Der 'Amokkauf' der Maria Divine Mercy

9. Februar 2015 in Aktuelles


Ertappt: Nachdem eine Zeitung ihre Identität aufgedeckt hatte, versuchte die selbsternannte „Prophetin“ der „Warnung“, Mary McGovern-Carberry, alle Exemplare des Blattes aufzukaufen. Peinlich, dass sie dabei gefilmt wurde… Von Michael Hesemann


Dublin (kath.net) Der Schwindel um die „Warnung“ und die falsche „Prophetin“ Maria Divine Mercy liegt offenbar in den letzten Zügen. Wurden bislang regelmäßig und zumindest im 2-Tag-Rhythmus neue „Offenbarungen“ der Gottesmutter, des Herrn, der gewöhnlich mit „Euer Jesus“ zeichnete, und sogar Gottvaters höchstpersönlich auf der website des global operierenden Unternehmens „Das Buch der Wahrheit“ veröffentlicht, ist diese Quelle seit dem 25. Januar versiegt. Seit exakt 14 Tagen hat der „Himmel“ geschwiegen. Ein so langes Intervall hat es seit der ersten „Botschaft“ der „Seherin“ im November 2010 nicht mehr gegeben.

Insider kennen freilich den Grund. Denn am Montag, dem 26. Januar war es, als die irische PR-Lady Mary McGovern-Carberry von Michael O’Farrell, einem Reporter der irischen Sonntagszeitung „Irish Mail on Sunday“, vor ihrer Villa im Dubliner Küstenvorort Malahide gestellt wurde. O’Farrell hatte sie mit den Ergebnissen seiner Recherchen konfrontiert, die nicht nur ein breit gestreutes Firmennetz rund um ihre Botschaften aufzeigten, sondern auch keinen Zweifel daran ließen, dass sie selbst die selbsternannte „letzte Prophetin Gottes“, der „Engel der Apokalypse“, war. Fotos, die im Internet kursierten, hatten dabei gezeigt, dass sie nach wie vor ein ziemlich weltliches Society-Leben führte und offenbar wenig von ihren eigenen „Offenbarungen“ hielt – sie trug nicht einmal die von ihr als heilsnotwendig beworbene „Medaille der Erlösung“. Doch statt sich zu erklären, reagierte Frau McGovern wenig damenhaft. „Ich kann mich mit diesem Mist nicht befassen. Tut mir leid. Wenn Sie ehrlich diesen Sch… glauben, dann tun sie das!“, geiferte sie den Journalisten an. Sie habe lediglich „für jemanden einen Job erledigt“, jetzt aber versuchten „Internet-Trolle“, ihr „Leben zu zerstören.

O‘Farrell hatte, wie es sich gehört, ein Aufnahmegerät dabei gehabt, um eine Antwort der zur Rede Gestellten wortgetreu wiedergeben zu können. Das aber stellte er dem renommierten forensischen Sprachanalysten Ed Primeau zur Verfügung, der praktisch zweifelsfrei belegte, dass die Stimme von Frau McGovern identisch ist mit jener der „Maria Divine Mercy“, die im Oktober 2011 einem katholischen Radiosender in den USA ihr bislang einziges Interview als Prophetin gegeben hatte.

So erschien am Sonntag vor einer Woche (kath.net hat berichtet) auf einer Doppelseite der große Enthüllungsbericht des Reporters mit Daten und Fakten über das Firmengeflecht zur Vermarktung der Bücher und der besagten Medaille, die Mary McGovern bei einem kalifornischen Werbedesigner in Auftrag gegeben hatte. Deshalb blieb der blamierten „Prophetin“ nichts anderes übrig als der freilich ziemlich dilettantische Versuch einer Schadensbegrenzung.

„Gleich nach der Veröffentlichung des Artikels in der Ausgabe der letzten Woche erfuhr die Mail on Sunday, dass eine Frau Hunderte von Exemplaren der Zeitung kaufte, als die Läden gerade geöffnet hatten“, meldete die irische Sonntagszeitung am gestrigen 8. Februar 2015. Es war eine verzweifelte Panikreaktion nach ihrer blamablen Enttarnung: Kaum hatten die Zeitungsläden, Tankstellen und Kioske am 1. Februar geöffnet, machte sie höchstpersönlich die Runde, um zumindest in Malahide und den benachbarten Vororten alle vorhandenen Exemplare des Blattes aufzukaufen. Was die sonst so clevere PR-Lady nicht ahnen konnte war, dass sie dabei von einem halben Dutzend Video-Überwachungskameras gefilmt wurde – und die Ladenbesitzer gerne bereit waren, die Aufnahmen der Zeitung zur Verfügung zu stellen. Die kostete den Amoklauf der Enttarnten genüsslich aus und veröffentlichte das schönste der „Gotcha!“ („Ertappt!“)-Fotos gleich auf der Titelseite: „Die Story, die diese Frau sie nicht lesen lassen wollte: PR Guru, der mit Maria Divine Mercy in Verbindung gebracht wurde, kaufte hunderte Irish Mail on Sundays auf, nachdem wir die Weltuntergangssekte enttarnt haben. (Mehr Fotos im Innenteil)“. Es folgten weitere Bilder, neun an der Zahl, alle zwischen 8.48 und 9.30 Uhr aufgenommen, die fragen lassen, ob die Prophetin an einem Sonntagmorgen nichts Besseres zu tun hatte. Über 300 Exemplare erwarb sie, nicht ohne zuvor um Mengenrabatt zu bitten und mit ihrer Kreditkarte zu bezahlen, damit auch ja kein Zweifel bestand, mit wem man es zu tun hatte. Dabei war sie recht flexibel mit den Erklärungen, die sie den erstaunten Ladenbesitzern für ihr merkwürdiges Handeln präsentierte. „Sie sagte, es ginge um einen Internet-Troll“, erinnert sich einer der Verkäufer, „das alles war ihr offenbar sehr wichtig. Sie bestand darauf, wirklich alle Exemplare haben zu wollen“. Anderen wollte sie weißmachen, sie habe mit einer PR-Aktion in der Zeitung oder einem darin erwähnten Wohltätigkeits-Event zu tun. Einige Ladenbesitzer waren so freundlich, ihr die kiloschweren Zeitungsstapel in ihren bereits überfüllten Mercedes zu tragen: „Der Kofferraum war voll und auf dem Rücksitz stapelten sich die Zeitungen bis zur Decke“, erklärte der hilfsbereite Verkäufer; er musste auf den Beifahrersitz ausweichen.

Ein Ladenbesitzer waren clever genug, einige Kollegen über den bevorstehenden Aufkauf zu informieren. So konnten diese zumindest noch ein paar Exemplare für Stammkunden in Sicherheit bringen, bevor Mary McGovern auch hier „jedes einzelne Exemplar, das Sie haben“ verlangte. Um ihre Leser dennoch nicht zu enttäuschen, druckte die „Irish Mail on Sunday“ fleißig nach. Am Montag war die Neuauflage dann doch wieder an den Verkaufsstellen zu finden, womit die clevere PR-Lady freilich nicht gerechnet hatte. Am gestrigen Sonntag hat sie, wie gesagt, es sogar auf die Titelseite geschafft. Zumindest in Irland ist mit ihr offenbar immer noch Auflage zu machen.



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