Irakischer Patriarch: Bomben werden IS nicht stoppen

11. Dezember 2014 in Weltkirche


Sako: Luftangriffe zerstören Häuser, Schulen, Kirchen und Infrastruktur


Erbil (kath.net/idea) Ein hoher irakischer Kirchenleiter zweifelt an der Wirksamkeit von Luftschlägen gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS). Die Bombardierungen durch die US-geführten internationalen Streitkräfte werden IS nicht in die Knie zwingen, befürchtet das Oberhaupt der chaldäisch-katholischen Kirche, Patriarch Louis Raphael Sako (Kirkuk). Vielmehr töteten die Bomben auch unschuldige Menschen; sie zerstörten Häuser, Schulen, Kirchen und die Infrastruktur. „Es gibt keine militärische Lösung für den Konflikt, vor allem wenn die Unterstützung durch Bodentruppen fehlt“, sagte er dem katholischen Internet-Informationsdienst „Crux“ (Boston/US-Bundesstaat Massachusetts). Die einzige Möglichkeit, IS zu vertreiben, sieht Sako in einer Zusammenarbeit zwischen den internationalen Streitkräften und der irakischen Regierung. Am 9. Dezember traf der scheidende US-Verteidigungsminister Chuck Hagel überraschend in Bagdad ein. Er führt Gespräche mit Regierungschef Haider al-Abadi und Militärvertretern über den Kampf gegen IS. In einer Rede vor US-Soldaten sagte er, der Irak trage die Hauptverantwortung für einen Erfolg im Kampf gegen IS: „Es ist ihr Land, sie müssen führen und sie sind es, die sich am Ende für die Resultate verantworten müssen.“

Christen sollen ausharren

Patriarch Sako hieß vor wenigen Tagen eine französische Kirchendelegation in Erbil willkommen, dem Zentrum des Kurdengebiets, in das Hunderttausende Christen, Jesiden und gemäßigte Muslime vor dem IS-Terror geflohen sind. Der Patriarch setzt sich mit Nachdruck dafür ein, dass Christen ihre Heimat nicht verlassen, sondern trotz der Bedrohungen im Irak, Syrien und anderen Krisengebieten ausharren. Die Anwesenheit von Christen im Nahen Osten gebe ein Beispiel für friedliches Zusammenleben von Angehörigen verschiedener Kulturen, Völker und Religionen. Die christliche Bildungselite sollte im Land bleiben; sonst breiteten sich Fundamentalismus und Extremismus weiter aus. Was sich gegenwärtig im Irak abspiele, sei eine „Tragödie“.

Ein Kartengruß hilft Vertriebenen

Ein wichtiges Mittel, um den Vertriebenen und Flüchtlingen zu helfen, sei das Gebet. Schon ein simpler Kartengruß aus dem Ausland, etwa zu Weihnachten oder Ostern, schenke neue Hoffnung und Mut, weil die Menschen spürten, dass sie nicht alleingelassen seien. Sako hat irakische Priester, die vor IS ins Ausland geflohen sind, zurückbeordert. Der chaldäisch-katholische Erzbischof Bashar Warda (Erbil) beklagte, dass die Welt die Augen vor dem „Völkermord“ im Irak und in Syrien verschließe. Zum Kampf gegen IS sei die ganze Welt verpflichtet. Denn in den Reihen der extremistischen Organisation kämpften auch US-Amerikaner, Briten, Australier, Holländer und Bürger anderer westlicher Staaten.

IS betreibt Organhandel

IS finanziert sich unter anderem durch Ölverkauf, Drogenschmuggel und Menschenhandel. Zudem erhärtet sich der Verdacht, dass die Terrororganisation auch beim Organhandel ihre Hände im Spiel hat. Einem Arzt aus Mossul, der sich Siruwan al-Mosuli nennt, ist aufgefallen, dass IS arabische Krankenhausmediziner angestellt habe, die keinen Kontakt zu ihren örtlichen Kollegen haben dürften. Sie entnähmen Organe beispielsweise von gefallenen oder verwundeten IS-Kämpfern, aber auch von Entführten. Für den schnellen Transport und den Verkauf der Organe ins Ausland sorge eine „Spezial-Mafia“. Nach Angaben der Assyrischen Internationalen Nachrichtenagentur AINA gehen die Organe vor allem nach Saudi-Arabien oder in die Türkei.


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