Bischof Oster: Benedikt XVI. hat uns immer wieder überrascht

20. April 2015 in Chronik


Zehn Jahre nach der Papstwahl von Benedikt XVI. hat der Passauer Bischof Stefan Oster das frühere Kirchenoberhaupt gegen Kritik verteidigt.


Marktl (kath.net/KNA) Zehn Jahre nach der Papstwahl von Benedikt XVI. hat der Passauer Bischof Stefan Oster das frühere Kirchenoberhaupt gegen Kritik verteidigt. Medienvertreter und auch viele Katholiken hielten den deutschen Papst für einen Bremser und Reaktionär, sagte Oster am Sonntagabend in Marktl am Inn bei einem Festgottesdienst laut dem vorab verbreiteten Redemanuskript. Vielmehr sei Joseph Ratzinger aber als ein Mann in Erinnerung zu rufen, «der mich und viele von uns immer wieder überrascht hat».

Viele Menschen zeichneten vom deutschen Papst «die Karikatur vom Starrköpfigen, vom Unbeweglichen, vom Diktator des römischen Zentralismus, vom homophoben Feind einer liberalen Sexualmoral, vom Feind der Frauen in der Kirche und vom Hauptverantwortlichen für die Vertuschung sexuellen Missbrauchs», bemängelte der Passauer Bischof. Er schilderte Benedikt XVI. demgegenüber als einen «Leuchtturm in der Theologie unserer Zeit», der von Klarheit und Tiefe im Urteil sowie von Demut und persönlicher Bescheidenheit geprägt sei.

Der damalige Kurienkardinal und Präfekt der Glaubenskongregation Joseph Ratzinger war am 19. April 2005 zum Kirchenoberhaupt gewählt worden. Im Februar 2013 trat er überraschend von seinem Amt zurück. Am Donnerstag wurde der emeritierte Papst 88 Jahre alt. In Marktl am Inn, Ratzingers Geburtsort, wurde das zehnjährige Jubiläum der Papstwahl mit einer Festwoche begangen.

Oster stellte die Frage, ob der Rücktritt von Benedikt XVI. nicht «ausgesprochen modern» gewesen sei und «so gar nicht in die in die schlechte Karikatur von dem Mann» passe. Auch mit seiner ersten Enzyklika «Deus caritas est» (Gott ist die Liebe) sowie seinem Wunsch nach Verzicht und Entweltlichung der Kirche habe der Papst überrascht. Der Bischof würdigte ferner die Diskussionsfreude von Benedikt XVI., seine Besuche in einem evangelischen Gotteshaus und in einer türkischen Moschee sowie Ratzingers dreibändiges Jesus-Buch, «das auch Nicht-Fachleute lesen können».

Der Passauer Bischof ging auch auf den Umgang von Benedikt XVI. mit der umstrittenen Pius-Bruderschaft, die in der islamischen Welt viel diskutierte «Regensburger Rede» sowie auf die Missbrauchsaffären in der katholischen Kirche und deren Aufarbeitung durch den damaligen Papst ein. Vor allem sei es diesem um die «Erneuerung des Glaubens an Christus» gegangen, resümierte Oster. Er sei «froh und dankbar für diesen großen und doch so demütigen Mann der Überraschungen, dessen reiches theologisches Erbe uns noch lange beschäftigen wird».

Vor zehn Jahren wurden Papst Benedikt XVI. gewählt


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