Die KNA zwischen Zeitgeist und katholischer Lehre

7. November 2014 in Kommentar


Die Katholische Nachrichtenagentur (KNA) sieht sich als ‚größte und leistungsfähigste katholische Nachrichtenagentur Europas'. Stimmt das? Ein kath.net-Kommentar von Johannes Graf


Bonn (kath.net/jg)
Die Katholische Nachrichtenagentur (KNA) sieht sich selbst als „katholische Fachagentur“. Sie will berichten, was in der katholischen Kirche und anderen Konfessionen „geschieht, gedacht und getan wird“. Kirchliche und kirchennahe Ereignisse würden umfassend dargestellt, die Hintergründe erläutert. Das Feld der Berichterstattung umfasst außerdem Sozial- und Familienpolitik, Biomedizin und Ethik, sowie Bildung, Menschenrechte, Minderheiten und Entwicklung. Die KNA ist mehrheitlich im Eigentum des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD). Durchaus selbstbewusst bezeichnet sie sich auf ihrer Internetseite als „größte und leistungsfähigste katholische Nachrichtenagentur“ in Europa.

An diesem Anspruch muss sich die KNA messen lassen. Ein kurzer Rundblick über einige Meldungen der letzten Wochen lässt allerdings Zweifel aufkommen, ob sie dem gerecht wird, was sie von sich behauptet.

Am 9. September verschickt die KNA eine Meldung über die britische Schauspielerin Helen Mirren. Die Oscarpreisträgerin könne in der Verwendung des Kurznachrichtendienstes „Twitter“ keinen Sinn erkennen, ist zu lesen. Offenbar handelt es sich um die Zusammenfassung eines Interviews, das Mirren der Süddeutschen Zeitung gegeben hat. Zwar ist es durchaus interessant, einen kritischen Kommentar zu „Twitter“ und der Kultur der Selbstdarstellung und –inszenierung zu lesen, wie ihn Helen Mirren liefert, doch es bleibt die Frage, ob es dazu eine katholische Nachrichtenagentur braucht.

Ähnlich geht es dem KNA-Leser, wenn er am 22. Oktober eine Meldung über die Zahl der Bienen in Deutschland erhält. Diese habe sich stabilisiert, berichtet der Deutsche Imkerbund in seinem Jahresbericht. Auch sonst ist dort Erfreuliches zu finden. Beispielsweise steigt die Zahl der Imkerinnen. Diese machten bereits 12,2 Prozent der deutschen Imker aus. Kritik gibt es an der EU und der modernen Landwirtschaft, die zu einem Artenrückgang bei Tieren und Pflanzen führe. Wie gut, dass wir das jetzt endlich wissen. Hat die KNA mit ihren 70 hauptamtlichen und 350 freien Mitarbeitern nichts anderes zu tun?

Problematischer als die eher kuriose Meldung, dass der belgische Kinderschänder und Mörder Marc Dutroux eine eigene Küchenzeile in seiner Zelle hat, weil er die fetten und ungesunden Mahlzeiten der Gefängnisküche nicht essen will (29.10.), sind die Nachrichten über den österreichischen Sänger Thomas Neuwirth. Herr Neuwirth tritt seit einiger Zeit mit Bart, langen Haaren und Frauenkleidern unter dem Pseudonym „Conchita Wurst“ auf und hat den diesjährigen Eurovision Song Contest gewonnen. Das war zwar schon im Mai, wegen seiner eigenwilligen Kostümierung ist der homosexuelle Neuwirth mittlerweile zu einer Ikone der Schwulenbewegung geworden und taucht seither zu den verschiedensten Anlässen in den Medien auf. Die KNA berichtet im Oktober gleich zweimal über ihn. Am 8. gibt es eine Meldung über den Auftritt Neuwirths vor dem EU-Parlament, der dem Sänger von der Fraktion der „Grünen“ ermöglicht worden war. Thema sei die Toleranz für „jede sexuelle Gesinnung“ gewesen. Die KNA zitiert Neuwirth mit den Worten: „Jeder sollte das Recht haben zu lieben wen er will, und sollte damit ohne Angst und in Frieden leben können.“ Wollen wir das wirklich? Soll das zum Beispiel auch für pädophile Priester gelten? Kritische Anfragen in diese Richtung gibt es von der KNA nicht.

Am 30. Oktober berichtet die KNA über einen Auftritt Neuwirths vor UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon in Wien. Ban und Neuwirth wollten „für mehr Toleranz für Schwule und Lesben“ werben. Wie steht es hier mit der „umfassenden Darstellung“ und Erläuterung der Hintergründe? Kritische Stimmen zu Neuwirth fehlen bei den KNA-Meldungen. Sein Sieg beim Eurovision Song Contest wurde fast durchwegs als „Sieg der Toleranz“ (für Schwule und Lesben) gefeiert, nicht als Sieg der besten Stimme oder Sieg des besten Liedes. Der Sieger eines Gesangswettbewerbes wird politisch instrumentalisiert, weil er homosexuell ist. Jede Kritik an ihm oder dem Medienrummel um seine Person gilt weitgehend als „homophob“ und „intolerant“, auf jeden Fall als unpassend. Wie steht es mit der Toleranz für die Kritiker der Homo-Lobby, zu deren Aushängeschild Neuwirth geworden ist? Einen Hinweis auf die Position der Kirche zu homosexuellen Akten sucht man in mitten der Toleranzaufrufe vergeblich.

Einen Tag später geht es wieder um Toleranz. Der deutsch-französische Politologe und Publizist Alfred Grosser fordert von der katholischen Kirche „mehr Toleranz gegenüber anderen Weltanschauungen“. Christen sollten in erster Linie die Menschlichkeit und nicht die Religionszugehörigkeit sehen, verlangt er. Gut, dass uns das endlich jemand sagt!

Gegenüber Atheisten müssten die Christen „eine viel selbstverständlichere Offenheit“ üben, verlangt Grosser. Denn: „Nur so kann unsere Gesellschaft friedlich zusammenleben.“ Auch hier fehlen die Hintergründe. Wo ist die intolerante Haltung von Christen tatsächlich eine Bedrohung für das friedliche Zusammenleben der Menschen? Das hätten wir von der KNA gerne gewusst. Richtet Grosser seinen Aufruf zu Toleranz und Offenheit eigentlich auch an die islamistischen Moslems? Geht von diesen nicht eine viel größere Gefahr für das friedliche Zusammenleben aus als von den ach so intoleranten Christen?

In vielerlei Hinsicht macht die KNA zweifellos gute journalistische Arbeit, die auch von der kath.net-Redaktion geschätzt und übernommen wird. Umso bedauerlicher sind die angeführten Meldungen. Die KNA kann es doch besser, oder?

Johannes Graf ist Chefkommentator der kath.net-Redaktion.



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