Das Scheitern einer Liebesgeschichte? Nein. Der endgültige Sieg

1. Juni 2015 in Aktuelles


Franziskus in Santa Marta: das scheinbare Scheitern des Traumes Gottes. Das, was verworfen wurde, wird zum Anfang des Heils der Welt. Der Sieg der Liebe am Kreuz. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden“: das, was wie das Ende einer Geschichte voller Hoffnung erscheint, wird zum Anfang des Heils der Welt. Gott baut auf der Schwäche. Wenn man aber die Seiten des Buchs der „Liebesgeschichte zwischen Gott und seinem Volk“ liest, so scheint diese eine Geschichte des Scheiterns zu sein, wie das Gleichnis von den bösen und mörderischen Winzern nahelegen könnte: das „Scheitern des Traums Gottes“.

Die Heilsgeschichte also eine Geschichte des Scheiterns, die so weit gehe, „dass Gott – der Vater des Volkes, der dieses Volk zu sich nimmt, weil es ein kleines Volk ist und er es liebt, er voll Liebe träumt – zu scheitern scheint“. Dieses Scheitern jedoch beginne bereits ganz am Anfang. Vom ersten Moment an sei da das Blut – das Blut Abels – und so gehe es weiter.

In seiner Predigt am Montag der neunten Woche im Jahreskreis, Fest des heiligen Philosophen und Märtyrers Justinus, bei der heiligen Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“ betrachtete Papst Franziskus das Tagesevangelium (Mk 12,1-12). „Ein Mann legte einen Weinberg an, zog ringsherum einen Zaun, hob eine Kelter aus und baute einen Turm. Dann verpachtete er den Weinberg an Winzer und reiste in ein anderes Land“ (V.1): seine Winzer aber töteten alle, die der Herr des Weinbergs entsende. Doch gerade mit diesen Getöteten beginne das Leben:

„Die Propheten, die Männer Gottes, die zum Volk gesprochen haben, die nicht gehört, die verworfen wurden, werden seine Herrlichkeit sein. Der Sohn, der Letzte der Entsandten, der gänzlich verworfen wurde, der verurteilt wurde, unangehört blieb und getötet wurde – ‚er ist zum Eckstein geworden’ (V.10). Diese Geschichte, die mit einem Liebestraum beginnt und eine Liebesgeschichte zu sein scheint, dann aber in einer Geschichte des Scheiterns zu enden scheint, endet mit der großen Liebe Gottes, die aus dem Verworfenen das Heil hervorholt. Aus dem verworfenen Sohn. Sie rettet uns alle“.

An diesem Punkt kehre sich die Logik des Scheiterns um, so der Papst. Jesus rufe dies den Hohenpriestern, den Schriftgelehrten und den Ältesten in Erinnerung und zitiere dazu die Heilige Schrift: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden;
das hat der Herr vollbracht, vor unseren Augen geschah dieses Wunder?“ (V. 10-11). Gleichzeitig sei es schön, in der Bibel auch von den Klagen Gottes zu lesen, Klagen des Vaters, der weine, wenn sein Volk nicht ihm gehorche, weil es selbst Gott werden wolle:

„Der Weg unserer Erlösung ist ein Weg, der über viele Momente des Scheiterns führt. Auch das letzte Scheitern, jenes des Kreuzes, ist ein Ärgernis. Doch gerade am Kreuz siegt die Liebe. Und jene Geschichte, die mit einem Liebestraum beginnt und sich als Geschichte des Scheiterns fortsetzt, endet mit dem Sieg der Liebe: dem Kreuz Jesu. Diesen Weg dürfen wir nicht vergessen, es ist ein schwerer Weg. Es ist auch unser Weg! Wenn ein jeder von uns eine Gewissenserforschung anstellt, dann wird er sehen, wie oft er die Propheten weggejagt hat. Wie oft er zu Jesus gesagt hat: ‚Geh weg’. Wie oft er sich selbst retten wollte. Wie oft wir gedacht haben, dass wir die Gerechten waren“.

Abschließend rief Franziskus dazu auf, nie zu vergessen, dass sich im Tod des Sohnes am Kreuz die Liebe Gottes zu seinem Volk offenbare:

„Die Liebe Gottes zu seinem Volk offenbart sich im Opfer seines Sohnes, das wir jetzt erneut wirklich feiern werden. Und wenn er auf den Altar herabkommt und wir ihn dem Vater opfern, wird es uns gut tun, dessen eingedenk zu sein: dieser Geschichte der Liebe, die gescheitert zu sein scheint, doch am Ende siegt. Es ist dies die Geschichte, an die in der Geschichte unseres Lebens gedacht werden muss, die Geschichte jenes Samens der Liebe, den Gott in uns ausgesät hat, und daran, wie es gegangen ist, um dann so zu handeln, wie dies Jesus in unserem Namen tat: er erniedrigte sich. So wird es auch uns gut tun, uns vor diesem Herrn zu erniedrigen, der jetzt kommt, um mit uns das Gedenken seines Sieges zu feiern“.

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