'Die widerwillig ausgeübte Toleranz gegen uns aufzuheben'

9. Mai 2015 in Buchtipp


Leseprobe 5 aus dem Buch „Der Herr der Welt“ von Robert Hugh Benson


Illertissen (kath.net/Media Maria) Die von Robert Hugh Benson (1871-1914) vorausgesehene Entwicklung der Technik und die politischen und antireligiösen Zukunftsbilder waren beim Erscheinen des Buches eine Sensation. Seine Visionen zeigen jedoch erstaunliche Wiedererkennungsmerkmale in Anbetracht der Schreckensregime des Nationalsozialismus und des Kommunismus.

Benson beschreibt den "Herrn der Welt" als Antichrist, der in einem als freiheitlich propagierten System über alle Länder der Erde herrscht. Julian Felsenburg, dieser neue Weltherrscher, schreckt im Kampf gegen die Kirche auch nicht vor der Vernichtung Roms, des Papstes und der letzten Christen zurück.

Nur zwei Kardinäle entkommen diesem gnadenlosen Bombardement Roms. Sie wählen im Verborgenen einen neuen Papst und berufen ein Konzil ein. Durch einen Verrat wird auch dieser letzte Aufenthalt des neuen Papstes bekannt. Felsenburgh holt zum letzten Vernichtungsschlag aus. Während der Papst und seine Getreuen sich dem letzten Kampf stellen, verfinstert sich die Sonne und Gott greift ein.

„Sagen Sie mir doch bitte noch einmal“, sagte der alte Kardinal, als die beiden einander gegenübersaßen und die Kapläne in einer anderen Kabine Platz genommen hatten, „wer ist dieser Mann?“

„Dieser Mann? Er war Sekretär bei Oliver Brand, einem unserer Politiker. Er holte mich an das Sterbebett der alten Mrs Brand und verlor deshalb seine Stellung. Er ist ausgesprochen vertrauenswürdig. Nein, er ist kein Katholik, obwohl er sich danach sehnt, einer zu sein. Das ist der Grund, weshalb sie ihn ins Vertrauen gezogen haben.“

„Und diese?“

„Ich weiß nichts über sie, es sei denn, dass sie zu allem fähig sind. Sie haben zwar genug Glauben, um zu handeln, nicht aber, um geduldig zu sein ... Ich vermute, dass sie annahmen, dieser Mann sympathisierte mit ihnen. Zu ihrem Unglück aber besitzt er genug Gewissen, und außerdem versteht er, dass die Regierung nach einem derartigen Attentat endlich einen Vorwand finden würde, die widerwillig ausgeübte Toleranz aufzuheben und gegen uns vorzugehen. Eminenz, sind Sie sich im Klaren darüber, welchen Punkt der Hass gegen uns erreicht hat?“

Der alte Mann nickte bedauernd.

„Und ob ich es weiߓ, murmelte er. „Und auch meine Deutschen sind daran beteiligt? Sind Sie sich dessen sicher?“

„Eminenz, es ist ein weitverzweigtes Komplott. Schon seit Monaten hat es geschwelt. Jede Woche haben Versammlungen stattgefunden. Es ist ihnen fabelhaft gelungen, die ganze Angelegenheit geheim zu halten. Ihre Deutschen haben nur gewartet, damit der Schlag umso überraschender käme. Und nun, morgen …“, Percy lehnte sich mit einer Geste der Verzweiflung zurück.

„Und der Heilige Vater?“

„Ich ging sofort nach dem Ende der Messe zu ihm. Er vertrat dieselbe Ansicht wie ich und schickte sofort nach Ihnen. Es ist unsere einzige Möglichkeit, Eminenz.“

„Und glauben Sie, dass wir es verhindern können?“

„Ich weiß nicht, was wir sonst noch tun können. Ich werde sofort zum Erzbischof gehen und ihm alles erklären. Wir kommen, glaube ich, um drei Uhr an, und Sie, wenn mich nicht alles täuscht, werden gegen sieben Uhr deutscher Zeit in Berlin sein. Der sogenannte Gottesdienst soll um elf Uhr stattfinden. Bis dahin werden wir alles getan haben, was in unserer Macht steht. Die Regierung und die Allgemeinheit werden dann wissen, dass wir in Rom mit der Angelegenheit nichts zu tun haben. Ich nehme an, sie werden bekannt geben lassen, dass der Kardinalprotektor und der Erzbischof mit seinen Weihbischöfen in der Sakristei anwesend sein werden. Man wird jede Wache verdoppeln und Flugschiffe über der Abtei kreuzen lassen, das Übrige liegt in Gottes Hand.“

„Glauben Sie, dass die Verschwörer trotzdem einen Anschlag machen werden?“

„Das kann ich nicht beurteilen“, antwortete Percy kurz.

„Soviel ich weiß, haben sie Alternativpläne ausgearbeitet.“

„Das stimmt. Wenn nichts dazwischenkommt, wollen sie die Bombe aus der Luft abwerfen, anderenfalls haben sich mindestens drei Leute angeboten, unter Aufopferung ihrer eigenen Person, den Sprengstoff in der Abtei zu entzünden ... Und Sie, Eminenz?“

Der alte Mann blickte ihn ruhig an.

„Mein Programm ist das Ihre“, sagte er.

„Eminenz, haben Sie auch die Folgen überlegt, wenn nichts geschieht?“

„Wenn nichts geschieht, wird man uns wahrscheinlich vorwerfen, wir hätten uns wichtigmachen wollen. Falls jedoch etwas geschieht – nun, dann werden wir uns alle bei Gott wiedersehen. Beten wir um das Zweite“, fügte er leidenschaftlich hinzu.

„Zumindest wird das leichter zu ertragen sein“, bemerkte der alte Mann.

„Entschuldigen Sie bitte, Eminenz. Das hätte ich nicht sagen sollen.“

Dann schwiegen die beiden Männer und in der Kabine war nichts zu hören, als das leise Rauschen der Luft, das einmal von dem Husten eines Mannes in der Kabine nebenan unterbrochen wurde. Percy stützte sein müdes Haupt auf die Hand und starrte aus dem Fenster hinaus.

Dunkel lag die Erde unter ihm – eine ungeheure Leere. Der Himmel über ihnen zeigte sich noch immer in einem schwachen Dämmerlicht, in dem sich bereits die ersten Sterne der Winternacht abzeichneten.

„Über den Alpen wird es sicher kalt werden“, murmelte Percy. Dann unterbrach er sich. „Und ich habe nicht den geringsten Beweis“, sagte er, „keinen, als das Wort eines Mannes.“

kath.net-Buchtipp:
Der Herr der Welt
Von Robert Hugh Benson
Hardcover, 368 Seiten
2015 Media Maria
ISBN 978-3-9816344-9-5
Preis 19.50 EUR

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