Lateinamerika: Abwanderung vom Katholizismus hält an

17. November 2014 in Weltkirche


Internationale Befragung: Der Anteil der Protestanten und Nichtreligiösen wächst


Washington (kath.net/idea) In Lateinamerika hält die Abwanderung von der römisch-katholischen Kirche zum Protestantismus an. Auch die Popularität des aus Argentinien stammenden Papstes hat daran bisher nichts ändern können. Das geht aus einer Untersuchung des Forschungsinstituts Pew (Washington) in 18 Ländern hervor. Dabei wurden in diesem und im vorigen Jahr mehr als 30.000 Personen befragt. In Lateinamerika leben mehr als 425 Millionen Katholiken, aber nur etwa 69 Prozent aller Erwachsenen sind Mitglieder der römisch-katholischen Kirche. Bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts lag der Anteil über 90 Prozent, so das Pew-Institut. In fast jedem Land habe die katholische Kirche unter Abwanderung zu leiden: Entweder wechselten ihre Mitglieder zu protestantischen Kirche oder sie würden religionslos. So sei etwa jeder vierte Nicaraguaner, jeder fünfte Brasilianer und jeder siebte Venezulaner ein früherer Katholik. Rund 84 Prozent aller Lateinamerikaner geben an, katholisch erzogen worden zu sein; aber nur 69 Prozent sind heute noch katholisch. Zum Vergleich: Neun Prozent wurden evangelisch erzogen; 19 Prozent bezeichnen sich jetzt als Protestanten. Der Anteil der religiös Ungebundenen beträgt acht Prozent, aber nur vier Prozent stammen aus religionsfreien Elternhäusern. Ein Großteil der Abkehrbewegung vom Katholizismus habe sich binnen einer Generation ereignet.

Auf der Suche nach einer Beziehung zu Gott

Als Gründe für die Abwendung von „Rom“ geben die meisten an, dass sie eine „persönliche Beziehung zu Gott“ suchten (81 Prozent). Von einem anderen Gottesdienststil angezogen fühlten sich 69 Prozent. Eine stärkere Betonung der Moral wünschten sich 60 Prozent. 59 Prozent fanden, dass protestantische Gemeinden hilfsbereiter sind, und 58 wurden durch evangelistische Aktivitäten angesprochen.

Franziskus: Ex-Katholiken bleiben skeptisch

Nach Angaben des Pew-Institutes ist es zu früh, um zu beurteilen, welche Wirkung Papst Franziskus auf die Abwanderungsbewegung hat. Er amtiert seit März 2013. Mehr als zwei Drittel aller Lateinamerikaner haben eine positive Meinung von dem Argentinier. Skeptischer beurteilen ihn allerdings ehemalige Katholiken. Außer in Argentinien und Uruguay haben nicht mehr als die Hälfte der Ex-Katholiken ein wohlwollendes Bild von Franziskus, und relativ wenige erwarten von ihm grundlegende Veränderungen der Kirche.

Zwei Drittel aller Evangelischen sind Pfingstler

In fast jedem der untersuchten Länder gehen Protestanten öfter zum Gottesdienst als Katholiken, und sie beten auch mehr. Etwa 83 Prozent der Protestanten gehen mindestens einmal monatlich zur Kirche; bei den Katholiken sind es 62 Prozent. Protestanten lesen auch mehr in der Bibel.

Fast zwei Drittel aller Evangelischen zählen sich zur Pfingstbewegung, die besonders übernatürliche Gaben des Heiligen Geistes betont wie etwa das Beten in fremden Zungen oder Krankenheilung. Solche Erfahrungen sind in katholischen Pfarreien seltener anzutreffen, so das Pew-Institut. Naturreligionen und okkulte Praktiken, die teilweise mit den Sklaven aus Afrika nach Lateinamerika kamen, sind ebenfalls noch weit verbreitet. Etwa 20 Prozent aller Einwohner praktizieren solche Kulte oft neben ihrer Kirchenzugehörigkeit.


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