christlichen Lebens

26. Oktober 2014 in Aktuelles


Franziskus: Jesus übergibt keine Formeln oder Vorschriften, sondern zwei Antlitze: das Antlitz Gottes und das Antlitz des Nächsten als Spiegelbild des Antlitzes Gottes. Wie liebst du? Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) In seiner Ansprache vor dem Angelus ging Papst Franziskus vom Evangelium des 30. Sonntags im Jahreskreis aus (Mt 22,34-40) und erklärte, dass das Gesetz Gottes in der Gottes- und Nächstenliebe zusammengefasst sei.

Auch das Gebot der Nächstenliebe sei nicht von Jesus erfunden worden, sondern entstamme dem Buch Levitikus. Die Neuheit bestehe darin, dass die beiden Gebote der Gottes- und Nächstenliebe zusammengenommen würden. So offenbarten sie sich als untrennbar und einander ergänzend, „sie sind die beiden Seiten derselben Medaille“. Der Papst erinnerte dabei an den „wunderschönen Kommentar“, den uns hierzu Benedikt XVI. in seiner ersten Enzyklika „Deus caritas est“ hinterlassen habe (Nr. 16-18).

Das sichtbare Zeichen des Christen für die Welt sei die Liebe zu Gott und zum Nächsten. Das Gebot der Liebe sei das erste der Gebote nicht weil es das erste einer Liste von Geboten wäre. Jesus stelle es vielmehr in den Mittelpunkt, da es das Herz sei, von dem alles ausgehen und zu dem alles zurückkehren müsse.

Bereits im Alten Testament habe die Forderung nach der Heiligkeit, das heißt der Gottesebenbidlichkeit, auch die Pflicht umfasst, sich der Schwächsten wie dem Fremden, der Witwe, des Waisen anzunehmen. Jesus bringe dieses Gesetz des Bundes zur Erfüllung, indem er in seiner Person Gottheit und Menschlichkeit in einem einzigen Geheimnis vereine.

So sei die Liebe das Maß des Glaubens, und der Glaube sei die Seele Liebe. Das religiöse Leben könne nicht mehr vom Dienst an den Brüdern getrennt werden: „Wir können das Gebet, die Begegnung mit Gott in den Sakramenten nicht mehr vom Hören auf den Anderen, von der Nähe zu seinem Leben, besonders zu seinen Wunden trennen. Die Liebe ist das Maß des Glaubens“. Jeder müsse sich fragen, wie und ob er liebe.

Inmitten der Legalismen von einst und heute wirke Jesus eine Öffnung, die zwei Antlitze erkennen lasse: das Antlitz des Vaters und das des Bruders. Jesus übergebe uns keine Formeln oder zwei Vorschriften, sondern zwei Antlitze, „mehr noch: ein Antlitz, das Antlitz Gottes, das sich in vielen Antlitzen widerspiegelt, das m Antlitz eines jeden Bruders, besonders des kleinsten, gebrechlichsten, wehrlosesten, das Bild Gottes selbst anwesend ist“. So müsse sich jeder fragen, ob er in der Lage sei, im Antlitz des Anderen Gott zu erkennen.

So biete uns Jesus das Grundkriterium, nach dem das eigene Leben auszurichten sei. Vor allem aber schenke er seinen Geist, der es gestatte, Gott und den Nächsten zu lieben, wie er: freien Herzens und großzügig.





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