Stammzellforschung: Nichtembryonale Variante im Aufwind

21. Mai 2015 in Chronik


Deutsche Bundesregierung: Ethisch "saubere" Variante der Stammzellen hat sich für Gewinnung menschlicher Zellen bereits etabliert - Bioethikerin Kummer fordert Diskussion um EU-Geldern für embryonale Stammzelllinien


Berlin (kath.net/KAP) Die Forschung mit Induzierten pluripotenten Stammzellen (IPS) hat nach Angaben der deutschen Bundesregierung bereits den Umfang der Arbeiten mit humanen embryonalen (hES) Stammzellen erreicht. Wie es in dem am Montag in Berlin vorab veröffentlichten "Sechsten Erfahrungsbericht der Bundesregierung über die Durchführung des Stammzellgesetzes" heißt, haben sich IPS-Zellen in der transnationalen Forschung zu Krankheitsmechanismen und in der Wirkstoff-Forschung als geeignetes Ausgangsmaterial für die Gewinnung dringend benötigter menschlicher Zellen etabliert. Der Bericht bezieht sich auf die Jahre 2012 und 2013.

"Die breite Nutzung von IPS-Zellen zeigt, dass ethisch sauberes Forschen auch wissenschaftlich erfolgversprechend ist", erklärte dazu am Dienstag Susanne Kummer, Geschäftsführerin des in Wien ansässigen kirchlichen Bioethikinstituts IMABE. Dieses "Faktum" sollte "genug Stoff geben für eine Debatte in Österreich und Europa in Hinblick auf eine Stopp von EU-Geldern für die Herstellung weiterer ethisch umstrittener embryonaler Stammzellinien", so die Ethikerin.

Kummer verwies auf den japanischen Pionier der Stammzellforschung, Shinya Yamanaka, der bereits im Jahr 2008 betont hatte, dass eine weitere Zerstörung von Embryonen zwecks Herstellung von Stammzelllinien obsolet sei. Yamanka erhielt 2012 den Medizinnobelpreis für die Entdeckung der IPS-Zellen. Diese Zellen entstehen durch Reprogrammierung von Körperzellen und weisen Eigenschaften pluripotenter Stammzellen auf. Aus solchen Zellen lassen sich alle Gewebe entwickeln; sie bilden die Grundlage für sämtliche Körperzellen und beinhalten die nötigen genetischen Informationen zur Bildung eines kompletten Organismus.

Möglichkeiten nun klarer

Nach Angaben des zuständigen Robert Koch-Instituts wurden in Deutschland seit Inkrafttreten des Stammzellgesetzes im Juli 2002 insgesamt 102 Forschungsprojekte mit menschlichen embryonalen Stammzellen genehmigt. Das Gesetz bestimmt die Auflagen zur Einfuhr und Verwendung von hES-Zellen für Forschungszwecken.

Laut dem Bericht werden menschliche embryonale Stammzellen aber weiterhin für viele Fragen der Grundlagenforschung "in hohem Umfang" genutzt, während IPS-Zellen im Bereich zelltherapeutischer Anwendungen bisher kaum zum Einsatz kommen. Der potenzielle Nutzen von hES- und und IPS-Zellen für die Entwicklung neuer Therapiekonzepte und Wirkstoffe habe sich "deutlich konkretisiert".

Die Reprogrammierung habe sich in kurzer Zeit als Methode zur Herstellung pluripotenter Stammzellen etabliert, betont der Bericht. Es zeichne sich darüber hinaus ab, dass auch die direkte Umprogrammierung (Transprogrammierung) von einem Zelltyp in einen anderen effizient genutzt werden könne. Es bleibe jedoch abzuwarten, ob und inwieweit reprogrammierte oder umprogrammierte Zelltypen für die regenerative Medizin einsetzbar seien, heißt es weiter.

Studien in den USA, Großbritannien, Frankreich und Südkorea zielten vor allem auf die Entwicklung neuer Therapien für verschieden Formen der Makuladegeneration, einem Augenleiden, sowie auf die Behandlung von Rückenmarksverletzungen, Herzinfarkt und Diabetes mellitus. In der Grundlagenforschung würden humane embryonale Stammzellen weiterhin als Standardzellsystem eingesetzt.

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