Baden-württembergisches Hauruckverfahren für Bildungsplan 2015

16. März 2015 in Deutschland


Der hochumstrittene Bildungsplan 2015 soll unter der grün-roten Landesregierung offenbar noch vor Ende der Legislaturperiode durchgepeitscht werden – Auch gegen Kirchen werden Maßnahmen vorgeschlagen


Stuttgart (kath.net) „Wenn es nach der grün-roten Landesregierung geht, scheint in Baden-Württemberg der sexuelle Notstand ausgebrochen zu sein.“ Dies stellt die „Petition zum Bildungsplan 2015“ auf ihrer Homepage fest und berichtet von einem „LSBTTIQ-Aktionsplan“, den die grün-rote Landesregierung gemeinsam mit einem „Beirat aus LSBTTIQ-Vertretern“ erarbeitet hat. Dieser Aktionsplan „umfasst sechs Eckpunkte und 200 Einzelmaßnahmen, die bis Sommer der Landesregierung vorgelegt werden sollen, um diskriminierungsfreie Teilhabe in der Gesellschaft für Lesben, Schwulen, bisexuellen, transsexuellen, transgender, intersexuellen und queeren Menschen zu ermöglichen“. Die baden-württembergische Sozialministerin Katrin Altpeter hatte bereits im Januar 2015 erläutert: „Mit dem Aktionsplan werden wir bestehende Benachteiligungen überall dort bekämpfen, wo Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung benachteiligt, angefeindet, schräg angeschaut oder angegriffen werden.“

Als Einzelmaßnahmen listet die „Petition zum Bildungsplan 2015“ auf (Zitat):

„- Einführung einer „dritten Elternschaft“ für „Regenbogenfamilien“
- Zuschüsse für Hochschulen sollen gekürzt bzw. gestrichen werden, die ein veraltetes Menschenbild lehren
- Sanktionen für transphobe und homophobe Medieninhalte (Wort, Bild), aktive Medienbeobachtung
- Gleichstellung bei Blut-, Knochenmark- und Organspende für LSBTTIQ-Menschen
- „LSBTTIQ-Quote bei Südwestfunk, Rundfunkrat und ZDF“ und sämtlichen gesellschaftlichen Bereichen durch die: „Quotenregelung: LSBTTIQ-Menschen sollen in Gremien vertreten sein“
- Legalisierung der Leihmutterschaft Gleichstellung bei künstlicher Insemination in Kinderwunschzentren/Arztpraxen und Kostenübernahme durch Krankenkassen
- Zulassung anderer Geschlechtsangaben im Personalausweis
- Kritische Betrachtung des Dudens
- Unterstützung von Partys und Veranstaltungen der Community auch an konservativen Plätzen, Anerkennung von Szenelokalitäten

Außerdem informierte die „Petition zum Bildungsplan 2015“ darüber, dass auch kirchliche Themen angesprochen werden (Zitat):

„- Ermöglichung von kirchlichen Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare
- Queere Gottesdienste
- Kirchen dazu aufrufen, keine Diskriminierungen gegenüber LSBTTIQ-Arbeitnehmer/innen durchzuführen
- Das Kirchenrecht soll unter das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geordnet werden
- Offene Diskussion über den Tendenzschutz von Kirchen und Sichtbarmachen von gläubigen LSBTTIQ-Menschen
- Runder Tisch (bzw. Diskussionsangebote) mit Kirchen (Antidiskriminierung / Gleichbehandlung)

Als bisher erster und einziger Politiker hat sich Bernd Koemel, Mitglied des Europaparlaments und Landessprecher der AfD, dazu geäußert. Das Ziel sei klar, stellte er auf seiner Homepage fest: „Die Etablierung und dauerhafte Finanzierung eines Netzwerkes von Gender-Gedankenpolizisten, die in Zukunft in alle sozialen und gesellschaftlichen Verhältnisse hineinwirken sollen um deren Lebensentwurf staatlich zu propagieren. Wenn man bedenkt, dass der rot-grüne Bildungsplan ja bereits Anfang des Jahres 2014 aufgrund massiver Proteste von Bürgern verschoben werden musste, so ist klar: Die Rotlinken und Grünlinken können es nicht lassen, den Menschen ihrer Ideologie gemäß formen und umerziehen zu wollen.“ Der Aktionsplan solle, so Koemel, „noch vor der Sommerpause 2015 zur Abstimmung gestellt werden und in beinahe jeden Lebensbereich der Menschen in Baden-Württemberg eingreifen“. Deshalb rufe er „alle freiheitlich gesinnten Blogger, Medienvertreter, Journalisten, Multiplikatoren, Vereine, Vereinigungen, Kirchen, religiösen und ethische Vereinigungen, Angehörigen der verschiedenen Glaubensrichtungen und Religionen auf, sich diesen in seinem Ansatz totalitären Aktionsplan entgegenzustellen“.

Weiter Reaktionen aus den bürgerlichen Parteien oder den kirchlichen Vertretern im Land Baden-Württemberg sind bisher noch nicht bekannt geworden.

Der baden-württembergische Bildungsplan hatte für erheblichen Streit unter bundesweiter Beachtung gesorgt. Im März 2014 hatte beispielsweise Peter Hauk, damals Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion, in einer Rede die einseitige Betonung der sexuellen Vielfalt im Bildungsplan als Beispiel der „Bevormundungspolitik“ der grün-roten Landesregierung kritisiert. Die Delegierten des Landesparteitags der CDU Baden-Württemberg hatten die grün-rote Landesregierung dazu aufgefordert, beim Bildungsplan verfassungsgemäße Grundlagen zu beachten, kath.net hat berichtet.

Auch die beiden katholischen Bistümer Rottenburg-Stuttgart und Freiburg sowie die beiden evangelischen Landeskirchen Württemberg und Baden forderten im Januar 2014 deutliche Änderungen am Bildungsplan. Die neuen Leitprinzipien für den Unterricht an baden-württembergischen Schulen müssten auf der Grundlage jenes Menschenbildes erarbeitet werden, das der Landesverfassung und den Schulgesetzen zugrunde liegt, stellten die Kirchen in einer gemeinsamen stellungnahme fest, kath.net hat berichtet.

Auch der SPD-Politiker Wolfgang Thierse, langjähriger Bundestagspräsident und –vizepräsident, hatte mehr Toleranz in Debatte um Homosexualität gefordert, kath.net hat berichtet. Es müsse legitim sein, so Thierse, auch die vertraute Form von Ehe und Familie zu verteidigen. Jemandem, der dies tue, Homophobie zu unterstellen, sei nicht hilfreich.

In Baden-Württemberg stehen für das Frühjahr 2016 Landtagswahlen an. Eine Wiederwahl der bisherigen grün-roten Regierung erscheint derzeit keineswegs als sicher.


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