Kardinal Müller: Eine Glaubenskongregation wird es immer geben

6. April 2015 in Aktuelles


Präfekt der Glaubenskongregation sagt, er bekomme auch Hass-Mails, «hauptsächlich aus Deutschland». «Da schreibt dann einer: Sie sind im Mittelalter stehen geblieben.»


Berlin (kath.net/KNA) Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller hat laut eigenem Bekunden keine großen Differenzen mit Papst Franziskus. Natürlich kenne auch der Papst die «Legenden aus den Medien, die ständig behaupten, wir wären unterschiedlicher Meinung», sagte der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation der «Welt am Sonntag». «Diese Vorstellung, wir seien Kontrahenten, liefert den Journalisten natürlich unendlichen Stoff», so Müller weiter. «Aber der Papst nimmt das nicht ernst und ich in der Folge auch nicht.»

Dass Franziskus Post aus der Glaubenskongregation einfach abhefte und dann so weitermache wie bisher, stimme so nicht, betonte Müller. «Ich habe ihn extra gefragt.» Die Kongregation habe «im Rahmen der ihr zugewiesenen Kompetenz Anteil am Lehramt des Papstes», erläuterte der Kardinal. «Es hat keinen Sinn, den Papst gegen die römische Kurie ausspielen zu wollen.»

Der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation macht sich um den Fortbestand der von ihm geleiteten Kurienbehörde keine Sorgen. Eine Glaubenskongregation werde es «in irgendeiner Form» trotz aller möglicher Reformen immer am Vatikan geben, «weil das Lehramt des Papstes für die Universalkirche seine wichtigste Mission darstellt», sagte Müller der «Welt am Sonntag».

Angst, dass später einmal einer seiner Nachfolger die Dinge anders sehen könnte, hat der Kurienkardinal laut eigenem Bekunden nicht. «Auch in 500 Jahren wird man noch sagen, dass sich die Welt dem Schöpfungswillen Gottes verdankt. Dass sie Ausdruck seiner Liebe und seiner Güte ist.» Auf dem «Weg zum Heil» könne die Kirche nicht irren, weil sie den Beistand des Heiligen Geistes und die Zusage seiner Gnade habe. «Wer das nicht annimmt, vermutet hinter dem kirchlichen Agieren einen verdeckten Machtanspruch oder mangelnde Aufgeklärtheit.»

Zugleich räumte Müller ein, dass manches, was in der Kirche geschehe, begleitet sei von «aller Dialektik des Menschlichen». Hinzu komme: «Unsere Kongregation ist nicht von Gott eingesetzt.» Das seien nur die Bischöfe und der Papst. «Aber der Papst übt den Primat aus, indem er das Kardinalskollegium heranzieht zur Mitarbeit, besonders auch in der Form der Kardinalskongregationen der römischen Kurie.»

Die Glaubenskongregation ist die älteste und in dogmatischen Fragen höchste vatikanische Kurienbehörde. 1542 unter Papst Paul III. als «Kongregation der Römischen und Universalen Inquisition» ins Leben gerufen, sollte sie nach der Reformation den katholischen Glauben rein erhalten, Glaubensverstöße untersuchen und gegebenenfalls bestrafen. 1908 wurde die Inquisitions-Kongregation zum «Heiligen Offizium».

Der Konzilspapst Paul VI. gab ihr 1965 den heutigen Namen und stellte klar, dass die Kongregation die kirchliche Lehre und Moral nicht nur gegen Verirrungen verteidigen, sondern fördern, vertiefen und durch positive Studien anregen soll. Im Mittelpunkt steht die Sektion für Lehrfragen. Dort werden theologische Veröffentlichungen auf ihre Vereinbarkeit mit der katholischen Lehre untersucht. Müller steht seit 2012 an der Spitze der Glaubenskongregation.

Der Kurienkardinal erhält als Leiter der ältesten Kurienbehörde im Vatikan neben viel zustimmender Post auch Hassmails. Die elektronischen Schreiben kämen «hauptsächlich aus Deutschland», sagte Müller der «Welt am Sonntag». «Da schreibt dann einer: Sie sind im Mittelalter stehen geblieben. Oder: Sie sind schlimmer als Hitler oder so ähnlich.»

Eine Antwort verfasse er in solchen Fällen nicht, so der Kurienkardinal. Das sei zwecklos. «Hass macht dialogunfähig.» Auf die Frage, ob er selbst zwei Gesichter habe, weil ihn die einen für einen warmherzigen Menschen, andere für einen «kalten, arroganten Großinquisitor» hielten, antwortete Müller: «Ich weiß nicht, ob ich die habe. Es gibt Menschen, die mich persönlich kennengelernt haben, die sagen halt das eine, andere das andere.» Er glaube, dass die meisten nach einer persönlichen Begegnung eine gute Meinung von ihm hätten.



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Foto Kardinal Müller (c) kath.net/Markus Gehling


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