Familienverband übt scharfe Kritik an Expertenvorschlägen

10. April 2015 in Österreich


KFÖ-Präsident Trendl: Vorschläge der Expertenkommission an Finanzminister Schelling sind "realitätsfremd, beschämend und zynisch"


Wien (kath.net/KAP) "Realitätsfremd, beschämend und zynisch!": Mit geharnischter Kritik an den kolportierten Vorschlägen der Expertenkommission an Finanzminister Hans Jörg Schelling hat sich am Donnerstag der Präsident des Katholischen Familienverbandes (KFÖ), Alfred Trendl, zu Wort gemeldet. "Gerade bei der Steuerreform nahezu leer ausgegangen, sind es schon wieder Familien und Kinder und damit die zukünftige Generation, die das Budgetproblem lösen sollen", zeigte sich der Leiter einer Steuerberatungskanzlei in seiner Aussendung "fassungslos".

Die Vorschläge der elfköpfigen Expertenkommission an Schelling zur Budgetsanierung betreffen die Streichung der kostenlose Mitversicherung für den zweiten Elternteil, weniger Geldleistungen für Familien zugunsten der Sachleistungen und die Abschaffung der beliebtesten Variante beim Kinderbetreuungsgeld - nämlich die Elternverteilung 30+6 Monate.

Angesichts der am Mittwoch von der Liga für Kinder- und Jugendgesundheit veröffentlichten Zahlen, wonach 124.000 Kinder in Österreich in manifester Armut leben, "sind diese Vorschläge an Zynismus nicht mehr zur überbieten", kritisierte Trendl. Der KFÖ-Präsident frage sich, "in welchem sozialen Umfeld diese Experten leben!" Sowohl die Familienbeihilfe als auch das Kinderbetreuungsgeld wirkten bei Familien mit geringem Einkommen unbestreitbar armutsvermeidend. Die meistgewählte Langvariante des Kinderbetreuungsgeldes biete insbesondere Schülerinnen, Studentinnen, erwerbslosen Frauen und Bäuerinnen nicht nur ein Auskommen, sondern auch Versicherungsschutz.

Dass die Familienbeihilfe insbesondere für Mehrkindfamilien "ein unverzichtbarer Bestandteil des Haushalsbudgets" sei und davon keine Luxusartikel gekauft würden, wisse der Katholische Familienverband aus seiner Beratungstätigkeit. "Regelmäßig wenden sich Familien an uns, weil sie nicht mehr wissen, wie sie trotz zweier Einkommen Ihren Alltag finanzieren sollen!", gab Trendl an.

Gegen Diktat des Sparzwanges

Trendl warnt eindringlich davor, Familienpolitik dem Diktat des Sparzwanges und der Wirtschaft unterzuordnen: "Jeder Euro, der in Kinder und Familien investiert wird, ist eine Investition in die Zukunft." Der KFÖ-Präsident nannte es "beschämend", dass angesichts von 124.000 armutsbetroffenen Kindern "unter dem Deckmantel der Vereinbarkeit über eine Kürzung der Familienleistungen nachgedacht wird." Familienleistungen dürften keinesfalls gekürzt werden, sie bräuchten vielmehr eine regelmäßige, gesetzlich vorgeschriebene Valorisierung.

Auch dass es rund 100.000 nicht krankenversicherte Menschen in Österreich gibt, erfordere entsprechende Sozialleistungen. "Schafft man die kostenlose Mitversicherung innerhalb der Familie ab, würde diese Zahl noch weiter in die Höhe schnellen", warnte Trendl.

"Familien brauchen Geld, Zeit und Infrastruktur", wies Trendl hin. Eine nachhaltige Familienpolitik bemühe sich um einen ausgewogenen Mix dieser drei Säulen und dürfe der Arbeitsmarktpolitik oder Wirtschaftspolitik nicht untergeordnet werden. Für den Familienverband sei es "skandalös, finanzielle Leistungen wie die Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld ständig gegen Sachleistungen wie den Ausbau der oder Kinderbetreuungs- und Nachmittagsbetreuungsplätze auszuspielen. Familien brauchen beides!"

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